gerade in seinem schwäbischen Herzogtum systematisch weiter aus. So werden während seiner Regierungszeit zahlreiche weitere Städte gegründet, darunter Esslingen, Heilbronn, Biberach, Wangen, Lindau, Kaufbeuren, Schaffhausen, Nördlingen, Weil der Stadt, Leutkirch und Reutlingen. Wenn es später in keinem Teil Deutschlands auch nur annähernd so viele Freie Reichsstädte gibt wie im Südwesten, so ist dies im wesentlichen der staufischen Städtepolitik des 12. und 13. Jahrhunderts zu verdanken.
Klar erkennbar ist das Bestreben Friedrichs II., die Verbindungswege von Schwaben nach Italien zu sichern. 1241 erwirbt er deshalb die Grafschaft Allgäu, von wo aus der Fernpaß und der Reschenpaß nach Oberitalien führen, einige Jahre zuvor bereits die Talschaft Uri im Kerngebiet der späteren Schweiz und damit den Zugang zu dem damals eröffneten Gotthardpaß. Auch der Zusammenhang mit Burgund wird aufrechterhalten. Nachdem Hochburgund, die spätere Freigrafschaft, bereits 1189 reichsunmittelbares Territorium geworden ist, erhebt Friedrich II. auch das an der Rhônemündung gelegene Arles in den Rang einer Freien Reichsstadt.
Nach dem Tod des letzten Stauferkönigs Konrad IV. (1250–1254) macht König Alfons von Kastilien, Sohn einer Tochter König Philipps von Schwaben (1198–1208), Erbansprüche geltend, sowohl auf das Reich als auch auf das Herzogtum Schwaben; er kann sich aber nicht durchsetzen. Dagegen erreicht der blutjunge Konradin, der Sohn Konrads IV., beim schwäbischen Adel seine Anerkennung als Herzog. Auf diesen Rückhalt gestützt, versucht er vergeblich, das an das Haus Anjou verlorene Süditalien zurückzugewinnen, stirbt vielmehr im Alter von 16 Jahren durch Henkershand auf dem Marktplatz von Neapel. Damit endet die siebenhundertjährige Geschichte des Herzogtums Schwaben.
H. „Block in der deutschen Geschichte“ (Herzogtum Bayern)
Plötzlich, nach den ältesten, sehr unsicheren Quellen im Jahre 508, sind sie da: eine ethnische Gruppe unbekannter Herkunft und Zusammensetzung, die sich „Baiwari“ nennt. Es spricht einiges dafür, daß es sich um einen gemischten Verband handelt, der sich in Böhmen gebildet hat. Jedenfalls müssen sich die „Baiwari“ vor der Landnahme in der Nähe ostgermanischer Völker aufgehalten haben, da das Bayerische von allen westgermanischen Sprachen dem Ostgermanischen am nächsten steht. Die eigentliche Stammesbildung vollzieht sich erst nach der Einwanderung, vorzugsweise im Raum Regensburg – Ingolstadt – München, wo sich die Neuankömmlinge zu einem erheblichen Anteil mit Alemannen und in ebenfalls beträchtlichem Ausmaß mit Römern, genauer mit romanisierten Kelten, mischen. Auf diese Weise konstituiert sich – zunächst im Bereich der mittleren Donau und im Alpenvorland – eine eigenständige, zukunftsträchtige ethnische Großgruppe, die das historische Geschehen im südlichen Mitteleuropa und darüber hinaus bis heute entscheidend bestimmt hat. Bayern liegt nicht nur „seit 1500 Jahren wie ein Block in der deutschen Geschichte“ (Stadtmüller); der östliche Teil des Stammesgebietes, Österreich, hat darüber hinaus europa- und weltgeschichtliche Bedeutung gewonnen.
Der „Tassilo-Kelch“ (um 768–788)
Bis zum Jahre 1156, also fast 650 Jahre lang, besteht ein gesamtbayrischer Stammesstaat mit der Hauptstadt Regensburg, wo die Herzöge aus dem Haus der Agilolfinger (bis 788) an der „Porta Praetoria“ der Römerstadt „Castra Regina“ ihre Pfalz errichten; noch im 10. Jahrhundert weist die Stadt, die bei der bayrischen Landnahme weder umkämpft noch zerstört wurde, ein römisches Erscheinungsbild auf. Straßenzüge und Gebäude, Handwerks- und Landwirtschaftstechniken bleiben erhalten.
Der bayerische Landeshistoriker Benno Hubensteiner charakterisiert die frühen Bayern wie folgt: „Ein Bauernvolk, gutmütig und jähzornig, sinnenfroh und aufwenderisch, eigensinnig und beharrend wie noch heute.“ In der Tat: Manche der für den Stamm charakteristischen Merkmale treten schon in der Frühzeit und dann im Laufe der bayerischen Geschichte immer wieder in Erscheinung. Sinnenfreude, Realismus und Beharrungsvermögen gehören bis zum heutigen Tag dazu, aber auch Sinn für Natur, Kunst und Religion. Die bis heute weniger positiv in Erscheinung tretenden Stammeseigentümlichkeiten sind ebenfalls bereits früh nachweisbar, die Neigung zum „Rankeln und Raufen“ (Hubensteiner) beispielsweise oder die für Außenstehende manchmal etwas irritierende „Mir-san-Mir“-Mentalität.
