Sigrid-Maria Größing

Tu felix Austria


Скачать книгу

ziemlich groß, die Zähne strahlend weiß, ihr Hals schlank und schön, ihr Busen bewunderungswürdig geformt. Immer ist sie fröhlich und lächelt.«

      Nach der Hochzeit folgte nicht, wie damals üblich, der Vollzug der Ehe in der Hochzeitsnacht, sondern der Vater hielt es für opportun, den jungen Ehemann sofort wieder wegzuschicken, er sollte auf die Jugend seiner Braut Rücksicht nehmen. Erst als in Rom eine Epidemie ausbrach, wurde es Lucrezia gestattet, zu ihrem Gemahl nach Pesaro zu reisen, wo die anmutige junge Frau von der Bevölkerung begeistert aufgenommen wurde.

      Lucrezia hielt es aber nicht lange in der Stadt auf dem Lande, Rom, das war für sie der Ort, wo man nicht nur ihre Schönheit begeistert feierte, hier war sie der Mittelpunkt der Gesellschaft und manchmal sogar die Vertreterin des Papstes. Deshalb war sie auch keineswegs traurig, als ihr der päpstliche Vater mitteilte, dass er die Absicht hätte, ihre Ehe mit Giovanni Sforza zu annullieren. Und da eine legale Scheidung nicht möglich war, kam als einziger Nichtigkeitsgrund die Impotenz des Ehemannes in Frage. Der so brüskierte Sforza holte sich bei seinen Freunden in Mantua Rat, was er gegen dieses Ansinnen des Schwiegervaters unternehmen könnte, und er erhielt den wohl nicht ernst gemeinten Rat, seine Manneskraft in aller Öffentlichkeit zur Schau zu stellen. Mit sicherem Gespür verstand Sforza freilich die unterschwellige Gefahr, die ihm drohte, sollte er sich gegen die Absichten des Papstes stellen. Er räumte das Feld, allerdings nicht ohne Rache. Denn er streute wahrscheinlich die Gerüchte aus, Lucrezia unterhielte mit ihrem Bruder und auch dem Vater inzestuöse Beziehungen, wobei es genügend Menschen gab, die diese Böswilligkeiten verbreiteten.

      Papst Alexender VI. hatte schon längst einen Nachfolger für den abgeschobenen Schwiegersohn im Auge: Alfonso d’Aragona, Herzog von Bisceglie und ein natürlicher Sohn des Königs von Neapel. Lucrezia verliebte sich vom ersten Tag an in den feschen, charmanten und liebenswürdigen Alfonso, mit dem sie glücklich zu werden hoffte. Aber die Politik machte einen Strich durch alle Pläne, denn die stets wechselnden Bündnisse, in die der Papst verstrickt war, führten dazu, dass der Schwiegervater plötzlich auf der anderen Seite der Verbündeten stand. Opposition in der Familie war absolut unerwünscht! Alfonso musste möglichst rasch aus dem Wege geräumt werden, obwohl Lucrezia nur wenige Monate vorher einem Sohn das Leben geschenkt hatte und es sowohl dem Vater als auch dem Bruder Cesare bekannt war, wie sehr sie ihren Mann liebte. Eines Nachts wurde Alfonso heimtückisch überfallen, wobei er lebensgefährlich verletzt wurde. Liebevoll pflegte Lucrezia ihren Gemahl gesund. Kaum war er wieder bei Kräften, schoss er auf Cesare, verfehlte ihn aber knapp. Gedungene Mörder erwürgten noch in der gleichen Nacht den Schwiegersohn des Papstes.

      Obwohl Lucrezia zu einer gefeierten Schönheit erblüht war, bereitete ihre Wiederverheiratung gewisse Schwierigkeiten. Denn allmählich war durchgesickert, wie der letzte Ehemann ums Leben gekommen war. In die Borgia-Familie einzuheiraten bedeutete, das Schicksal herauszufordern. Nur ein wagemutiger Mann riskierte bei dem Unterfangen, die begehrenswerte Papsttochter als Ehefrau an der Seite zu haben, Kopf und Kragen. Daher war es auch verständlich, dass der Sohn des Herzogs Ercole von Ferrara lange zögerte, seine Einwilligung zur Hochzeit mit Lucrezia Borgia zu geben. Selbst als die Eheverträge unterzeichnet waren und ein Brautzug von 500 Personen sich nach Rom begab, war der Bräutigam nicht anwesend. Daher musste am 30. Dezember 1501 die Hochzeit per procurationem, durch den Bruder des Bräutigams als Stellvertreter stattfinden. 27 Tage dauerte die Reise Lucrezias nach Ferrara, auf der ein glanzvolles Fest das andere ablöste. Als sie endlich den Palast ihres Gemahls erreichte, war Alfonso von dem Liebreiz seiner jungen Frau zumindest für einige Zeit überwältigt. Für Lucrezia bedeutete das nächtliche Beisammensein mit ihrem Mann – am Tage pflegte er seinen gewöhnlichen Liebesabenteuern nachzugehen – ununterbrochene Schwangerschaften und komplizierte, kräfteraubende Entbindungen. Bei der letzten Geburt im Jahre 1519, die Mutter und Kind nicht überlebten, war sie 39 Jahre alt.

