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Apache Cochise Staffel 1 – Western


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warnte Cochise. »Riskiere nichts, was du nicht verantworten kannst.«

      Ein weiterer Krieger betrat den Jacale. Er war kleiner als der Häuptling, aber breitschultriger und stämmiger. John erkannte ihn. Er war der Indianer, den er zu Boden geworfen hatte.

      Cochise deutete auf ihn.

      »Das ist Wakashi, ein Unterhäuptling der Mimbrenjos. Du hast ihn vor seinen Kriegern lächerlich gemacht, weißer Mann, und das ist nur mit Blut abzuwaschen. Du wirst mit ihm kämpfen!«

      John rührte sich nicht. Er suchte nach einer körperlichen Schwäche bei der Rothaut, fand aber keine. Einhundertachtzig Pfund Muskeln und Sehnen, kein Gramm Fett unter der

      braunen Haut, dafür Hinterlist, Tücke und Haß in den glimmenden Teufels-augen.

      »Ich werde dich töten, Bleichgesicht«, stieß Wakashi grimmig hervor.

      John schien so in seine Gedanken versunken zu sein, daß man hätte denken können, er wäre allein in der Zweighütte und es gäbe keine Solovorstellung für einen erbarmungslosen Häuptling und ein halbes Dutzend der blutgierigsten Krieger im ganzen Südwesten.

      »Du gibst keine Antwort«, zischelte der Mimbrenjo haßerfüllt. »Ist dir das Herz in die Hosen gerutscht, Bleichgesicht?«

      Bill Harwig schob sich ein Stück näher heran. Er wußte nicht, was in diesen Sekunden in John Haggerty vorging, aber er war gewappnet, zu allem bereit. Waffen hatten sie nicht, dafür verfügten die beiden Rothäute über ein ganzes Arsenal.

      John reagierte nicht auf das gehässige Gezischel des Indianers. Er sah Cochise an, als wartete er auf eine Entgegnung des Häuptlings. Achselzuckend wandte er sich an den Mimbrenjo:

      »Ich bin einverstanden. Wann? Mit welchen Waffen und zu welchen Bedingungen?«

      Cochise antwortete statt des Unterhäuptlings. Er sagte:

      »Gekämpft wird um die Mittagszeit, wenn die Sonne am höchsten steht. Niemand soll einen Vorteil haben. So ist es bei uns Sitte und Brauch«, fügte er hinzu, beeindruckt von der Gelassenheit des Weißen.

      »Zastee!« krächzte Wakashi, diesmal schon ungeduldiger.

      Cochise beachtete ihn nicht. »Gekämpft wird mit Messer, Beil, Lanze und Schleuder. Jeder nimmt die Waffe, die er am besten beherrscht… Eine Waffe.«

      Draußen schallte Geschrei durch das Tal. Frauen kreischten, riefen Cochises Namen. Er neigte den Kopf, als lauschte er einer inneren Stimme. Spontan drehte er sich um und verließ die Buschhütte. Wakashi folgte.

      »Warum schreien die Weiber so laut?« wollte Bill wissen.

      »Bleib vom Eingang weg«, gab John Haggerty zurück. »Möglicherweise ist tatsächlich etwas passiert.«

      Klagerufe, jammernde Schreie vieler Squaws, zitterten durch die indianische Siedlung. Männer versorgten sich lauthals mit Informationen.

      Unerwartet schnell öffnete sich der Eingang wieder. Cochise stand in der Öffnung. Die strenge indianische Fassung war von ihm abgefallen. Er fixierte John Haggerty.

      »Bist du ein Medizinmann bei den Weißen?«

      »Nein. Ist jemand erkrankt?«

      »Tlaina wurde von der Peitschenspinne gestochen.«

      »Wer ist Tlaina?«

      »Meine Schwester. Rette sie!«

      John stutzte. Ein Skorpion hier oben in der kalten Bergwildnis? Etwas stimmte nicht.

      »Komm!« sagte er nur und verließ das Wickiup. Cochise übernahm die Führung und steuerte den großen Häuptling-Jacale an. Niemand hinderte Bill, ihnen zu folgen. Die Behausung wurde von Fackeln und einem hell brennenden Feuer erleuchtet. Auf einem Lager kauerte ein junges Mädchen und hielt mit der Linken das rechte Handgelenk umklammert. Rauch stieg zwischen den Flammen auf und drang durch eine Deckenöffnung ins Freie.

