im Sinne von Vulnerabilität und konstitutioneller Resilienz und als biologische Basis der Trieb-, Affekt-, kognitiven und Bindungsentwicklung spielt in der Ätiologie eine wesentliche Rolle. Durch Zwillingsuntersuchungen105 ist außerdem eine genetische Disposition für einzelne psychogene Störungen nachgewiesen worden. Sie ist bei den verschiedenen Störungen unterschiedlich stark ausgeprägt: Bei Persönlichkeitsstörungen ist sie am stärksten, bei somatoformen Störungen am geringsten, während die psychischen Störungen eine Mittelstellung einnehmen.
Zunehmend finden unter der Perspektive der Salutogenese106 auch die psychosozialen Schutzfaktoren bei der Betrachtung psychogener Störungen Beachtung (
Ätiopathogenetische Gruppen
Wie schon erwähnt, lassen sich die psychogenen Störungen unter dem Gesichtspunkt der Ätiopathogenese in vier Hauptgruppen unterteilen (
Hauptgruppen der psychogenen Störungen
• Reaktive Störungen (Nicht-neurotische Pathologie)
– Belastungsstörungen
– einschl. leichtere posttraumatische Störungen
– Psychosiziale und somatopsychische Anpassungsstörungen
• Posttraumatische Störungen (Traumapathologie)
– durch Entwicklungstraumatisierung im Kindesalter mit Dekompensation im späteren Alter
– durch Schocktraumatisierung im Entwicklungsalter oder nach Abschluss der Entwicklung
• Neurotische Störungen ( Neurosenpathologie)
– Strukturstörungen bei Entwicklungspathologie
– Konfliktstörungen bei Konfliktpathologie
– Gemischte Störungen bei präödipaler neurotischer Pathologie
• Psychosomatosen
Reaktive Störungen (Belastungsreaktionen und Anpassungsstörungen) (
Reaktive Störungen sind psychische und psychosomatische Reaktionen auf übermäßigen Stress. Sie entstehen ohne besondere Disposition. Es handelt sich um Reaktionen auf andauernde oder schwerwiegende seelische und psychosoziale Belastungen. Ihre Ursache ist eine Überforderung der Verarbeitungskapazität. Weitere Dispositionen, insbesondere neurotische Persönlichkeitsentwicklungen, können die Bereitschaft zu reaktiven Störungen fördern und den Verlauf mitbestimmen. Sie sind aber nicht maßgeblich für die Krankheitsentstehung und haben, wenn überhaupt, nur eine nachrangige Bedeutung.
• Bei akuten Belastungen durch Überforderung, Stress und belastende Ereignisse spricht man von einer Belastungsreaktion. Hier ist die Abgrenzung zu posttraumatischen Belastungsstörungen als Folge von Schocktraumata bisweilen schwierig. Der Unterschied liegt in der Intensität der Belastungen. Entscheidend ist, ob typische posttraumatische Symptome (
• Reaktionen auf anhaltende oder mehrfache Belastungen werden als Anpassungsstörungen bezeichnet. Hierzu gehören psychosoziale Anpassungsstörungen bei chronischen psychosozialen Problemen, z. B. im Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit oder Migration, und somatopsychische Anpassungsstörungen, die durch Belastungen infolge körperlicher Krankheiten und Behinderungen entstehen. Die Abgrenzung zwischen Anpassungsstörungen und neurotischen Störungen ist nicht immer einfach. In der Praxis zeigt sich, dass Anpassungsstörungen zur Chronifizierung neigen und ihrerseits als Auslöser für neurotische Störungen wirksam werden können.
Posttraumatische Störungen (
Posttraumatische Störungen finden immer stärkere Beachtung. Sie beruhen auf Lebensereignissen, die einen Zustand extremer Hilflosigkeit und Verzweiflung hervorrufen und die Bewältigungsmöglichkeiten völlig überfordern. Traumatisierungen kommen in verschiedenen Abschnitten des Lebens vor. Man unterscheidet zwischen Schocktraumata und Entwicklungstraumata.
Die »typischen« posttraumatischen Störungen beruhen auf Schocktraumatisierungen nach Abschluss der psychischen Entwicklung und zeigen die in Kapitel 7 beschriebenen Merkmale. Es gibt sehr unterschiedliche Arten von Schocktraumata: von Naturkatastrophen über Kriegserlebnisse bis hin zu Gewalterfahrungen u. v. m.
Posttraumatische Störungen im Überblick
• Akute Traumareaktion
• Anhaltende Traumafolgen
– Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD)
– Posttraumnatische Persönlichkeitsstörung
– Komplexe posttraumatische Belastungsstörungen (K-PTSD)
Klinisch (
Die zunehmende Beachtung posttraumatischer Störungen hat bewirkt, dass anhaltende und wiederholte schwere Beeinträchtigungen in den prägenden Entwicklungsphasen der Kindheit als traumatische Einwirkungen auf die Persönlichkeitsbildung stärker berücksichtigt werden. Dem trägt das Konzept der Entwicklungstraumatisierung Rechnung. Es beschreibt eine Entwicklungstraumastörung (ETS)107 im Kindes- und Jugendalter, verweist aber auch darauf, dass viele Persönlichkeitsstörungen im Erwachsenenalter bei genauerer Analyse auf Entwicklungstraumatisierungen wie anhaltende Vernachlässigung, Gewalterfahrung oder sexuellen Missbrauch in der Kindheit zurückzuführen sind.