bekamen noch weitere Andenkenhändler afrikanische Masken oder anderen Kram, doch nur Harry erhielt die wirklich echten Masken.“
„In deren Muscheln die Rohsteine versteckt waren.“
„Natürlich, was denn sonst!“ Helen Winters sah Lady Simpson kopfschüttelnd an. „Hat’s je eine perfektere Methode gegeben?“
„Reden wir von den Steinen, die sich in Ihrem Besitz befinden“, wechselte Agatha Simpson das Thema. „Wann und wo kann ich sie sehen?“
„Wir können zusammen zurück in die Stadt fahren“, schlug Helen Winters vor, „aber erst habe ich hier noch was zu erledigen.“
„Sie wollen Gardena ausplündern?“
„Ich weiß, daß sein Anteil an der bisherigen Beute hier im Haus sein muß. Gehen Sie ruhig schon vor das Haus, Madam, wenn ich Gardena gleich danach frage, könnten Sie sich vielleicht erschrecken!“
„Sie wollen doch nicht etwa Gewalt anwenden?“ entsetzte sich Lady Simpson gespielt.
„Aber nein“, heuchelte Helen Winters, „höflich fragen werde ich ihn, was dachten Sie denn?“
Agatha Simpson setzte sich in Bewegung. Ihr kam es darauf an, sowohl aus der Schußlinie als auch in die Nähe dieser Frau zu kommen. Sie hatte die feste Absicht, Helen Winters zu überwältigen. Solch eine Frau durfte ihrer Ansicht nach nicht länger frei herumlaufen.
Die Dinge kamen jedoch ganz anders.
Sie war dabei überrascht worden, als sie Gardena hatte fesseln wollen. Um seine auf dem Rücken liegenden Handgelenke schlang sich die lange Hundeführleine. Helen Winters mußte die ganze Zeit den völlig falschen Eindruck gehabt haben, Gardena sei bereits gefesselt.
Inzwischen aber war der Gangster wieder zu sich gekommen, hatte sich aber nicht gerührt und nur auf seine Chance gewartet. Er wußte längst, daß er seine Hände durchaus noch bewegen konnte.
Während Lady Simpson um den Pfeiler herumging, langte Gardena blitzschnell nach seiner Schußwaffe, riß sie aus der Rocktasche und feuerte auf Helen Winters.
Sie schoß zurück, aber sie traf nicht genau.
Ganz im Gegensatz zu Gardena.
Helen Winters blieb für Bruchteile von Sekunden starr stehen, fiel dann auf die Knie, verlor die Waffe und rutschte seitlich auf den Boden.
Gardena hielt sich den linken Unterarm, stöhnte, sprang dabei aber hoch und schnitt der älteren Dame den Weg in die Freiheit ab.
„Nicht mit mir“, sagte er und starrte sie haßerfüllt an. „Nicht mit mir, Mylady!“
„Sie bluten“, stellte die Detektivin sachlich fest und übersah die drohend auf sie gerichtete Waffe.
„Wenn schon, das bringt mich nicht um. Schnappen Sie sich die Reisetasche dort neben dem Schrank, los, beeilen Sie sich!“
„Was haben Sie vor?“
„Wir setzen uns ab“, sagte er nervös, „machen Sie schon, oder Sie liegen gleich neben der Winters!“
*
„Anhalten!“
Melvin Roots beugte sich vor, um besser sehen zu können. Sie hatten die Ausfallstraße längst hinter sich gelassen und waren auf dem Weg zu Gardenas Cottage.
„Sollten wir das Ziel schon erreicht haben?“ erkundigte sich Josuah Parker.
„Dort hinter der hohen Hecke liegt das Cottage.“ Melvin Roots wirkte unentschlossen.
„Der Tod dürfte dort bereits mehr als sehnsüchtig auf Sie warten“, stellte Parker gelassen fest. „Sie müssen sich jetzt entscheiden, Mister Roots.“
Nun, Parker machte es Roots leicht. Parker übernahm nämlich die Initiative, nachdem ihm jetzt bekannt war, wo er Gardena finden konnte. Er spielte einige der Tricks aus, die sein hochbeiniger Wagen enthielt. Ohne seine Haltung vor dem Steuer zu verändern, drückte er mit dem linken Fuß auf einen neben den Pedalen versteckt angebrachten Knopf. Bruchteile von Sekunden später jaulte Roots auf und schoß mit seinem Kopf hoch gegen das Wagendach.
