Ingo Rose

Augen, die im Dunkeln leuchten


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nicht wie in London oder Melbourne, doch Sie werden hier alles finden, was Sie benötigen.“ Nun hielt Helena nichts mehr in Sandford. Sie kündigte bei Henderson und besorgte sich ein Zugticket, das sie sich aufgrund der guten Verkäufe ihrer Creme leisten konnte. „Es war mir schon ein wenig mulmig zumute, einfach so die Gastfreundschaft der Lady in Anspruch zu nehmen. Aber ich dachte mir: Vielleicht kann ich auch etwas für sie tun und ihren Kindern Deutschunterricht geben.“ Sandford war nur zwanzig Kilometer von Coleraine entfernt, Brisbane aber war fast zweitausend Kilometer weit weg. Helena begab sich also wieder einmal auf eine lange Reise. Nachdem sie sich von Henderson verabschiedet hatte – der vermisste schon jetzt seine alerte Angestellte –, benötigte sie eine gute Woche für die Reise in die ehemalige Strafkolonie und Hauptstadt Queenslands. Sie freute sich auf die Großstadt, womöglich gab es dort sogar die von ihr so vermisste Krakauer Wurst.

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      Brisbane ist eine moderne Stadt, mit einer Kathedrale und einer elektrischen Tram; sie wird immer wieder überflutet, und jedes Mal baut man die Häuser an den Ufern des Brisbane River neu auf, Helena ist begeistert. Ihre Gastgeber genauso von ihr, sie wollen alles über sie wissen. Miss Rubinstein hält sich bedeckt, getreu ihrer Devise Nichts sagen, nicht klagen. Sie ist beeindruckt und auch ein wenig eingeschüchtert vom Wohlstand der Leute in Brisbane, viele tragen die neueste Mode aus London. Da kann sie mit ihren inzwischen verschlissenen Kleidern nicht mithalten. Sie erzählt, ihr Onkel sei ein Großgrundbesitzer und sie hätte seinen Bruder heiraten sollen. Von der Ödnis, der Langeweile, der Einsamkeit und der schweren Arbeit in Hendersons Apotheke erzählt sie nichts. Doch sie braucht eine Anstellung für ihren Unterhalt, das gibt sie zu. Die Gastgeber fragen nicht groß nach, und sie können der allein reisenden Frau aus dem fernen Europa weiterhelfen. Die Gemahlin des Gouverneurs von Queensland, Baronesse Lamington, sucht eine Assistentin für ihr Kindermädchen. Die beiden Kleinen leben allerdings in der gut hundert Kilometer entfernten Gartenstadt Toowoomba, da müsste Helena schon hinziehen. „Würde Ihnen das gefallen?“ Helena sagt sofort ja, auch wenn dieser Job nicht dem entspricht, was sie sich eigentlich vorgestellt hat. Das hochherrschaftliche Anwesen in Toowoomba ist der Mittelpunkt großer Abendveranstaltungen und Gartenpartys. Bereits nach wenigen Wochen wird Helena aufgrund ihrer Neugier und Lebendigkeit vom Kindermädchen zur Konversationsdame befördert. Lady Lamington macht ihre Angestellte mit Freunden aus der Kunstszene bekannt. Helena lernt die Gepflogenheiten und Vorlieben der englischen Aristokratie kennen. Sie beobachtet und speichert sorgfältig alles im Gedächtnis, was sie erlebt. Schließlich ist das die Welt, zu der sie aufschließen möchte. Sie lernt, wie man sich bei Tisch benimmt, wie man ein Fischbesteck benutzt, welcher Wein zu welchem Gang passt und welche Künstler gerade Aufsehen erregen. Sie lächelt geduldig, wenn die Gentlemen von der Jagd berichten und die Ladys den letzten Klatsch durchhecheln. Im Haus gibt es eine große Bibliothek, darunter viele Abhandlungen über Botanik und medizinische Kräuter, denn die Flora der Gegend ist überaus reichhaltig. Helena beginnt allerlei Pflanzen zu sammeln und zu trocknen, von denen manche als notwendige Beimengungen guter Cremes gelten. Sie lernt, dass Kosmetik in der Antike als Kunst angesehen wurde, das Wort stamme angeblich vom griechischen Kosmos, was soviel wie All und Ordnung meint. Eine andere Herleitung favorisiert die Bezeichnung Kemet, wie die schwarze Erde an den Ufern des Nils genannt wurde. Plato verachtete Kosmetika, da sie seiner Ansicht nach eine unnatürliche Schönheit vorgaukelten – echte Schönheit könne nur durch Leibesübungen erlangt werden. Die Frauen der antiken Oberschicht badeten dereinst in Ölen, die mit Bittermandeln, Kardamom und Ingwer versetzt waren, es gab Kompressen mit Lehm, Stärke, Honig und Eselsmilch. Die Haut wurde mit Blei behandelt, damit sie blass wie Marmor schien. Helena wird nicht müde, ihre Entdeckungen in einer besonderen Kladde zu notieren, so zum Beispiel Madame Pompadours Rezept für eine erfrischende Gesichtsmaske, das Helena in einem Band aus der Lamington-Bibliothek entdeckt: Wiesenkerbel-Elixier, vermengt mit Honig und Sahne.

      Sie ist gerade ein Jahr bei den Lamingtons, als sich 1901 die unabhängigen Kolonien zum Australischen Bund formieren und Queen Victoria stirbt. Die Familie Lamington siedelt nun ganz nach Brisbane um und dann weiter nach Bombay. Das ist nicht die Weltgegend, in die es Helena zieht, also heißt es erneut Abschied nehmen. Was ihr jedoch nicht ganz so schwer fällt, da sie sich nie als – wenngleich sehr privilegierte – Hausangestellte gesehen hat. Das Jahr in der Gartenstadt hat ihr einen Schatz an Kontakten und Wissen verschafft, außerdem hat sie ein wenig Geld gespart. Nun gilt es, den Australierinnen zu zeigen, wie sie wahre Schönheit erlangen. Wo böte sich eine bessere Gelegenheit dazu als in der Hauptstadt des neu errichteten Commonwealth of Australia – in Melbourne!

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