Herbert George Wells

H. G. Wells – Gesammelte Werke


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und Pfüt­zen und Was­ser­rin­nen, ähn­lich wie es bei der Koh­len­säu­re, die aus vul­ka­ni­schen Klüf­ten her­vor­strömt, der Fall sein soll. Und be­vor er das Was­ser be­rühr­te, trat ein selt­sa­mer che­mi­scher Vor­gang ein: die Ober­flä­che be­deck­te sich so­fort mit ei­nem pul­ver­ar­ti­gen Schaum, der lang­sam sank und wei­te­ren Raum schuf. Die­ser Schaum war un­be­dingt un­auf­lös­lich, und es ist eine son­der­ba­re Er­schei­nung, wenn man sie mit der au­gen­blick­li­chen Wir­kung des Ga­ses ver­gleicht, dass man das Was­ser, von dem je­ner Schaum durch Sie­be ent­fernt wur­de, ohne Scha­den trin­ken konn­te. Der Dampf ver­teil­te sich nicht, wie das bei ech­tem Gas der Fall wäre. Er hing klum­pen­wei­se zu­sam­men, er­goss sich kleb­rig über ab­schüs­si­ges Erd­reich, ließ sich zö­gernd vom Win­de trei­ben, ver­meng­te sich nur all­mäh­lich mit dem Ne­bel und der Feuch­tig­keit der Luft und fiel in der Ge­stalt von Staub zur Erde. Wir kön­nen nur schlie­ßen, dass bei die­sem Dampf ein uns un­be­kann­tes Ele­ment wirk­sam sein muss, das im Blau der Spek­tral­ana­ly­se eine Grup­pe von vier Li­ni­en her­vor­ruft. In al­lem Üb­ri­gen tap­pen wir in Be­zug auf die Art sei­ner Zu­sam­men­set­zung völ­lig im Dun­keln.

      Jetzt, da nach der De­to­na­ti­on der hef­ti­ge Schwall ver­flo­gen war, haf­te­te der schwar­ze Rauch so fest auf dem Bo­den, dass es selbst vor sei­nem Ab­flie­ßen, in ei­ner Höhe von fünf­zig Fuß, auf Dä­chern und obe­ren Stock­wer­ken ho­her Häu­ser und auf großen Bäu­men, eine Mög­lich­keit gab, sich sei­ner gif­ti­gen Wir­kung völ­lig zu ent­zie­hen; das be­währ­te sich noch in je­ner Nacht in Street Cob­ham und Dit­ton.

      Ein Mann, der an je­nem Ort dem Tode ent­rann, über­lie­fert einen merk­wür­di­gen Be­richt von die­sen Vor­gän­gen: wie er das selt­sa­me, schlan­gen­ar­ti­ge Ver­tei­len des Rau­ches be­ob­ach­tet hät­te, wie er vom Kirch­turm aus her­un­ter­geblickt und die Häu­ser des Dor­fes wie Geis­ter aus dem pech­schwar­zen Nichts sich er­he­ben ge­se­hen habe. Ei­nen Tag und einen hal­b­en blieb er oben, er­schöpft, halb ver­hun­gert und von der Son­ne ver­sengt; die Erde hob sich un­ter dem blau­en Him­mel und vor dem Bil­de der fer­nen Hü­gel wie eine schwarz­sam­te­ne wei­te Flä­che ab; all­mäh­lich tauch­ten dann die ro­ten Dä­cher, die grü­nen Bäu­me, und spä­ter schwarz um­schlei­er­te Bü­sche und Zäu­ne, Ten­nen, Hüt­ten und Mau­ern hier und dort wie­der zum Son­nen­lich­te em­por.

      Aber das ge­sch­ah nur in Street Cob­ham, wo der schwar­ze Dampf lie­gen blieb, bis er von selbst in die Erde sank. In der Re­gel rei­nig­ten die Mars­leu­te, wenn der Rauch ih­ren Ab­sich­ten ent­spro­chen hat­te, die Luft, in­dem sie in den Qualm hin­ein­wa­te­ten und einen Dampf­strahl auf ihn rich­te­ten.

      In die­ser Wei­se ver­fuh­ren sie mit den Qualm­mas­sen in un­se­rer Nähe, wie wir das von den Fens­tern ei­nes ver­las­se­nen Hau­ses in Ober-Hal­li­ford, wo­hin wir zu­rück­ge­kehrt wa­ren, be­ob­ach­ten konn­ten. Von dort konn­ten wir auch die Schein­wer­fer auf den Hü­geln von Rich­mond und King­ston hin- und her­leuch­ten se­hen. Um elf Uhr flirr­ten un­se­re Fens­ter, und wir hör­ten den Don­ner der rie­si­gen Be­la­ge­rungs­ge­schüt­ze, die dort auf­ge­pflanzt wor­den wa­ren. In be­stimm­ten Zwi­schen­räu­men dau­er­te das Feu­ern un­ge­fähr eine Vier­tel­stun­de lang. Das konn­te nur ein Ab­feu­ern zu­fäl­li­ger Schüs­se auf die un­sicht­ba­ren Mars­leu­te in Hamp­ton und Dit­ton be­deu­ten. Dann ver­schwan­den die blei­chen Strah­len des elek­tri­schen Lich­tes, um ei­nem glü­hen­d­ro­ten Schein zu wei­chen.

