Sigrid-Maria Größing

Tu felix Austria


Скачать книгу

starken Hausmacht im Rücken das Ruder an sich reißen konnte.

      Ludwig IV., der um die Jahreswende 1281/1282 das Licht der Welt in München erblickt hatte, war als zweitgeborener Sohn Herzog Ludwigs des Strengen zunächst keineswegs ein Anwärter auf die deutsche Königskrone. Nachdem der Vater überraschend früh gestorben war, gab die Mutter Mathilde den zwölfjährigen Knaben für einige Jahre zu ihren habsburgischen Verwandten nach Wien, wo er im Kreise seiner Vettern und Basen nicht nur mehrere Sprachen lernte, sondern sich auch auf ein politisches Amt vorbereiten konnte. Denn die Mutter und König Albrecht I. verfolgten die Absicht, Ludwig neben seinem Bruder Rudolf als Mitregent im Herzogtum Oberbayern einzusetzen, ein Plan, dessen Verwirklichung zu langwierigen Streitigkeiten zwischen den Brüdern führte. Und obwohl Ludwig mit der habsburgischen Familie zunächst auf gutem Fuße stand, ergaben sich schon sehr bald auch mit ihr ernste Schwierigkeiten, als er genauso wie sein Cousin Friedrich die Hand nach der deutschen Königskrone ausstreckte.

      Da sich die deutschen Kurfürsten nicht entscheiden konnten, wer in Hinkunft im Reich herrschen sollte, kam es im Jahre 1314 zur Doppelwahl und zur Krönung sowohl Ludwigs als auch Friedrichs, wobei der eine am falschen Ort und der andere von der falschen Person gekrönt wurde. Jahrelange Zwistigkeiten waren die Folge, die in der Schlacht bei Mühldorf 1322 für Friedrich unglücklich endeten. Da aber Ludwig wenigstens innerhalb der Familie Frieden haben wollte, bot er nach Jahren dem Unterlegenen die Mitregentschaft an.

      Ludwig konnte aber trotz dieses Ausgleichs keineswegs beruhigt in die Zukunft sehen, er war ein Leben lang von Feinden umgeben. Natürlich hatte er sich als machtbewusster Mensch große Ziele gesetzt und dabei klar erkannt, dass es für ihn unumgänglich notwendig war, seine Hausmacht zu erweitern. Nachdem er von seinem Bruder Rudolf dessen bayerische Gebiete übernommen hatte und ihm auch Niederbayern zugefallen war, herrschte er nicht nur über Bayern, sondern auch über die Pfalz. Auch seine erste Ehe schien, was die Mitgift seiner Gemahlin Beatrix, der Tochter des Herzogs von Schlesien-Glogau betraf, erfolgsversprechend, allerdings starb seine Gattin schon früh. Erst durch seine zweite Ehefrau Prinzessin Margarethe von Holland, die Tochter des Grafen Wilhelm III. von Holland, Hennegau und Seeland, erwarb er für seine Nachkommen einen gewissen Anspruch auf diese Gebiete.

      In geschickter Weise nützte er alle Möglichkeiten, seine Machtposition zu stärken. Als 1320 die Askanier in der Mark Brandenburg ausstarben, belehnte er seinen erst achtjährigen Sohn Ludwig mit diesem Gebiet, wodurch er den Wittelsbachern eine Kurstimme sichern konnte. Dass dieser Sohn einmal die »Noch-Ehefrau« des Luxemburgers Johann Heinrich von Böhmen, die Erbin von Tirol, Margarete Maultasch, heiraten würde, stand damals noch in den Sternen. Tirol schien den Wittelsbachern durch diesen klugen Schachzug im Jahre 1342 sicher. Was Ludwig der Bayer nicht ahnen konnte, war die Tatsache, dass der Tod den Wittelsbachern einen dicken Strich durch die Rechnung machen würde. Als vom Schicksal gezeichnete Witwe vermachte Margarete ihr Land Tirol 1363 den Habsburgern.

      Die großen Probleme, die Ludwig ein Leben lang zu meistern hatte, waren nicht nur im Reich zu suchen. Er hatte sich unvorsichtigerweise mit dem Papst angelegt, wobei es sich schon bald abzeichnete, dass hier ein gewaltiger Kampf um die vorrangige Machtstellung zwischen Kaiser und Papst in Europa zu erwarten war. Der über 70-jährige kompromisslose, herrschsüchtige Johannes XXII. hatte sich geweigert, einen der beiden gewählten deutschen Könige anzuerkennen. Er sah sich selber als Reichsvikar, vor allem in Italien. Der Papst, der in Avignon residierte, stand ganz unter dem Einfluss des französischen Königs, als die Auseinandersetzung begann und die Franzosen hatten nach wie vor allergrößtes Interesse an Italien. Johannes XXII. warf Ludwig den Fehdehandschuh hin, indem er eine Anklage gegen ihn wegen Ketzerbegünstigung an die Domtür von Avignon anschlagen ließ, da Ludwig gegen den Willen der Kirche Partei in einem Ordensstreit ergriffen hatte. Wer allerdings von der Aktion des Papstes nicht verständigt wurde, war der deutsche König! Was der alte Mann auf dem Stuhle Petri freilich nicht geahnt hatte, war, dass Ludwig weder Tod noch Teufel und schon am allerwenigsten den Papst fürchtete. Er nahm den Kampf gegen Johannes auf, nachdem ihm verschiedene italienische Stadtstaaten signalisiert hatten, dass sie ihn unterstützen wollten.

