sie unter Wahrung aller Vorsichtsmaßnahmen hierherbugsiert und ihr keine Chance gelassen.
„Kommen Sie mir bloß nicht mit Blumen“, gab Jack zurück. „Sie sind ein ganz raffiniertes Luder!“
„Vielen Dank für die Blumen“, antwortete Kathy und paßte sich geschickt der neuen Situation an. „Ich kann damit etwas anfangen.“
„Sie sind niemals die Unschuld vom Lande.“ Er sah sie prüfend an.
„Habe ich das je behauptet?“ Sie lächelte.
„Nee, das hat Cranford sich eingeredet.“
„Der Fotograf oben im Atelier?“
„Sie können seinen Namen ruhig wissen“, meinte Jack. „Eric Cranford.“
„Und er ist wirklich Ihr Chef? Das kann ich einfach nicht glauben. Das geht nicht in meinen Kopf.“
„Sie pflücken schon wieder Blumen, Puppe.“
„Ihr Cranford ist doch verrückt“, stellte Kathy kühl fest. „Wie Ihr Partner Herbert.“
„Reden Sie doch weiter“, sagte Jack, als Kathy eine kleine Pause einlegte. „Ich weiß, Sie haben noch was zu bieten, oder?“
„Was denn so zum Beispiel?“ Sie sah ihn herausfordernd an.
„Sie sind niemals ’ne Zufallsbekanntschaft von Lister gewesen“, stellte Jack fest und lehnte sich gegen den Rahmen der Tür. „Mir machen Sie nichts vor.“
„Wieso sollte ich das nicht gewesen sein?“ Kathy tat erstaunt.
„Sie sind zu clever, Puppe. Denken Sie mal an das Ferienhäuschen, wo wir Sie zuerst hochgenommen hatten. Wie Sie sich da verhielten, roch nach ’nem Profi.“
Kathy Porter überlegte blitzschnell, ob sie sich aufs Glatteis bewegen sollte, das er ihr gerade offerierte. Jack war nicht so naiv, wie er vielleicht aussah.
„Also, was vermuten Sie hinter mir?“ fragte sie schließlich.
„Sie wissen genau, was mit Lister los gewesen ist. Und ich gehe jede Wette ein, daß Sie auf ihn angesetzt wurden.“
„Jetzt machen Sie mich aber sehr neugierig.“ Sie lächelte verhalten. Sie war auf dem besten Weg, endlich die Informationen zu erhalten, die sie so notwendig brauchte.
„Sie stammen von der Konkurrenz, Puppe. Ich spür’ das.“
„Dafür spüre ich überhaupt nichts. Von welcher Konkurrenz sollte ich denn sein?“
„Von der, die ebenfalls hinter Listers Material her ist.“
Kathy senkte den Kopf, als fühlte sie sich durchschaut.
„Ich frag’ mich nur, ob Lister euch auch reingelegt hat“, sagte Jack.
„Darauf antworte ich nicht.“ Sie hatte sich für ihre neue Rolle entschieden, die Zeitgewinn bedeutete. Sie mußte für die beiden Killer und die empfindsame Künstlerseele interessant bleiben.
„Ich mach’ dir ’nen Vorschlag, Mädchen“, erklärte Jack und verfiel wieder in den kumpelhaften Ton. „Wechsle die Fronten und arbeite mit uns zusammen! Dabei kannst du dir ’ne goldene Nase verdienen.“
„Oder?“ Sie sah ihn abwartend an.
„Oder ich prügele das aus dir raus, was wir wissen wollen“, meinte er wie selbstverständlich. „Wetten, daß du reden wirst? Vielleicht nicht sofort, aber irgendwann bestimmt …“
„Wer soll mir denn die goldene Nase garantieren?“ erkundigte sich Kathy und lächelte ironisch. „Etwa dieser Eric Cranford da oben im Atelier?“
„Das ist doch nur ’ne Art Verbindungsmann“, beruhigte er sie, „nichts als Tarnung für den eigentlichen Chef.“
„Den ich nie sehen werde?“
„Natürlich nicht Kennst du deinen richtigen Chef?“
Sie antwortete nicht und wartete ab, was er ihr noch zu sagen hatte.