      Trotz der immerwährenden Umstände, in denen sie sich befand, war sie in Ferrara zum Mittelpunkt des kulturellen Lebens, zu einer bewunderten Grand Dame der Renaissance geworden – ähnlich wie ihre Schwägerin Isabella d’Este in Mantua.

       Der französische König war trügerisch wie der Mond

      Bei den Damen, mit denen er sich gerne umgab, galt er als charmanter Kavalier, für seine politischen Freunde und Feinde aber war er völlig undurchsichtig, keiner konnte wirklich auf ihn bauen.

      Daher war sein Ruf bei den Fürsten Europas äußerst zweifelhaft, vor allem natürlich bei den Habsburgern. Denn von allem Anfang an hatte Franz, der nach dem Tod seines Oheims Ludwigs XII. auf den französischen Thron gekommen war, das Bedürfnis, sich in Europa eine ganz besondere Machtposition zu verschaffen, und dies war bei der Umklammerung durch die Habsburger wahrlich kein leichtes Unterfangen! Wahrscheinlich war es auch seine politisch hoch aktive Mutter Louise von Savoyen gewesen, die den einzigen Sohn von Kindheit an in dem Bewusstsein erzogen hatte, alles daran zu setzen, Frankreich zu einer Großmachtstellung zu verhelfen.

      Mit Franz I. von Frankreich und Karl V. standen sich zwei Männer gegenüber, von denen keiner bereit war, nur eine Handbreit Boden dem anderen zu überlassen. »Macht« hieß das große Zauberwort, dem auch Papst Clemens VII. und Heinrich VIII. von England oblagen, genauso wie der türkische Sultan Süleyman I., der vielfach das Zünglein an der Waage spielen sollte. Die Rollen in Europa waren zwar verteilt, aber noch lange nicht gesichert.

      Franz I. von Valois hatte am 12. September 1494 auf der Burg Cognac das Licht der Welt erblickt und war im Januar des Jahres 1515 in Reims zum König gekrönt worden. Es dauerte nur Monate, bis er seine erste Schlacht bei Marignano gewann, in der er die Schweizer endgültig aus Oberitalien verdrängte. Der Besitz von Mailand war für den französischen König von ganz besonderer Wichtigkeit, denn durch die Herzogswürde war er zum Fürsten des Heilig Römischen Reiches geworden und somit in der Lage, sich 1519 um die deutsche Kaiserkrone zu bewerben. Dass er dadurch zwangsläufig ein ernst zu nehmender Konkurrent des 19-jährigen Habsburgers Karl werden würde, verwunderte niemanden, obwohl man natürlich nicht unbedingt einen Franzosen auf dem deutschen Königs- beziehungsweise Kaiserthron sitzen sehen wollte. Franz galt als Fremdling, während man Karl, wahrscheinlich glorifiziert durch seinen berühmten Großvater Maximilian I., als »echtes, deutsches Blut« ansah, wobei der so Gepriesene außer Flämisch nur noch Französisch und höchstens einige Brocken Deutsch verstand.

      Die Chancen für Franz wären nicht schlecht gewesen, hätte ihm nicht ausgerechnet eine Dame, die er persönlich kannte, einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht: Margarete von Österreich, die Tante Karls V. war mit allen politischen Wassern gewaschen, sie wusste genau, mit wie viel mehr Geld man die Kurfürsten bestechen musste, um den Neffen zum Herrscher über das Reich zu machen. Und Margaretes Plan ging am 28. Juni 1519 auf, wodurch sich zwangsläufig eine beinah lebenslange Feindschaft zwischen den beiden Kontrahenten Karl und Franz ergab, obzwar der Habsburger des Öfteren versuchte, den feindlichen Nachbarn zu besänftigen und diesem sogar seine ältere Schwester Eleonore als zweite Gemahlin ins Brautbett legte. Aber auch die verwandtschaftlichen Bande konnten die Gegensätze nicht aus der Welt schaffen, dazu war die politische Kluft zwischen den beiden Machtblöcken zu groß. Eleonore vermochte in ihrer sanften Art niemals das Herz ihres Ehemannes zu gewinnen, Franz war von Jugend auf von den schönsten Damen umschmeichelt und verwöhnt worden, seine Mätressen blieben für ihn auch in Zukunft die Frauen, die ihn interessierten.

      Es schien das Schicksal der beiden Herrscher zu sein, dass sie fast ein Leben lang gegeneinander kämpften, wobei es Karl V. nicht verstand, die errungenen Siege wirklich auszunützen. Denn in der Schlacht von Pavia 1525, in der die Franzosen mit ihren Söldnern zahlenmäßig überlegen waren, wurde Franz I., der sich in dem Glauben, unverwundbar zu sein, mitten ins Schlachtgetümmel gestürzt hatte, vom Pferd gestoßen. Mit blutüberströmtem Gesicht schlug er weiter wie ein Berserker um sich, bis er schließlich als der König von Frankreich erkannt und dingfest gemacht wurde. Man brachte den prominenten Gefangenen nach Madrid, wo er vertraglich auf die unteritalienischen Gebiete verzichten sollte und obendrein noch auf Burgund. Der französische König ließ sich mit diesen erzwungenen Zusagen Zeit, denn einerseits lebte es sich nicht schlecht in »ehrenvoller Haft« und andererseits wusste er Frankreich in den besten Händen. Seine Mutter Louise von