Günter Dönges

Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman


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bin ich etwas überfragt“, gestand James Gatson unsicher. „Was sind das für Leute?“

      „Darüber später mehr“, lenkte Parker schnell ab. „Sie kennen also die Verbindung zwischen Lancing und diesem Roots. Warum schlugen Sie nicht zu, wie es in ihrer Fachsprache wohl heißt?“

      „Weil mir erstens die Beweise fehlen, zweitens, weil ich die gesamte Schmugglerorganisation lahmlegen will.“

      „Gibt es denn noch weitere Diamantenschmuggler?“ wunderte sich Lady Simpson.

      „Zumindest noch eine Person“, antwortete Gatson. „Sehen Sie, Mylady, die Masken kommen von Rhodesien, treffen hier in London bei Harrod’s ein und werden an Lancing weitergeleitet. Nach meinen Informationen schafft Lancing nun die Rohdiamanten an eine Person weiter, die die Steine tatsächlich verkauft und in den Handel bringt. Ich muß gestehen, daß ich Sie, Mylady, für diese Person hielt. Daher auch die bedauerliche Entgleisung meiner Mitarbeiter.“

      „Macht ja nichts“, wehrte Agatha Simpson ab. „Ich habe mich köstlich amüsiert.“

      „Ich eigentlich weniger“, gestand Gatson und sah an seinem zerfetzten Anzug hinunter. „Zudem muß ich jetzt weiter nach dem Chef dieses Schmugglerrings suchen. Das wird nicht einfach sein, denn die Gangster sind inzwischen gewarnt.“

      „Haben Sie nicht Lust, Kindchen, zusammen mit mir bei Harrod’s einzukaufen?“ Agatha Simpson erhob sich und sah ihre Gesellschafterin unternehmungslustig an. „Wollten wir in der Diele nicht schon immer einige afrikanische Dämonenmasken aufhängen?“

      *

      Harrod’s war ein großes Warenhaus, in dem hin und wieder auch die Mitglieder der Königsfamilie einzukaufen pflegten. Das Haus zeichnete sich durch ein mehr als reichhaltiges Warenangebot aus. Einem Werbespruch zufolge konnte man hier alles, wonach das Herz sich sehnte, kaufen. Was nicht vorhanden war, wurde umgehend besorgt.

      Das Warenhaus lag in der City und zeichnete sich durch distinguierte Atmosphäre aus. Als Agatha Simpson heranrauschte, riß ein uniformierter Wächter weit die Glastür auf. Er sah auf den ersten Blick, daß er es mit einem Mitglied einer hochgestellten Familie zu tun hatte.

      Agatha Simpson, gefolgt von ihrer Gesellschafterin Kathy, wurde hinter der Glastür von einem Empfangschef erwartet, der sie überhöflich nach ihren speziellen Wünschen fragte.

      „Wo finde ich Exotika?“ raunzte sie den Mann an.

      „Erotika?“ Der Mann mißverstand, faßte sich und besann sich auf den Ruf des Hauses. Bei Harrod’s war schließlich alles zu erhalten, selbst Erotika.

      „Haben Madam besondere Wünsche?“ fragte er, sich um ein glattes und ausdrucksloses Gesicht bemühend.

      „Spezialitäten aus Afrika“, antwortete Agatha Simpson, die das Mißverständnis nicht ganz mitbekommen hatte, während Kathy Porter allerdings ein Lächeln nur mühsam unterdrücken konnte.

      „Afrikanische Erotika, Madam, sehr wohl!“ Der Empfangschef überlegte krampfhaft, wie er dieser eigenwilligen und sicher auch zahlungskräftigen Kundin helfen konnte.

      „Sie Lüstling!“ Lady Simpson hatte inzwischen genauer hingehört und sah den verwirrten Mann flammend an. „Ich wünsche Exotika zu sehen. Sie scheinen ein wüstes Innenleben zu haben, junger Mann, sonst hätten Sie mich nicht mißverstehen können.“

      „Sie sehen mich zerknirscht, Madam.“ Der Mann schickte sich an, im Fußboden zu versinken.

      „Welche Etage?“ schaltete sich Kathy Porter ein.

      „Drittes Stockwerk“, hüstelte der Mann verwirrt. „Ich bedaure außerordentlich, die Damen mißverstanden zu haben.“

      „Schon gut, junger Mann“, antwortete Lady Simpson. „Senken Sie Ihren Hormonspiegel, dann werden Sie sich wohler fühlen! Kommen Sie, Kindchen, bevor man uns hier anfällt!“

      Ein Liftboy brachte die beiden Frauen in die dritte Etage. Hier kam Lady Simpson voll auf ihre Kosten. Es gab eine ganze Abteilung, die geschmackvoll arrangiert war und in der Geschenkartikel aus südlichen Breiten angeboten wurden. Die Detektivin marschierte auf ihren stämmigen Beinen hinüber in die afrikanische Abteilung und fand hier ohne langes Suchen tatsächlich afrikanische Masken.