„Na also“, freute sich Jack, ihr Schweigen mißdeutend. „In unserer Agentenbranche ist man verdammt vorsichtig. Die wirklichen Geldgeber bleiben stets im Hintergrund. Man kann nur vermuten, in welchem Botschaftsgebäude die sitzen.“
„Und man sollte nie laut darüber reden.“ Sie nickte bestätigend.
„Kluges Mädchen.“ Er grinste wissend. „Also, kannst du Listers Material liefern? Wir wissen, daß er die Unterlagen bei sich hatte, als er in Bristol losfuhr. Wo sind sie jetzt?“
„Dreh’ dich um!“
Ihr Ton ließ erkennen, daß sie einen Entschluß gefaßt hatte. Wenigstens mußte Jack diesen Eindruck haben.
„Was, du hast das Zeug etwa die ganze Zeit über bei dir gehabt?“
„Dreh dich um!“
„Damit du mir eins gegen den Hals knallen kannst? Für wie blöd hältst du mich eigentlich, Puppe?“
„Na schön, dann schau wenigstens nicht zu neugierig hin.“
Sie drehte ihm halb den Rücken zu und nestelte an dem zerrissenen Gewand, hob den Saum an, nestelte an dem Dekolleté, das nur noch aus Fetzen bestand, und hörte hinter sich leise, schnelle Schritte. Sie wußte, daß sie seine Neugierde erregt hatte, wartete aber noch einen Moment ab. Nur jetzt keinen Fehler begehen, hämmerte Kathy sich ein, nur nichts überstürzen!
Er stand dicht hinter ihr, sie fühlte seinen Atem in ihrem Nacken. Sie ließ die Kleiderfetzen über die linke Schulter gleiten, drehte sich etwas, um seine Blicke endgültig abzulenken, und zeigte ihm den Ansatz ihrer straffen Brüste.
Sie war sich der Wirkung ihres Körpers voll bewußt und setzte ihn gezielt als Geheimwaffe ein, deren Gefährlichkeit Jack bestimmt noch nicht kannte. Der Blick des breitschultrigen Killers irrte auch prompt ab, er konnte dem reizenden Anblick nicht widerstehen.
Genau in diesem Moment wirbelte Kathy blitzschnell herum und schlug ihre Handkante gegen seinen Oberarm, der sofort wie gelähmt war. Jack verlor die Schußwaffe, brüllte vor Schmerz auf und wollte nach ihr treten. Sein Gesicht war haßverzerrt, der Mann kannte jetzt keine Rücksicht mehr.
Kathy wich geschmeidig zur Seite aus, ließ ihr rechtes und gestrecktes Bein vor- und hochschnellen, traf seine Wade und brachte den schweren Mann aus dem Gleichgewicht Jack fiel nach hinten, doch noch im Fallen brachte Kathy einen zweiten Schlag an.
Jack war bereits bewußtlos, als er auf dem harten Steinboden des Kellers landete.
Kathy griff hastig nach der schallgedämpften Schußwaffe, pirschte an die Tür und lauschte nach oben.
Da waren Stimmen und Schritte zu hören!
Herbert und die empfindsame Künstlerseele Cranford mußten bereits auf der Treppe sein.
Jetzt wurde ihre Lage brandgefährlich!
*
Parkers hochbeiniges Monstrum fiel im nächtlichen Straßenbild überhaupt nicht auf. Um diese Zeit fuhren ohnehin fast nur noch Taxen, zumal die Spätvorstellungen der Kinos und Theater beendet waren.
Parkers Wagen war ein ehemaliges Londoner Taxi, das nach seinen sehr privaten und ausgefallenen Wünschen umgebaut worden war. Sein Wagen paßte wunderbar in den nächtlichen Verkehr.
Die beiden Männer im Daimler schienen überhaupt nicht zu merken, wie geschickt sie verfolgt wurden.
Parker nutzte seine Kenntnisse aus. Hier in der eigentlichen City der Millionenstadt war er zu Hause, kannte jede Abkürzung und genierte sich auch nicht, in zwei Fällen eine schmale Einbahnstraße in falscher Richtung zu fahren. So schaffte er es, rein optisch als Verfolger zu verschwinden, dennoch aber plötzlich wieder hinter dem Daimler zu sein. Aus Gründen der Tarnung hatte er das im Wagendach versenkbare Taxischild elektrisch hochgeklappt