John W. Vance

AUSROTTUNG (The Death 2)


Скачать книгу

half ihr dabei, sich durch die enge Öffnung zu zwängen, und trug sie anschließend in das hintere Schlafzimmer, wo er sie auf das Bett legte.

      »Entschuldige, du musstest sehr lange da drin bleiben, aber ich wusste einfach nicht, ob sie wirklich alle verschwunden waren, als ich ihre Autos wegfahren hörte.«

      »Schon gut. Mir war schon klar, dass du sicher sein wolltest.«

      Er brachte ihr eine Flasche Wasser, und während sie sich ausruhte, ließen sie die Geschehnisse des Abends Revue passieren, nicht zu vergessen die Tatsache, dass die Unbekannten am Morgen zurückkehren wollten.

      »Was tun wir jetzt am besten?«, fragte Lori.

      »Wir haben zwei Optionen: Entweder bleiben wir und stellen uns – sie könnten ja tatsächlich harmlos sein – oder wir fliehen, bloß wüsste ich nicht wohin.«

      »Warum haben sie sich nicht die Mühe gemacht, uns zu suchen?«

      »Weil sie nicht dumm sind. Sie haben geahnt, dass wir auf sie warten würden. Solange ich es nicht müsste, würde ich auch nicht nach jemandem suchen.«

      »Wie können wir uns denn fünf Männer vom Leib halten? Was, wenn sie noch mehr Leute mitbringen?«

      »Mag sein, dass sie auch überhaupt nicht wiederkommen«, stellte Travis in Aussicht. »Möglicherweise war es nur eine leere Drohung, und sie lassen sich nie mehr blicken, weil sie selbst um ihr Leben fürchten. Wir haben in dieser Hinsicht tatsächlich einen Vorteil.«

      »Ich finde, wir sollten abhauen.«

      Travis setzte sich auf die Bettkante und sah Lori an; ein Teelicht beleuchtete ihr Gesicht und ließ ihre Augen schimmern. In diesem Moment kam er sich schwach vor und wollte sie am liebsten küssen. Er widerstand dem Drang zwar, fragte sich aber, wieso ihn diese Empfindung plötzlich überkam. Lag es daran, dass sie so schutzbedürftig war? Oder fühlte er sich wirklich zu ihr hingezogen? Aber was war mit Tess? Unvermittelt stand er auf und sagte: »Reden wir morgen darüber. Schlaf jetzt ein wenig.« Dann ging er hinaus.

      Lori fühlte sich von seinem abrupten Aufbruch vor den Kopf gestoßen, und während sie dalag, überlegte sie, was er wohl plötzlich hatte. Da sie zu aufgedreht und ängstlich zum Einschlafen war, stand sie auf und suchte Travis. Als sie ins Wohnzimmer kam, saß er in einem breiten Sessel im Mondlicht.

      »Ist alles in Ordnung bei dir?«, fragte sie.

      »Ja, absolut. Ich dachte nur, du bräuchtest vielleicht ein bisschen Ruhe.«

      »Sicher?«

      »Ja, mit mir ist nichts«, behauptete er und wechselte prompt das Thema: »Ich habe den schweren Bauernschrank vor die Haustür geschoben. Außerdem werde ich hier schlafen, einfach sicherheitshalber.«

      Sie legte eine Hand auf seine Schulter und erwiderte: »Ich wiederhole mich zwar, aber ich finde, dass ich mich gar nicht oft genug bei dir bedanken kann. Du hast mir das Leben gerettet und tust es immer wieder. Ich weiß nicht, was wir ohne dich tun würden.«

      »Keine Ursache.«

      »Wie kann ich mich je dafür erkenntlich zeigen?«

      »Dazu besteht kein Anlass. Du musst jetzt unbedingt ein bisschen schlafen.«

      »Travis, ich bin kein Kind mehr und weiß, wann ich Ruhe brauche.«

      »Das habe ich mir schon fast gedacht.«

      »Ist Denken denn keine schwierige Aufgabe für Marines?«

      Sie grinste, doch er ließ sich nicht darauf ein. »Ich finde, wir sollten morgen früh verschwinden. Wir nehmen den alten Minivan hinter dem Haus und verziehen uns.«

      Sie setzte sich auf den Couchtisch und starrte Travis an.

      »Findest du den Plan gut?«, hakte er nach.