      Ein seriös aussehender Verkäufer näherte sich respektvoll und erkundigte sich nach den Wünschen der Damen.

      „Miß Porter, das Muster, bitte.“ Die ältere Dame hatte sich zu ihrer Gesellschafterin umgewandt und nickte Kathy zu. Kathy öffnete den kleinen Hutkoffer, den sie in der Hand hielt, und holte eine jener Masken hervor, die Parker aus Lancings Tierhandlung mitgenommen hatte.

      „Ich brauche davon noch einige Gegenstücke“, sagte Agatha Simpson. „Sputen Sie sich, junger Mann, ich habe nicht viel Zeit.“

      Der Mann, etwa fünfundzwanzig Jahre alt, kannte sich mit skurrilen Kunden aus. Er ließ sich nichts anmerken, als er die afrikanische Dämonenmaske sah. Und dennoch! Seine Mundwinkel zeigten irgendwie an, daß er sich ein wenig mokierte.

      „Ein sehr interessantes Stück“, log er.

      „Billiger Schund“, herrschte die ältere Dame ihn an. „Verzichten Sie auf unnötige Höflichkeiten, junger Mann! Haben Sie nun so etwas oder nicht?“

      „Nicht hier in unserer Ausstellung, Madam, aber ich werde mich sofort um die gewünschten Duplikate kümmern.“

      „Worum ich auch gebeten haben möchte.“

      „Wenn die Damen sich inzwischen setzen wollen?“ Er deutete auf eine altehrwürdige Polstergruppe.

      „Wollen Sie mich etwa zur Übernachtung überreden, junger Mann?“

      „Ich muß nur schnell im Lager nachfragen“, erwiderte der Verkäufer nervös. „Es wird einige Minuten dauern.“

      Er verschwand und nahm die billige Maske mit. Lady Simpson wanderte an den Ausstellungsstücken vorüber und schüttelte immer wieder den Kopf. Die ausgestellten Masken waren echt, sie erinnerten noch nicht mal entfernt an den billigen Schund in Lancings Tierhandlung. Mylady war gespannt, ob man sie dennoch bedienen konnte. Daraus ließen sich wichtige Schlüsse ziehen.

      „Die Damen werden bereits bedient?“

      Geräuschlos war hinter Agatha Simpson und Kathy Porter ein Mann aufgetaucht, der wohl eine Art Abteilungsleiter darstellte. Er trug, diskret gestreifte Cuthosen, eine graue Weste und einen schwarten Zweireiher. Der Mann war etwa fünfzig Jahre alt, besaß ein volles Gesicht, einen weichen Mund mit vollen Lippen und dunklen, etwas stechenden Augen.

      „Sie sind?“ Lady Simpson konnte sehr unvermittelt sein.

      „Der Abteilungsleiter“, stellte der Mann sich vor.

      „Ich suche afrikanische Masken“, erklärte die Kundin. „Das Musterstück hat Ihr Verkäufer mitgenommen, Masken, die mit kleinen weißen Muscheln übersät sind.“

      Der Mann zuckte mit keiner Wimper.

      „Muscheln, die es in sich haben“, redete Lady Simpson weiter, sehr deutlich werdend. Sie ließ den glatten Mann nicht aus den Augen.

      „Damit können wir sicher dienen, Madam“, erwiderte der Abteilungsleiter. „Zur Not stellen wir sie Ihnen zu.“

      „Ich will sie jetzt und hier haben“, entschied Lady Simpson. Sie war ein wenig enttäuscht, denn der Mann zeigte nach wie vor keine Reaktion. Entweder wußte er wirklich nichts von muschelübersäten Dämonenmasken, oder aber er war ein erstklassiger Schauspieler.

      „Mylady sollten sich vielleicht in unserem Großlager ein wenig Umsehen“, sagte der Abteilungsleiter jetzt verbindlich. „Wenn ich vorausgehen darf?“

      Agatha Simpson nickte Kathy Porter grimmig und überzeugt zu. Sie waren auf der richtigen Spur. Der Mann hatte sich verraten und sie gerade mit Mylady angeredet. Der Ausdruck Madam hätte nach wie vor vollkommen genügt.

      Kathy