Madeleine Puljic

Mission SOL 2020 Paket (1 bis 12)


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sein Flugtempo zu erhöhen.

      Was ihm jedoch wenig nutzen würde, wenn er den Raumhafen erreichte und keine Möglichkeit hatte, dort ein Raumschiff zu kapern. Verdammt!

      Rhodan wollte die Lösung dieses Problems auf später verschieben, als ein leises Piepsen an seinem Arm ihn zusammenfahren ließ. Das Piepsen wiederholte sich, immer wieder, so schnell, dass es zu einem einzelnen Ton anschwoll. Ein Geräusch, das Rhodan nur allzu gut kannte.

      Sein Komarmband war wieder aktiv ... und sämtliche Nachrichten der SOL, die ihn in der Abschirmung des Adytons nicht erreicht hatten, trudelten nun ein.

      Hastig unterbrach er den Vorgang. Er brauchte seine Konzentration.

      Ein Thermostrahl traf den Gleiter. Auf der Anzeigetafel vor Rhodan leuchtete ein roter Balken auf, der signalisierte, dass der Schutzschirm bald an seine Grenzen gelangen würde. Rhodan steuerte das Fahrzeug abwärts, pflügte auf Bodenniveau durch die Menge.

      Hinter ihm tauchten vier Gleiter der Zitadelle auf, und sie taten ihr Bestes, um ihn einzuholen.

      Abrupt riss er die Lenkung herum, flog in eine enge Seitengasse und stieg zur Orientierung kurz in die Höhe. Über den Dächern der Stadt entdeckte er das Gebilde, das ihn an einen Termitenhügel erinnert hatte. Er tauchte in die nächste Gasse ab, ehe BARILS Wachen zu ihm aufholten. Mit etwas Glück würde er sie abhängen können. Wenigstens lange genug, bis er den Raumhafen erreichte.

      Wie aus dem Nichts traf ein neuer Schuss seinen Gleiter. Rhodan biss die Zähne zusammen, bremste abrupt ab und ließ sich nach unten fallen, bis er beinahe auf der Straße aufschlug. Seine Verfolger zischten über ihn hinweg. Rhodan vergeudete keine Energie des Gleiters damit, auf Fahrzeuge zu schießen, denen er ohnehin nichts anhaben konnte. Stattdessen bog er einmal mehr ab und verschwand erneut im Straßengewirr der Stadt.

      Die Verfolger zeigten sich nicht sofort wieder. Er konnte sich denken, warum: Sie bereiten einen Hinterhalt vor. Es gab nicht viele Ziele, die ein Gefangener von einer fremden Welt anstreben konnte. Sein eigenes Raumschiff im Orbit konnte ihm schließlich nicht helfen, solange es an Bord von A-Kuatonds Robotern nur so wimmelte.

      Seine Gegner mussten davon ausgehen, dass er zum Raumhafen wollte. Dort oder auf dem Weg dorthin würden sie ihn abfangen wollen. Rhodan bewegte sich weiter in die Richtung des Sternenschiff-Landefelds und somit auf den mutmaßlichen Hinterhalt zu, denn wahrscheinlich funkte der Gleiter fleißig seine Position an die Zitadelle. Wenn Rhodan stattdessen die Sehenswürdigkeiten der Stadt abflog oder Warteschleifen drehte, mochten die Ritter sich denken, dass er auf ganz andere Weise fliehen wollte als mit einem gekaperten Raumfahrzeug.

      Lange hatte der Luxus des unbegleiteten Flugs nicht gewährt. Wieder zeigte das Rückholo Wachgleiter, die hinter ihm her waren. Er reaktivierte sein Komarmband und nahm Kontakt zur SOL auf.

      »Perry?«, hörte er Tess Qumishas Stimme. »Wir dachten schon, die hätten dich ...«

      »Mir geht es gut!«, unterbrach er sie. »Ich brauche ein Beiboot. Klein, schnell, mit offenem Hangartor.«

      »Okay.« Sie stockte kurz, vermutlich gab sie den Befehl gleich weiter. »Was ist los? Brauchst du Hilfe?«

      »Ein Beiboot reicht, danke.«

      »Perry ...«

      »Ach, und Tess – unsere Gäste auf der SOL ... Was auch immer du ihretwegen unternehmen wolltest – tu es. Jetzt!«

      Die nächste Minute entschied. Solange er durch die Gassen kurvte, hatten die Verfolger keine freie Schussbahn. Und so lange würde sein Schutzschirm hoffentlich durchhalten.