Er tat es nicht freiwillig.
Aus dem Sitz, auf dem er saß, war eine spitze und kräftige Nadel hervorgeschossen, die sich in seine rechte Gesäßbacke gebohrt hatte. Während Roots Kontakt mit dem Wagendach erhielt, fuhr die mittlere Trennscheibe blitzschnell hoch und sperrte den hinteren Teil des Wagens schußdicht ab. Roots warf sich zur Seite, langte hastig nach dem Türgriff und wollte sich aus dem Wagen rollen.
Er handelte mit Zitronen.
Beide hinteren Wagentüren waren längst elektrisch verriegelt worden. Roots saß in einer Falle, aus der es kein Entrinnen gab. Er hatte den Butler vollkommen unterschätzt.
„Die Scheiben bestehen aus schußsicherem Panzerglas“, hörte er die Stimme des Butlers über die Bordsprechanlage. „Schießen Sie also, falls Sie an unberechenbaren Querschlägern interessiert sein sollten!“
Melvin Roots ließ es erst gar nicht darauf ankommen. Zudem fühlte er sich plötzlich recht entspannt und schläfrig. Er vergaß den stechenden Schmerz in seinem Gesäß und schloß die Augen. Er wußte nicht, daß sein Gastgeber eine gehörige Dosis Schlafgas in den Fahrgastraum hatte hineinströmen lassen.
Parker setzte sein hochbeiniges Monstrum wieder in Bewegung, steuerte es von der schmalen Straße hinunter und entschied sich für einen improvisierten Parkplatz hinter einer Straßenhecke. Er stieg aus und verschloß die Wagentür.
Bevor er zum Cottage ging, gab es noch etwas für ihn zu tun. Parker wollte sich auf jeden Fall den Rücken freihalten und nicht überrascht werden.
*
Paul und Richie, die beiden Killer, hatten nicht im Traum daran gedacht, in ihrer Wohnung auf die etwaige Rückkehr von Melvin Roots zu warten. Die beiden Killer kannten sich in den Praktiken der Branche aus und wußten, daß jeder jeden hereinlegt, sofern sich dazu nur eine schwache Möglichkeit bot.
Sie hatten Roots und Parker gehen lassen, aber sie hatten sich umgehend an die Verfolgung gemacht. Auch sie interessierten sich für Gardena und dessen bisher gemachte Beute. Die beiden Killer rechneten sich echte Chancen aus, im wahrsten Sinne des Wortes steinreich zu werden.
Sie befanden sich in einem VW, den sie sich „ausgeliehen“ hatten, und fuhren langsam über die schmale Straße, in die Parkers hochbeiniger Wagen eingebogen war.
„Weit kann’s nicht mehr sein“, meinte Richie, der den VW steuerte.
„Und dann wird abgesahnt“, freute sich Paul, der junge Killer mit den grünen Augen.
„Legen wir sie alle um?“ fragte Richie.
„Roots ist uninteressant“, stellte Paul fest, „der wird nicht mehr gebraucht.“
„Und Gardena?“
„Stört nur, sobald wir die Beute haben.“
„Ist auch meine Ansicht“, sagte Richie, „die Rohsteine können wir auch ohne ihn an den Mann bringen. Stop! Was ist das?“
Während er den Warnruf noch ausstieß, trat er voll auf das Bremspedal. Der VW schleuderte, wurde von ihm jedoch geschickt abgefangen und hielt dann vor der dünnen Nebelwand, die sich vor ihnen erhob. In diesem Nebel war eine quer auf der Straße liegende Gestalt zu erkennen, auf deren Kopf eine schwarze Melone saß. Neben diesem Mann lag ein altväterlich gebundener Regenschirm.
„Der Butler“, sagte Paul überrascht.
„Roots hat ihn umgelegt“, fügte Richie hinzu, klinkte die Wagentür auf, rannte dann – gefolgt von Paul – auf den am Boden liegenden Butler zu. Beide Killer beugten sich über das Opfer und … zuckten eine Sekunde später zusammen, faßten gleichzeitig nach ihrem Gesäß und hielten dann kleine, bunt gefiederte Blasrohrpfeile in Händen.
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