Günter Dönges

Butler Parker Staffel 6 – Kriminalroman


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Tee. Als original englischer Butler bevorzugte er dieses Getränk, obwohl er sich stets immer wieder mit jenem abscheulichen Gebräu auseinanderzusetzen hatte, das die Amerikaner in Verkennung ihrer Sachlage Tee nannten.

      Parker bog also von der breiten und schnurgeraden Straße ab und hielt vor einem Schnellimbiß, der ihm vertrauenswürdig vorkam. Würdevoll und gemessen stieg er aus seinem hochbeinigen Monstrum und schritt auf den Eingang zu.

      Vorn am Tresen saßen auf hohen Barstühlen Lastwagenfahrer, die sich stärkten. Sie schauten hoch in den Spiegel über dem Gläserschrank und grinsten wie auf ein geheimes Kommando. Solch einen komisch und seltsam aussehenden Mann hatten sie lange oder nie gesehen. Sie ließen ihre Stühle herumwirbeln und starrten den Butler ungeniert an.

      Genauso ungeniert wurde Parker auch von den übrigen Gästen beobachtet, die an kleinen, viereckigen Tischen saßen. Es handelte sich um nette Leute, die einen Trip nach Las Vegas unternahmen, um dort Bargeld mit tödlicher Sicherheit loszuwerden.

      „Ich erlaube mir, einen guten Tag zu wünschen“, sagte Parker mit vertraut wohlklingender Stimme, lüftete seine schwarze Melone und nahm an einem freien Tisch in der Nähe des Fensters Platz.

      Die Gäste des Schnellimbiß wußten nicht, was sie sagen sollten. Daher verzichteten sie darauf, Parkers Gruß zu beantworten. Sie grinsten sich belustigt an und widmeten sich dann wieder ihren Getränken und Abendessen.

      „Kochend heißes Wasser, wenn ich höflichst bitten darf“, sagte Parker zu dem Barkeeper, der sich herabgelassen hatte, zu ihm an den Tisch zu kommen, um sich diesen seltsamen Gast einmal aus der Nähe anzusehen. „Ein Kännchen, wie ich hinzufügen möchte …!“

      „Is’ das alles …?“ erkundigte sich der Barkeeper.

      „In der Tat“, erwiderte der Butler achtunggebietend, „ich werde Ihnen die entstandenen Unkosten selbstverständlich vergüten!“

      Parker sah bereits gelangweilt zum Fenster hinaus und schien den verdutzten Barkeeper vergessen zu haben. Anschließend befragte er seine unförmig aussehende Zwiebeluhr, die an einer soliden Nickelkette hing. Er erfuhr, daß er bis zum vereinbarten Zeitpunkt noch drei Stunden Zeit hatte.

      Als der immer noch verdutzte Barkeeper mit dem kochenden Wasser erschien, öffnete der Butler eine kleine Schachtel, die er aus einer seiner vielen unergründlichen Taschen hervorgezogen hatte und entnahm ihr einen kleinen Teebeutel.

      Beobachtet von allen Gästen, die wie fasziniert zu ihm hinüberstarrten, bereitete Parker sich seinen Tee und genoß ihn anschließend Schluck für Schluck.

      Er wußte zu diesem Zeitpunkt keineswegs, daß es bei diesem ungestörten Genuß nicht bleiben würde.

      *

      Vor dem Schnellimbiß hielt ein Lincoln, aus dem vier durstige Männer fielen.

      Sie waren unterwegs, kurz vor dem Schnellimbiß, von Parkers hochbeinigem Monstrum überholt worden und hatten alles versucht, sich an ihn zu hängen. Es war bei diesem Versuch geblieben, und sie hatten sich darüber ausgiebig geärgert.

      Jetzt sahen sie den eckigen, altertümlichen Wagen vor sich und blieben andächtig stehen. Es handelte sich um vier mittelgroße, schlanke, durchtrainierte Männer, die wie seriöse Handelsvertreter aussahen.

      Wenigstens auf den ersten Blick.

      Auf den zweiten, dritten und vierten Blick hin verwandelten sich diese Männer allerdings in handfeste Typen, denen man mit viel Nachdruck wohl einige Manieren beigebracht hatte.

      Sie kamen zu dem Schluß, daß es sich um einen mehr als komischen Schlitten handelte und waren versessen darauf, sich mit dem Fahrer zu unterhalten. Darüber vergaßen sie eindeutige Instruktionen, die man ihnen mit auf den Weg gegeben hatte. Darüber vergaßen sie einen gewissen Steven Crane, zu dem sie gehörten und der sie vorausgeschickt hatte.

