Sigrid-Maria Größing

Tu felix Austria


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die Straße quer durch Südamerika, in der heutigen Rio de la Plata-Mündung, in die er auch Erkundungsschiffe schickte, die erfolglos zurückkehrten. Akribisch genau ließ er die gesamte Küste vermessen, lotete die Meerestiefe aus, wobei der Italiener Pigafetta alles, was er erforschen und erfahren konnte, genau dokumentierte. So auch die Meuterei der übrigen Kapitäne, die Magellan beinah zum Verhängnis geworden wäre. Hunger, Kälte, Krankheiten und die Ungewissheit der Zukunft hatten dazu geführt, dass die Kapitäne den sofortigen Abbruch des Unternehmens gefordert hatten, etwas für Magellan Undenkbares. Durch seinen Scharfsinn und seine ungebrochene Kraft gelang es ihm, Herr der Lage zu werden, er ließ zwei Aufrührer vor aller Augen köpfen, einen weiteren setzte er zusammen mit einem Priester an der Küste aus. Der sichere Tod war ihnen gewiss.

      Die Flotte war dezimiert, als man schließlich die südlichen Buchten des heutigen Argentiniens erreichte, nachdem man vorher an der Küste riesige Menschen entdeckt hatte, die man auf Grund ihrer großen Füße Patagonier, »Großfüßler«, nannte. Es dauerte lange, bis man sich in dem Inselgewirr zurecht gefunden hatte, wochenlang schickte Magellan Erkundungsschiffe aus, von denen endlich eines Kunde gab, dass eine Durchfahrt gefunden war – der »paso« war entdeckt. Die anschließende Fahrt über den großen Ozean, den Magellan wegen seiner Ruhe als Pazifik bezeichnet hatte, konnte an Dramatik kaum übertroffen werden. Die Versorgungslage der Schiffsbesatzung war so katastrophal, dass man gekochtes Leder sowie Sägespänesuppe aß, Ratten galten als Delikatesse. Am 6. März 1521 erreichten die Schiffe die Marianen, wo es zu den ersten Gefechten kam. Da Magellans Sklave Enrique plötzlich einheimische Laute verstand, wusste der Seefahrer, dass es gelungen war, nicht nur in die Nähe der Gewürzinseln zu kommen, sondern dass er, wenn auch in zwei Etappen, die Erde umrundet hatte.

      Es war Magellan nicht mehr vergönnt, im Triumpf nach Spanien zurückzukehren, denn bei einem Christianisierungsversuch auf der Insel Mactan war es am 27. April 1521 zu Gefechten gekommen, bei denen ein vergifteter Pfeil den Abenteurer am Bein verletzte. Zwei Lanzenstöße trafen ihn schließlich tödlich.

       Umschwärmter Held und kaltblütiger Mörder: Cesare Borgia

      Er war wohl der berühmteste aller Papstsöhne mit seiner makellosen Gestalt, seinem kühnen Wesen aber auch mit seiner unglaublichen Brutalität und Skrupellosigkeit. Cesare Borgia wurde geliebt und gehasst, ohne dass man sein Wesen je ergründen konnte.

      Bis heute gibt es zahllose Hinweise auf das zügellose Leben des Papstsohnes, der alle Höhen und Tiefen seiner Zeit durchlebte. Schon als Cesare als Sohn des Ehepaares Domenico Giannozzo da Rignano und Vanozza de’ Cattanei im September 1475 geboren wurde, wusste ganz Rom, dass der eigentliche Vater Rodrigo Borgia hieß und einer der reichsten Kardinäle der Stadt war. Aber der spätere Papst Alexander VI. legte großen Wert auf die »Nicht-Vaterschaft«, obwohl er eine geheime Urkunde in späterer Zeit unterzeichnete, in der er Cesare ausdrücklich als seinen leiblichen Sohn anerkannte. Wie ein guter Vater sicherte er Cesare schon als kleines Kind materiell gut ab, indem er ihn mit sieben Jahren zum Apostolischen Pronotar ernannte, zusätzlich erhielt er noch eine Kanonikerstelle in Valencia.

      Cesare war nicht nur ein hübsches, sondern auch ein intelligentes Kind, das zunächst bei der Mutter lebte und später von Verwandten aufgezogen wurde. Er lernte leicht, vor allem die Sprachen Spanisch, Italienisch, Französisch, aber auch Latein und Griechisch beherrschte er schon sehr bald. Was aber an ihm bei jeder Gelegenheit auffiel, war sein ungewöhnlicher Wagemut, der an Tollkühnheit grenzte. Das war etwas, was man im Rom der Renaissancezeit liebte, schöne, geistreiche Männer, die keine Gefahr scheuten. Ein Musterbeispiel seiner körperlichen Stärke lieferte Cesare, als er sich bei einem Umzug als Stierkämpfer betätigte, wobei er vom Pferd aus einem Stier mit einem Schlag den Kopf abschlug. Dass er auch bei Menschen nicht zimperlich sein würde, dachte sich vielleicht so mancher Zuschauer im Stillen!