      »Ja, ich würde sagen, wir brechen unsere Zelte hier ab und machen uns gemeinsam auf die Suche nach deinem Freund. Und danach finden wir Tess.«

      Er beugte sich nach vorne und seufzte. »Wenn ich aber sage, dass wir verschwinden, fällt mir ein, dass es unterwegs gefährlicher sein könnte als hier. Ich bringe mich selbst durcheinander.«

      »Das brauchst du nicht. Wir brechen morgen früh auf – packen zusammen, so viel wir können, und hauen ab.«

      Er schaute sie wieder an. »Dann steht der Plan also fest?«, fragte er. »Wir verlassen diesen Ort und fahren in Richtung Rapid City?«

      Sie legte ihre Hand erneut auf seinen Oberarm und sagte mit sanfter Stimme: »Wir sitzen beide im selben Boot. Lass uns Verbindung zu deinem Freund aufnehmen, den Impfstoff besorgen und anschließend deine Verlobte suchen.«

      »Und was wird aus David und Eric?«

      »Ich muss einfach fest daran glauben und hoffen, dass der Kanzler sie nicht umbringt«, antwortete sie ohne Zögern. »Und wenn der richtige Zeitpunkt kommt, werde ich versuchen, sie zu befreien.«

      »Was tust du, falls er sie schon getötet hat?«, fragte Travis.

      »Dann kann ich mir das sparen. Mein Baby und ich werden an irgendeinem sicheren Ort unterkommen und weiterleben.«

      »Das ist alles?«

      Während sie Travis ernst anschaute, versicherte sie: »Glaub mir, falls er sie umgebracht hat und ich die Chance erhalte, ihm ihren Tod mit gleicher Münze heimzuzahlen, werde ich das tun!«

      Internationaler Flughafen von Denver

      Horton hielt sich das Telefon mit einigem Abstand ans Ohr – nicht weil es zu laut war, sondern weil er kein weiteres Wort mehr von dem hören wollte, was der Anrufer von sich gab. Er war es leid, sich sagen zu lassen, was er tun sollte, was er anders angehen müsste oder falsch gemacht hatte. Als er Jahre zuvor zum Kanzler gewählt worden war, hatte er sich mehr Entscheidungsgewalt erhofft. Nie hätte er geglaubt, dass der Rat die gesamte Operation mit detaillierten Vorgaben leiten würde. Am meisten aber ärgerte er sich darüber, Lori verloren zu haben. Nicht, weil er keine andere Lebensgefährtin hätte finden können, es lag eher daran, dass er nicht in der Lage gewesen war, sie aufzuhalten – ein extrem peinlicher Fauxpas, der ihn fast seinen Stellung gekostet hatte. Da die paar Geheimnisse, die sie kannte, mittlerweile nutzlos waren, bestand keine Eile, sie zu finden. Der Plan zur Säuberung war im vollen Gange – die Katze im Wesentlichen aus dem Sack gelassen. Lori zu schnappen, zählte nicht zu den Operationszielen, sondern hatte eine persönliche Bewandtnis.

      In den Wochen nach ihrer Flucht war er damit fortgefahren, die sogenannte Säuberung durchzuführen. Es ging voran, doch eine zweistellige Millionenzahl von Menschen erschießen zu lassen, dauerte eben seine Zeit. Ihm schwebte eine selektive Tötung vor. Er wollte die Besten und Gescheitesten verschonen – diejenigen mit verwertbaren Fertigkeiten. Außerdem war er entschlossen, sich Zeit zu nehmen, um sicherzugehen, dass alle Lagerbewohner vorher DNS-Proben abgaben. Wer die Tests bestand, durfte am Leben bleiben. Sein System funktionierte auf eine schlichte Art und Weise: Es gab eine Elite, der auch Horton angehörte, die Kriegerklasse, die Auserwählten und die Arbeiterklasse. War die DNS von jemandem unbrauchbar oder die Person selbst wertlos, wurde sie als Belastung betrachtet und beseitigt. Leider erschwerte sein Auswahlverfahren die Säuberung in Nordamerika ein wenig, und dies passte dem Rat nicht, daher dieser Anruf.

      Er schaute sich in seinem edel eingerichteten Büro um, während die Stimme in der Leitung weiter auf ihn einredete. Horton verehrte und bewunderte die Kunstwerke, die er gesammelt hatte, nicht nur die Gemälde, sondern auch die Skulpturen. Eine Machtposition innezuhalten, ermöglichte ihm einen gewissen Luxus und gab ihm Privilegien, wozu auch das Anhäufen von Kunstwerken aus der früheren Welt gehörte. Er ließ die alten Museen von seinen Angestellten durchforsten, um eine Kollektion zusammenzustellen, die ihresgleichen suchte.

      Sein Gesprächspartner wurde langsam lauter, was Horton unangenehm war und ihn unsanft in die Realität zurückholte.

      »Ja, ich bin noch am Apparat«, sagte er betont ruhig in die Sprechmuschel. »Sicher verstehe ich das. Sofort, danke und auf Wiederhören.« Er schaute