      Sie gingen eilig hinüber zum Schnellimbiß und sahen sich in dem Lokal prüfend um.

      Der Barkeeper, der in jungen Jahren in einschlägigen Nachtlokalen gearbeitet hatte, wußte sofort Bescheid. Er sah nur einmal kurz hinüber und erkannte in den vier Männern harte Schläger, Profis, denen man besser aus dem Weg ging.

      „Wem gehört der komische Wagen da draußen?“ fragte Freddy, der Wortführer der vier Männer. Er sah sich dabei ironisch in der Runde um, doch in den Augen war ein gefährliches Funkeln, wie es sich für solche Typen gehört.

      Bevor Parker überhaupt antworten konnte, deutete der Barkeeper verstohlen in seine Richtung und suchte sich nach einer passenden Deckung um.

      Freddy zwinkerte seinen drei Freunden zu und stakste wichtigtuerisch auf den kleinen Fenstertisch zu, an dem der Butler saß und seinen Tee trank.

      „Gehört Ihnen der komische Schlitten da draußen?“ fragte Freddy und baute sich breitbeinig vor Parker auf.

      „Ich möchte als fast sicher annehmen, daß Sie mit mir zu sprechen wünschen“, sagte Parker gemessen. „Parker mein Name, Josuah Parker …“

      „Reden Sie keinen Quatsch! Ich will wissen, ob Ihnen die Mühle da draußen gehört?!“

      „Welche Mühle meinen Sie?“

      „Diesen eckigen, alten Schrottschlitten … Hören Sie mal, wollen Sie mich auf den Arm nehmen?“

      „Sie überschätzen Ihre Wichtigkeit“, gab der Butler zurück. „Was den dunklen Wagen allerdings angeht, den Sie ja offensichtlich meinen, möchte ich mich entschieden zu ihm bekennen!“

      Freddy brauchte ein paar Sekunden, bis er diesen Satz zerlegt und verstanden hatte. Dann pumpte er sich auf.

      „Sie haben uns geschnitten“, behauptete er gereizt, „um ein Haar wären wir im Graben gelandet.“

      „Sollte dies wirklich der Fall gewesen sein, so bitte ich in aller Form um Entschuldigung“, gab Parker höflich, aber sehr distanziert zurück. Er hatte längst herausgefunden, daß dieser Mann Streit suchte.

      „Auf Ihre Entschuldigung pfeife ich“, sagte Freddy und dämpfte seine Stimme gefährlich. Seine Augen nahmen einen lauernden Ausdruck an. Er glaubte zu wissen, wen er da vor sich hatte. Dieser komische Bursche undefinierbaren Alters bedeutete keine Gefahr. An ihm konnte er seinen drei Freunden mal richtig zeigen, wie hart er noch zuschlug.

      „Ich möchte Sie an Ihrer musikalischen Unterhaltung keineswegs hindern“, beantwortete Parker den Hinweis des Schlägers.

      „Wohl noch frech werden, wie?“

      „Dies liegt keineswegs in meiner Absicht“, stellte der Butler richtig, „haben Sie sonst noch Wünsche?“

      Statt zu antworten, wollte Freddy nach der schwarzen Krawatte des Butlers greifen und ihn daran vom Stuhl hochziehen. Bruchteile von Sekunden später brüllte er überrascht auf, was keineswegs unverständlich war.

      Parker hatte sich erlaubt, den brühheißen Teebeutel auf den Handrücken des Schlägers zu legen.

      Freddy schüttelte ihn ab und starrte auf seine schmerzende Hand.

      „Das werden Sie mir büßen“, sagte er und trat nach Parker, was an sich bereits mehr als unfein war.

      Seine drei Partner hatten sich halbkreisförmig aufgebaut und warteten darauf, daß Parker nach diesem Fußtritt erschüttert wurde. Doch es kam anders.

      Parker hatte plötzlich wie durch Zauberei seinen Universal-Regenschirm in der Hand, den er aus dem Wagen mitgenommen hatte. Wie er sich ja nur äußerst selten von ihm trennte, zumal er wußte, wie umfassend er zu gebrauchen war.

      Der bleigefüllte Bambusgriff schoß wie eine Viper vor und … legte sich wie ein Lasso um das Fußgelenk des Schlägers. Dann ein kurzer Ruck, und Freddy schlug einen halben Salto. Krachend landete er zwischen auseinanderspritzenden Stühlen.

      Der Barkeeper ging halb in Deckung. Die Lastwagenfahrer, die ebenfalls wußten, was die Glocke geschlagen hatte, setzten sich in Richtung Waschraum ab. Die