      John schnüffelte wie ein Jagdhund. Ein strenger Essiggestank wehte durch den Jacale. Er wußte, was der Geruch zu bedeuten hatte. Sie hatten den Skorpion zertreten und einfach liegengelassen, weil sie dem Mädchen helfen wollten.

      Mehr als zehn anwesende Frauen wichen vor dem Scout zurück. Sie bedeckten ihre Gesichter mit den Händen, stießen leise, wimmernde Töne aus und wiegten ihre Oberkörper. John wunderte es, daß kein Medizinmann zugegen war. Die Schamanen waren sonst erpicht darauf, sich bei solchen Gelegenheiten zu produzieren.

      John nahm die schmale braune Hand zwischen seine starken Finger und betrachtete sie. Vom Gelenk an war sie rot und geschwollen. Die Einstichstelle sah seltsam weiß und gelb aus, wie tätowiert. Haggerty sah hoch. Ängstliche Blicke streiften ihn.

      Dunkle Augen, sanft und vertrauensselig in ihrer Jugend. Sie konnte höchstens zwanzig sein, war schlank, nicht größer als einssechzig, und sie trug das schwarze Haar lang bis auf die runden Schultern.

      Ihr graziler Körper steckte in gebleichtem Wildleder. An den Füßen trug sie perlenverzierte Mokassins.

      John ließ die Hand sinken und wandte sich hastig an Cochise. »Ich brauche dein Messer. Glüh es im Feuer aus!«

      Der Häuptling verstand und handelte ohne Umschweife.

      Er hielt die scharfe Klinge über die Flammen und wischte sie schließlich an seinem Jagd­rock ab, den er wegen der Morgenkühle über das Hemd gezogen hatte. John nahm das Messer aus seiner Hand und setzte die Spitze an.

      Bevor er schnitt, warf er einen beruhigenden Blick auf das schöne Gesicht des Apachenmädchens. Rehbraune Augen musterten ihn stumm, vielleicht fragend, aber ohne Angst.

      »Bill, halt ihre Hand fest – ganz fest, am Gelenk. Ja, so ist’s gut. Jetzt!«

      Johns Stimme klang heiser und erregt. Er machte einen Kreuzschnitt, drang tiefer mit der Messerspitze ein. Das Blut kam in dicken Tropfen und floß in der Hand zusammen. Er hob die Hand an seinen Mund und saugte das Gift aus der tiefen Wunde.

      »Pressen, Bill, pressen!« keuchte er und saugte wieder, als hinge sein eigenes Leben davon ab. Hin und wieder spuckte er Blut und Gift zur Seite, während Bill das Handgelenk zu den Fingern hin massierte.

      Cochise und die Weiber standen still dabei. Selbst Wakashi machte ein Gesicht, als wäre es ihm beim Anblick des leidenden Mädchens übel geworden. John spuckte Blut aus und saugte wieder und immer wieder, bis das Fleisch schon fast weiß wirkte.

      Dann stand er abrupt auf und sah Bill Harwig an.

      »Gib mir deinen Tabak.« Er schob sich eine dicke Prise in den Mund und kaute den bitteren Tabak. Dann packte er wieder die willenlose Hand, zog die Wundränder auseinander, spuckte die Tabakbrühe hinein und preßte die Wunde wieder zusammen, bis Blut und Tabaksaft durch die braunen Finger tropften.

      Schließlich erhob er sich von den Knien und drehte sich zu dem Chiricahua um.

      »Meine Satteltaschen! Cochise, schnell, schnell!«

      Der Häuptling gab Befehle. Jemand verließ den Jacale und kam nach kurzer Zeit schon wieder zurück. John warf die Taschen auf die Erde, wühlte in ihren Fächern. Er zog ein Leinentuch heraus und zerriß es in Streifen.

      Mit flinken Bewegungen verband er die Hand. Tlaina sah ihn dabei forschend an. Ihre großen, sanften Augen blickten wie abwesend auf den Weißen vor ihr, in sein schweißnasses Gesicht, auf das verklebte braune Haar, das sich in weichen Wellen an seinen Kopf schmiegte.

      Und in diesen sonst so unergründlichen indianischen Augen erkannte er ein so starkes Mitleid und eine so bedingungslose Liebe, wie er es nie in seinem Leben bei einer anderen Frau erlebt hatte. Ein Mitleid, das sie für sich selbst und nicht für den fremden weißen Mann hätte empfinden müssen.

      John Haggerty wußte, woran sie dachte und was sie empfand. Es war nicht nur Dankbarkeit.

      *

      In Santa Magdalena ging es wieder einmal hoch her. Im ›Gouadeloupe‹ blieb es in dieser Nacht zwar ruhig,