      Da­mals ging der vier­te Zy­lin­der nie­der — ein glän­zen­der, grü­ner Me­te­or — in Bus­hey Park, wie ich spä­ter er­fuhr. Ehe noch die Ge­schüt­ze auf der Hü­gel­ket­te von Rich­mond und King­ston ihr Feu­er er­öff­ne­ten, fand fern im Süd­wes­ten noch eine un­re­gel­mä­ßi­ge Ka­no­na­de statt, die, wie ich ver­mu­te, den ins Blaue hin­ein ab­ge­feu­er­ten Schüs­sen der dort auf­ge­pflanz­ten Ge­schüt­ze zu­zu­schrei­ben ist; sie wur­den noch ab­ge­ge­ben, be­vor der schwar­ze Dampf die Be­die­nungs­mann­schaft über­wäl­tig­te.

      So, nach ei­nem wohl­er­wo­ge­nen Plan vor­ge­hend, wie Men­schen etwa ein We­s­pen­nest aus­räu­chern, ver­sen­de­ten die Mars­leu­te die­sen selt­sa­men er­sti­cken­den Qualm über das Land in der Rich­tung nach Lon­don zu. Die En­den der halb­mond­ar­ti­gen Li­nie er­wei­ter­ten sich lang­sam, bis sie end­lich das Land von Han­well bis Coom­be und Mal­den um­klam­mer­ten. Die gan­ze Nacht hin­durch rück­ten die Mars­leu­te mit ih­ren ver­nich­ten­den Roh­ren vor. Nicht ein ein­zi­ges Mal, nach­dem der Mars­mann am St.-Ge­or­g’s-Hü­gel zu Fall ge­bracht wor­den war, ga­ben sie der Ar­til­le­rie auch nur den Schat­ten ei­ner Ge­le­gen­heit zu wirk­sa­mem An­griff. Wo im­mer eine Mög­lich­keit vor­han­den war, dass, ih­nen un­sicht­bar, Ge­schüt­ze auf­ge­stellt sein konn­ten, wur­de eine fri­sche Büch­se je­nes schwar­zen Qual­mes ab­ge­feu­ert; und wo die Ge­schüt­ze un­ge­deckt da­stan­den, wur­de der Hit­ze­strahl in An­wen­dung ge­bracht.

      Um Mit­ter­nacht war­fen die glü­hen­den Bäu­me an den Ab­hän­gen des Rich­mon­der Par­kes und der Feu­er­schein auf dem Hü­gel von King­ston ihr Licht auf ein Netz­werk schwar­zen Rau­ches, der das gan­ze Them­se­tal ein­hüll­te und ver­schwin­den ließ, und sich, so­weit das Auge reich­te, er­streck­te. Und durch al­les dies hin­durch wa­te­ten lang­sam zwei Mars­leu­te, die ihre zi­schen­den Dampf­strah­len hier­hin und dort­hin ver­sen­de­ten.

      Die Mars­leu­te wen­de­ten in die­ser Nacht den Hit­ze­strahl nur sehr sel­ten an, sei es, dass sie nur einen be­schränk­ten Vor­rat an den Stof­fen be­sa­ßen, mit de­nen sie ihn her­stell­ten, sei es, dass es nicht in ih­rer Ab­sicht lag, das Land zu ver­wüs­ten, son­dern nur den Wi­der­stand, den sie ge­fun­den hat­ten, zu bre­chen oder ein­zu­schüch­tern. Da­rin er­reich­ten sie ohne Zwei­fel ihr Ziel. Sonn­tag nachts fand der or­ga­ni­sier­te Wi­der­stand ge­gen ihre Be­we­gung sein Ende. Von da an konn­te kei­ne wie im­mer ge­ar­te­te Ve­rei­ni­gung von Men­schen ih­nen stand­hal­ten, so hoff­nungs­los war das Un­ter­neh­men ge­schei­tert. Selbst die Mann­schaft der Tor­pe­do­boo­te und der Tor­pe­do­zer­stö­rer, die ihre Schnell­feu­er­ge­schüt­ze die Them­se her­auf­ge­bracht hat­te, wei­ger­te sich, zu blei­ben, meu­ter­te und kehr­te wie­der um. Das ein­zi­ge An­griffs­un­ter­neh­men, an das sich die Leu­te nach je­ner Nacht noch her­an­wag­ten, war die An­la­ge von Mi­nen und Fall­gru­ben; aber selbst die­se Ar­bei­ten er­folg­ten un­ter ei­nem teils un­sin­ni­gen, teils krampf­haft über­has­te­ten Auf­wand von Kräf­ten.

      Man muss sich nur das Schick­sal je­ner Bat­te­ri­en ge­gen Es­her zu vor­stel­len, die in fast über­mensch­li­cher, ge­spann­ter Er­war­tung im Zwie­licht der Er­eig­nis­se harr­ten. Über­le­ben­de gab es nicht. Man kann sich von al­lem nur ein Bild ma­chen: al­les in bes­ter Ord­nung und vol­ler Er­war­tung, die Of­fi­zie­re eif­rig und wach­sam, die Mann­schaft be­reit, der Schieß­vor­rat auf­ge­häuft zur Hand, die Ka­no­nen bei ih­ren Pfer­den und Wa­gen, die Men­ge bür­ger­li­cher Zuschau­er so nahe, wie es ih­nen ge­stat­tet wur­de, die mil­de Ruhe des Abends; die Am­bu­lan­zen und die Feld­zel­te mit den Ver­brann­ten und Ver­wun­de­ten von Wey­bridge; dann plötz­lich der dump­fe Wi­der­hall der Schüs­se, wel­che die Mars­leu­te ab­feu­er­ten, und die un­för­mi­gen Ge­schos­se, die über Bäu­me und Häu­ser saus­ten und auf den be­nach­bar­ten Fel­dern zer­schell­ten.

      Man mag sich fer­ner aus­ma­len, wie die