hinderte, sich in seine Arme zu werfen. Als Sieger über die unbotmäßigen Städte, die sich gegen den Papst gestellt hatten, zog er in Rom ein, umjubelt vom Volk als Held seiner Zeit.
Mit dem plötzlichen Tod seines Vaters endete auch die Gloria des Sohnes. Denn der neue Papst Julius II., mit dem sich Cesare zu arrangieren geglaubt hatte, zeigte schon nach kurzer Zeit ein völlig anderes Gesicht. Der berühmte Machiavelli, der ein Anhänger Cesares gewesen war, hatte den Handel durchschaut und Cesare gewarnt. Aber es war schon zu spät. Julius II. enthob Cesare all seiner Ämter und ließ ihn im Vatikan gefangen halten. Wie schon so oft gelang es Cesare nach Neapel zu fliehen, wo er sich in Sicherheit wiegte. Aber König Ferdinand gab dem Drängen des Papstes nach und lieferte den prominenten Flüchtling aus. Man brachte Cesare nach Spanien, wo er ein Jahr in Einzelhaft in der Festung Chinchilla schmachtete. Auch hier floh er über einen seidenen Strick, wobei er allerdings verletzt wurde. Kaum genesen versprach er seinem Schwager – immer noch kampfeslustig wie er war – , ihn im Kampf um die Festung Viana zu unterstützen, was er mit dem Leben bezahlen sollte. Seine Feinde lockten ihn in einen Hohlweg, wo er am 12. März 1507 erschlagen wurde.
Seltsamerweise wurde Cesare Borgia in der Kirche Santa Maria in Viana unmittelbar vor dem Hochaltar beigesetzt. Aber immerhin war er der Sohn des Papstes und einst Kardinal gewesen!
Der nächste Bischof allerdings, der keineswegs mit den Handlungen seines Vorgängers einverstanden war, verfügte allerdings, dass der Leichnam Cesares wegen des anrüchigen Lebens, das der Papstsohn weiland geführt hatte, aus der Kirche entfernt wurde. Man bettete das, was von dem einstmals schönen Mann übrig geblieben war, vor die Kirchentore um.
»Junker Jörg« war der geniale Übersetzer der Bibel
Kein Geringerer als Martin Luther verbarg sich hinter dem geheimnisvollen Namen, aber er musste auch auf der Wartburg, wohin ihn sein weiser Landesherr Friedrich zu seinem Schutze hatte bringen lassen, gewärtig sein, erkannt und ausgeliefert zu werden.
Man könnte meinen, dass es Martin Luther von klein auf gestört hatte, dass seine Eltern den Familiennamen in verschiedenen Varianten zu Papier brachten, als Lüder, Loder, Luder, Ludher, Lutter, Lauther oder Lutter, so wie es damals üblich war, bevor er durch die Übersetzung der Bibel die Grundlagen für eine einheitliche deutsche Sprache geschaffen hatte. Keiner konnte damals im Jahre 1483, als Martin Luther in Eisleben das Licht der Welt erblickte, ahnen, dass dieser Sohn des Hüttenmeisters im Kupferschieferbau einmal ein weltbekannter Reformator werden sollte. Denn die Eltern waren höchstens mäßig fromm, sodass es sich der Vater kaum vorstellen konnte, dass der Sohn anstelle eines Rechtsstudiums ins Kloster eintreten würde. Angeblich war ein Gelübde, das Luther während eines schweren Gewitters, das ihn in Todesangst versetzt hatte, der Grund, dass er dem Orden der Augustinereremiten beitrat und dort schon bald zum Prieser geweiht wurde.
Der junge Mann machte sich schon sehr früh eigene Gedanken über die Thesen der christlichen Lehre. Und da er mit seinen Grübeleien alleine nicht zurechtzukommen schien, beschloss er auf Anraten seines Beichtvaters Johann von Staupitz Theologie zu studieren. Auch während des Studiums befielen ihn heftigste Zweifel an einzelnen Thesen der katholischen Kirche, was ihn aber nicht davon abhielt, nach Rom zu pilgern, wo er 1510 an einer Generalbeichte teilnahm und auf dem Bauch die »Heilige Treppe« am Lateran hinaufrutschte. Dieser körperliche Demutsakt sollte eine generelle Sündenvergebung nach sich ziehen, für den Bereuenden und seine Familie.
Es dauerte nicht allzu lange, bis Luther ein gesuchter Vortragender wurde. Man bewunderte seine Kunst der Rhetorik, vor allem aber seinen Mut, sich kritisch zu den festgefahrenen Lehren der Kirche zu äußern. Es war lebensgefährlich, lautstarke Kritik zu üben, überall lauerten Spione, die jede Überlegung, die vom »rechten Wege« abzulenken schien, den Kirchenbehörden meldeten. Daher wurde Luther schon nach kurzer Zeit der Ketzerei geziehen, wodurch ihm nicht nur der Kirchenbann drohte, sondern auch die Reichsacht.