      Am 8. Oktober 1323 eröffnete Johannes XXII. den kanonischen Prozess gegen Ludwig den Bayern. Der König wurde angeklagt, seinen Titel ohne päpstliche Approbation zu führen, und wurde aufgefordert, vor einem päpstlichen Gericht in Avignon zu erscheinen. Außerdem sollte er unverzüglich die Krone zurücklegen! Die Antwort Ludwigs war, dass er in der so genannten Nürnberger Appelation gegen das Vorgehen des Papstes Berufung einlegte, was natürlich von Johannes XXII., genauso wie die weiteren Schritte, die Ludwig unternahm, vehement abgelehnt wurde. Im Gegenteil: Johannes XXII. verhängte am 23. März 1324 den Kirchenbann über Ludwig, eine Kirchenstrafe, die in früheren Zeiten katastrophal gewirkt hatte, da mit ihr die Exkommunikation verbunden war. Nicht nur er war von den Sakramenten ausgeschlossen, auch alle, die auf seiner Seite standen, wurden mit dieser schrecklichen Strafe belegt. Aber der Papst hatte in seinem Hass auf den deutschen König nicht bedacht, dass die Wirkung des Banns längst abgeschwächt, wenn nicht überholt war. Jetzt zeigte es sich, dass einzig und allein die Macht der Person zählte, sodass Ludwig den nächsten Schritt setzen konnte: Er klagte den Papst der Ketzerei an, worauf der Papst nochmals mit dem Bann und dem Interdikt antwortete, wodurch der deutsche König gleichsam für vogelfrei erklärt wurde. Jedermann hätte ihn ungestraft umbringen können. Nichtsdestotrotz brach Ludwig nach Rom auf und wurde schon in Mailand mit der eisernen Krone der Langobarden gekrönt, bevor er und seine Gemahlin in Rom von einem Vertreter der Stadt, der sich Volkskapitän nannte, von Sciarra Colonna und drei Bischöfen am 17. Januar 1328 in der Peterskirche zum Kaiser gekrönt wurde.

      Aber der Konflikt mit Johannes war noch lange nicht zu Ende. Der Papst schickte noch einmal eine Bannbulle nach Rom, setzte Ludwig als König und Kaiser ab, nachdem er ihn entrechtet und enteignet hatte. In dieser Situation verkündete der neue Kaiser offiziell in der Peterskirche die Absetzung des Papstes, weil er Rom hartnäckig ferngeblieben wäre, Rebellion und Krieg unter die Menschen brächte und Verfechter von Irrlehren wäre. Außerdem verurteilte der Kaiser Johannes XXII. zum Tode, während das römische Volk als neuen Papst Nikolaus V. akklamierte, der Ludwig noch einmal die Kaiserkrone aufsetzte.

      Ludwig, den Johannes abfällig »der Bayer« genannt hatte, unternahm mehrmals Versuche, den Papst dazu zu bewegen, den Bann von ihm zu nehmen – auch Benedikt XII., der Nachfolger beider Päpste, weigerte sich hartnäckig, den Kaiser wieder in den Schoß der Kirche aufzunehmen. Er starb als Gebannter am 11. Oktober 1347 auf einer Bärenjagd. Obwohl die Kirchengesetze im Allgemeinen unerbittlich waren, wurde der gebannte Kaiser in der Frauenkirche in München beigesetzt. Erst im Jahre 1625 wurde auf Veranlassung von Kurfürst Maximilian die Kirchenstrafe postum aufgehoben, sodass Ludwig der Bayer in Frieden ruhen kann.

       Der Glaube kann nicht nur Berge versetzen

      Es war eine Liebesheirat gewesen, durch die die beiden Königreiche Kastilien und Aragon vereint wurden. Zu einem einheitlichen Spanien fehlte nur noch das Kalifat von Granada, das die katholischen Könige Isabella und Ferdinand in langwierigen Kämpfen im Jahre 1492 eroberten.

      Isabella war die starke Frau in dieser Verbindung, sie bestimmte zunächst die Politik, während sich ihr Gemahl mehr mit finanziellen Angelegenheiten beschäftigte. Sie wäre dank ihrer politischen Ideen und Ambitionen bestimmt als eine große Königin und Landesmutter in die Geschichte eingegangen, hätte sie nicht Einflüsterer gehabt, deren unselige Vorstellungen bei ihr auf fruchtbaren Boden fielen. Die Königin war von frühester Jugend an in streng katholischem Glauben erzogen worden und betrachtete alle, die einer anderen Religion angehörten, als verirrte Kreaturen, die man mit allen Mitteln in den Genuss der Gnade bringen musste, welche die katholische Kirche ihren Schäflein verhieß. Vielleicht wäre die Bekehrung jener Andersgläubigen, die allenthalben auch auf der iberischen Halbinsel lebten, im Laufe der Zeit und ganz allmählich vor sich gegangen, hätten nicht kompromisslose Asketen wie der Beichtvater Isabellas, Cisneros, mit ihrem fanatischen Glaubenseifer überall im Land die Flammen der Unduldsamkeit auflodern lassen. Düstere Schatten warfen die brennenden Scheiterhaufen auf Isabella, und sie verdunkeln ihr Ansehen bis heute.

      Im September 1480 unterzeichneten Isabella und Ferdinand in Sevilla eine Urkunde,