      Nachdem dem jungen Mann noch andere Kirchenpfründen zugesprochen worden waren, galt er als so vermögend, dass er als Student in Peruga und in Pisa das Geld mit vollen Händen ausgeben konnte. Die Feste in seinem Hause wurden legendär, nicht nur wegen der üppigen Speisen, die aufgetragen wurden, sondern vor allem auch durch die schönen Damen, die man überall spärlich bekleidet in den prunkvollen Räumen erblicken konnte. Cesares Lebensstil machte schon bald die Runde und kam auch dem päpstlichen Vater zu Ohren – Rodrigo Borgia war am 11. August 1492 zum Papst gewählt worden –, der selbstverständlich jetzt in seiner neuen Position eine andere Stellung für seinen Sohn finden musste. Der Kardinalshut war die richtige Bekleidung für den jungen Mann, der natürlich niemals daran dachte, irgendeine geistliche Funktion auszuüben, geschweige denn die Priesterweihe zu empfangen. Denn wie es um seine religiöse Einstellung bestellt war, wussten nicht einmal seine engsten Vertrauten. Auf keinen Fall lebte er christlich! Dabei war sein Vater vorübergehend von dem Gedanken beseelt gewesen, eine tatsächliche Kirchenreform durchzuführen, die vielleicht eine Reformation durch Martin Luther verhindert hätte. Aber das Dolce vita war Alexander VI. wichtiger als eine Reform an Haupt und Gliedern!

      Man amüsierte sich weiter im Vatikan, wo Cesare bald zur rechten Hand seines Vaters avancierte und legendäre Feste veranstaltete. Cesare stand dabei als ungewöhnlich umschwärmter junger Mann im Mittelpunkt, obwohl er die Damen, deren er überdrüssig geworden war, keineswegs wie ein Kavalier behandelte. Aber »er übte mit seinem hübschen Gesicht und seinem athletischen Körper die gleiche Anziehung auf Frauen aus wie sein Vater. Er war damals schon bekannt für seine Extravaganz und gab zweifellos viel Geld aus für kostbare Stoffe und Berberpferde … Mit der prächtigen Kleidung wollte er ablenken von seinem von der Krankheit entstellten Gesicht.« Denn Cesare Borgia hatte sich wie viele seiner Zeitgenossen mit der »Franzosenkrankheit«, der Syphillis, angesteckt, die durch die französischen Soldaten und deren Liebchen in Neapel verbreitet wurde.

      Es war für Papst Alexander und seinen Sohn Cesare eine schwere Zeit, als der französische König Karl VIII. mit einem internationalen Heer Rom einnahm. Der Papst schloss mit ihm erzwungenermaßen einen Kompromiss und willigte ein, dass Cesare als Geisel mitgeführt werden sollte. Mit sieben Mauleseln, die mit schweren Truhen beladen waren, wurde der Papstsohn von den Franzosen aus der Stadt geführt. Die Bewachertruppen waren sich ihrer Sache ganz sicher, sie hatten keineswegs mit der Tollkühnheit Cesares gerechnet. Denn in einem unbewachten Augenblick schwang er sich auf das nächste Ross und ritt wie der Teufel aus dem Lager. Und da keiner so hervorragend wie er reiten konnte, war es für die Soldaten unmöglich, ihn einzuholen. Es war ein abgekartetes Spiel, denn die Truhen waren mit Ziegelsteinen beladen gewesen.

      Papst Alexander hatte mit seinem Sohn große Pläne, da er ein eigenes Borgia-Herzogtum gründen wollte – mit Cesare als Herrscher. Um dies zu ermöglichen, war es aber notwendig, dass Cesare seine Kardinalswürde zurückgab, etwas, was es noch nie gegeben hatte! Und da ein zukünftiger Herzog nicht unbeweibt sein konnte, ging Cesare auf Freiersfüßen. Da man aber überall über seine dubiose Abstammung Bescheid wusste und er auch sonst kein unbeschriebenes Blatt war, sträubte sich so manche Prinzessin, ihm die Hand fürs Leben zu reichen. Erst in Frankreich fand sich die Schwester des Königs von Navarra, Charlotte d’Albret, bereit, in eine Ehe mit ihm einzuwilligen, freilich erst, nachdem Papst Alexander eine erkleckliche Summe dem Brautvater zugesichert hatte.

      Was niemand für möglich gehalten hatte, trat ein: Die Braut verliebte sich in ihren Ehemann nach der ausgiebigen Hochzeitsnacht, für die sich Cesare bei einem Apotheker ein Potenzmittel besorgt hatte, das sich aber als Abführmittel erwies. Trotz dieser Malaise verlebten Cesare und Charlotte ein paar schöne Wochen in trauter Zweisamkeit, in denen die junge Frau mit Schmuck und Juwelen überhäuft wurde. Doch dann verabschiedete sich der Gatte und ließ Charlotte, die ein Kind erwartete, für immer zurück. Charlotte verwand diese Trennung nie. Sie gab Order, die Wände schwarz zu verhängen, schlief selber, so wie ihre Tochter Luisa, nur in schwarzer Bettwäsche und speiste mit ihr an schwarz gedeckten Tischen.

      Cesare aber schlug sich zuerst auf die Seite des neuen französischen Königs Ludwig XII., dann bekriegte der kampfeslustige Feldherr die mittelitalienischen Städte und wurde schließlich von seinem Vater zum Gonfaniere, zum Oberbefehlshaber des päpstlichen Heeres, ernannt. Immer und überall, wo er hinkam, ließ er meist die Tore gewaltsam öffnen, schaffte jeden