Ungeachtet dieser schrecklichen Strafen beschäftigte sich Luther weiter mit den Dogmen der Kirche, von denen er einzelne öffentlich in Frage stellte. Abgesehen von seinen Ansichten über die Stellung des Papstes als Oberhaupt der Christenheit nahm er vor allem Anstoß an der Geschäftemacherei nicht allein der Kurie, sondern auch an der des Erzbischofs von Mainz, Kardinal Albrecht. Denn dieser hatte die »Instructio Summarium« verfasst, durch die Ablassprediger wie der wortgewaltige Tetzel, die im Land umherreisten, Gelder eintreiben sollten, damit der Kirchenmann seine eigenen Schulden bei den Fuggern zahlen konnte. Der unbedarfte Christ wurde in dem Glauben gewiegt, dass beim Kauf von Ablasszetteln ihm im Jenseits die Sündenstrafen vergeben werden würden, die jede Sünde nach sich zog: »Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt!«
Dieser Ablasshandel, der auch von Rom aus gesteuert wurde, war für Martin Luther der Funken im Pulverfass. Jetzt trat er zu öffentlichen Disputationen an, in denen er seine Thesen von der Gnade Gottes vertrat, die absolut verkehrte Bußgesinnung, die die katholische Kirche predigte, anprangerte, er forderte eine Reform der Kirche »an Haupt und Gliedern«. In seiner rigorosen Haltung wurde Martin Luther zu einer höchst gefährlichen Person im Reich!
Die Bombe platzte, als Martin Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 neuen Thesen an der Schlosskirche zu Wittenberg anschlagen ließ, wobei es nicht gesichert ist, ob er sie nicht auch noch von der Kanzel verlesen hatte. In Windeseile hatte sich diese revolutionäre Tatsache herumgesprochen, Luthers Ansichten wurden heftigst diskutiert, begeistert aufgenommen oder abgrundtief verdammt.
Es konnte nicht ausbleiben, dass Luther in Rom angezeigt wurde, dass Meinung gegen Meinung stand. Papst Leo X. lud den aufrührerischen Theologen nach Rom vor, was für Luther wahrscheinlich den sicheren Tod bedeutet hätte. Aber sein Kurfürst Friedrich der Weise hielt schützend seine Hand über ihn. Der sächsische Kurfürst argumentierte dem Papst gegenüber, dass die Gesundheit Luthers gefährdet wäre, weshalb nur eine Anhörung auf deutschem Gebiet in Frage käme. Der Reichstag von Augsburg stand 1518 vor der Tür, auf dem Luther Kardinal Thomas Cajetan Rede und Antwort stehen sollte. Da Luther nicht bereit war, in der Diskussion seine Ansichten zu widerrufen, stand von vornherein das Urteil fest. Um sich der Auslieferung zu entziehen, verließ er deshalb im Dunkel der Nacht vom 20. zum 21. Oktober 1518 Hals über Kopf Augsburg.
Das Jahr 1519 brachte einen Wechsel der Herrscher im Reich. Da der junge Enkel Kaiser Maximilians I. zunächst ganz andere Sorgen hatte, als sich um die Thesen eines Martin Luthers zu kümmern, wurde der Theologe nur zum Schweigen verpflichtet, das er zunächst einhielt. Als aber in der Leipziger Disputation die Frage um die Stellung des Papstes aufgeworfen wurde, konnte Luther seine Meinung gegenüber dem aggressiven Professor Eck nicht mehr zurückhalten, wobei Luther erklärte, dass auch Konzile irren könnten – eine Aussage, die an Gotteslästerung grenzte! Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis der Papst seine Bannbulle an Luther schicken würde. Sie war mit 15. Juni 1520 datiert. Luther sollte innerhalb von 60 Tagen widerrufen, sonst würde die Exkommunikation auf dem Fuße folgen.
Zunächst gab sich Luther noch friedlich, er widmete Leo X. seine Abhandlung »Von der Freiheit eines Christenmenschen«, was allerdings ohne Wirkung blieb. Seine Bücher wurden öffentlich verbrannt, worauf Luther zum Gegenangriff überging: Vor einer großen Zuschauermenge warf er vor dem Wittenberger Elstertor die Bannbulle des Papstes und verschiedene Schriften der Scholastik ins lodernde Feuer. Nach diesem Frevel wurde Luther am 3. Januar 1521 durch die Bannbulle »Decet Romanorum Pontificem« aus der Kirche ausgeschlossen.
Der Streit zwischen Luther und den Kirchenbehörden erregte im Reich ungewöhnliches Aufsehen, da die Buchdruckerkunst es ermöglichte, dass Luthers Schriften überall, sogar in anderen Sprachen im In- und Ausland verbreitet wurden. Der Kaiser konnte nicht länger schweigen! Die Situation spitzte sich für Karl V. von Tag zu Tag mehr zu. Gedrängt durch den sächsischen Kurfürsten Friedrich erklärte sich der Kaiser einverstanden, Luther vor den Reichstag von Worms im Mai 1521 vorladen zu lassen. Es war die letzte Möglichkeit, für Luther seine Thesen zu widerrufen. Wie nicht anders zu erwarten war, blieb Luther bei seiner Überzeugung mit der Begründung: »[Da] … mein Gewissen in den Worten Gottes gefangen ist, ich kann und will nichts widerrufen, weil es gefährlich und unmöglich ist, etwas gegen das Gewissen zu tun. Gott helfe mir.