Im Laufe des 6. und 7. Jahrhunderts breitet sich der Bayernstamm von den Ausgangsgebieten an der mittleren Donau in alle Himmelsrichtungen aus. Im Westen stößt er auf die Alemannen, und zwar am Lech, der noch heute eine ausgeprägte Sprach- und Mentalitätsgrenze darstellt. Nach Norden hin werden über die Flüsse Vils und Naab die Oberpfalz und der bayerische Nordgau erschlossen. Im Süden dringen die Bayern auf den Alpenhauptkamm vor, den sie stellenweise überschreiten; bereits zu Beginn des 7. Jahrhunderts erreichen sie die Salurner Klause, die seither die Sprachgrenze darstellt. Im Osten folgt die Siedlung dem Donaustrom, kommt für einige Zeit an der Enns zum Stehen, erfaßt dann aber auch Niederösterreich, Kärnten und die Steiermark. Nach schweren Rückschlägen durch die Ungarn, die in den Jahrzehnten um 900 ihre bayerischen Nachbarn in besonderer Weise bedrohen, erreicht die Siedlungsgrenze nach deren Niederlage in der Lechfeld-Schlacht schließlich den Leithafluß und das Leithagebirge, die historische Grenze zwischen Österreich und Ungarn. Im Zusammenhang mit dieser Siedlungsexpansion errichten die Bayern den größten Stammesstaat der deutschen Geschichte, der „von der Eger bis zu Etsch, vom Lech bis zur Leitha“ reicht.
Von Anfang an gewinnt der Stamm überregionale Bedeutung. Fränkische und iro-schottische Mönche und Missionare stellen die Verbindung zum Westen her, Bonifatius schafft die organisatorischen Grundlagen der bayerischen Landeskirche, die ihrerseits früh die Mission bei den ungarischen und slawischen Nachbarn aufnimmt. Als der politische Einfluß des Frankenreichs immer stärker wird, versuchen die Agilolfinger-Herzöge, Rückhalt bei dem ebenfalls durch die Franken gefährdeten Langobardenreich zu gewinnen; es kommt zu politischen und verwandtschaftlichen Verbindungen mit Italien, im Zusammenhang mit der Bistumsorganisation auch zu Kontakten mit dem Heiligen Stuhl.
788 wird Herzog Tassilo, dessen Regierung eine Glanzzeit in der Geschichte Bayerns darstellt, von Karl dem Großen abgesetzt und mitsamt seiner Gemahlin und seinen Kindern in ein Kloster gebracht. Obwohl die Einverleibung in den fränkischen Großstaat zunächst als Katastrophe empfunden wird, nimmt die Bedeutung Bayerns dadurch nicht ab, sondern zu. Bereits der Sohn Karls des Großen, Ludwig der Fromme (813–843), begründet ein bayerisches Unterkönigtum innerhalb der Karolingerdynastie, und dessen Sohn, Ludwig der Deutsche (843–876), der zusammen mit seinen Brüdern 843 die Reichsteilung von Verdun vornimmt, macht Bayern zum Kernland des nunmehrigen ostfränkischen Reiches. Ludwig regiert von Regensburg aus, das er sich bereits in jungen Jahren als Residenz erwählt hat, aber anders als die Agilolfinger ist er nicht nur Herrscher im Stammesstaat, sondern König des ostfränkischen Reiches.
Die Vorrangstellung Bayerns bleibt in der Folgezeit erhalten: Auch die Nachfolger Ludwigs, Karlmann (876–880) und Arnulf von Kärnten, der auf massiven bayerischen Druck hin auf den Schild gehoben wird und dem die versammelten Vertreter der deutschen Stämme in Regensburg huldigen, fühlen sich ganz als Bayern. Als unehelicher Sohn Karlmanns ist Arnulf mütterlicherseits mit führenden bayerischen Adelsfamilien verwandt und ist seiner Heimat ungeachtet seiner reichsweiten Wirksamkeit zeitlebens eng verbunden geblieben.
Was Karl der Große nicht ahnen konnte, wird knapp hundert Jahre nach seinem Tod Wirklichkeit: die Errichtung eines neuen bayerischen Stammesstaats, der in der deutschen und europäischen Geschichte eine große Rolle spielen sollte. Die neue Herzogsdynastie, die Luitpoldinger, ist wie die Agilolfinger einheimischer Herkunft; sie geht auf den im Abwehrkampf gegen die Ungarn bewährten Markgrafen Luitpold zurück. Als dieser in der für Bayern verheerenden Schlacht von Preßburg (907) fällt, die den Stammesstaat das gesamte Neusiedelland östlich der Enns kostet, erneuert sein Sohn Arnulf die bayerische Herzogswürde; er urkundet als „Arnulf, durch Gottes Vorsehung Herzog der Bayern und der angrenzenden Gebiete“.
Daß es sich bei dieser Wendung keineswegs um eine bloße Floskel handelt, macht er sogleich durch seine Außenpolitik deutlich, die nicht nur Ungarn, sondern auch Böhmen und Norditalien im Auge hat. Erstmals greift die damalige