      Früher als gehofft, wurden die Gassen breiter, ließ der Verkehr nach. Er erreichte den Rand der Stadt. Rhodan sah nach oben, und sein Mut sank, als er nur freien Himmel erblickte.

      Dann endlich erspähte er es. Das kugelförmige, golden schimmernde Beiboot. Ein winzig kleiner Punkt in der Ferne.

      Er zog hoch. Die letzten Gebäude blieben unter ihm zurück. Sofort begann der Beschuss von Neuem, diesmal von allen Seiten. BARILS Wachen hatten ihm aufgelauert. Rhodan biss die Zähne zusammen und umklammerte den Lenkhebel des Gleiters. Das Gefährt ruckelte und bebte, die Schutzschirmbelastung stieg auf neunzig, dann auf hundertdrei Prozent. Noch dreitausend Meter trennten ihn von dem Beiboot der SOL.

      »Komm schon ...«

      Noch tausend Meter. Das Beiboot stoppte den Sinkflug. Das Außenschott seines Frachthangars glitt auf. Na endlich.

      Ein weiterer Alarm begann zu piepen. Der Gleiter erreichte seine Maximalflughöhe. Nur noch zweihundert Meter ...

      Rhodans Verfolger blieben hinter ihm zurück. Er hatte es fast geschafft. Nur noch achtzig Meter! Ein letzter Schuss traf seinen Gleiter. Der Abwehrschirm kollabierte. Rauch stieg aus dem Heck des Gefährts. Drei verschiedene Alarmtöne vereinten sich zu einer tinnitusartigen Kakofonie, aber Perry Rhodan flog in den Hangar ein.

      Für einen Augenblick atmete er auf. Im nächsten betätigte er die Bremse und begriff, was genau der dritte Alarmton bedeutet hatte.

      Der Gleiter krachte ungebremst in die Wand des Frachthangars.

      15.

      SOL, Kepraunsystem

      »Unsere Gäste auf der SOL? Was auch immer du ihretwegen unternehmen wolltest – tu es. Jetzt!«

      Tess Qumisha nickte. Das war eine Anweisung, der sie nur zu gern nachkam. Und es war das erste Mal, dass sie ihre Befehlsgewalt über das Hantelraumschiff voll und ganz auskosten konnte. Früher hätte sie den Plan der Kommandantin vorstellen und haarklein belegen müssen, dass dabei wirklich keine Gefahr bestand. Als Hyperphysikerin hatte sie das Wissen, um ihn vorzubereiten – als Kommandantin das Recht, ihn umzusetzen.

      Sie schwang in ihrem Sitz herum, bis sie direkten Blick auf A-Kuatonds Kampfroboter hatte, der als stumme und manchmal leider auch redselige Drohung die Zentrale der SOL unter Kontrolle hielt.

      »Hey, Blechbüchse«, sagte sie. »Warum ist BARIL toll?«

      »BARIL ist Gerechtigkeit«, begann der Roboter. »BARIL ist deine Stütze, wenn du steigst, und dein Netz, wenn du ...«

      Qumisha fixierte das schwarze Augenband der zentrifaalähnlichen Maschine. »SENECA, jetzt!«

      Der Roboter verstummte.

      So viel konnte in einem winzigen Moment geschehen, wenn man gut vorbereitet war.

      Zum Beispiel konnte SENECA Kontakt zu sämtlichen, ausnahmslos sämtlichen positronischen Geräten an Bord der SOL aufnehmen, inklusive aller Beiboote. Er konnte sie außer Betrieb setzen, nur für eine Tausendstelsekunde. Sich selbst eingeschlossen – etwas, das er Qumisha sicher noch lange Zeit vorhalten würde. Aber dieses Opfer war es wert.

      In dieser Tausendstelsekunde, in der keine Positronik auf der SOL aktiv war, konnten auf mehreren Maschinendecks eine ganze Kette leicht modifizierter Paratrongeneratoren hochfahren. Alte Generatoren aus Zeiten vor der universumsweiten Erhöhung der Hyperimpedanz – ein Ballast, den man von Bord nie entfernt hatte, was sich nun als Segen erwies. Unter den neuen hyperphysikalischen Bedingungen waren diese Geräte nicht funktionsfähig. Sie brannten im Moment ihrer Aktivierung durch, in der entscheidenden Tausendstelsekunde. Sie quittierten den Dienst unter Protest mit einem Ausstoß hyperenergetischer Strahlung, die sich durch Resonanz zu einem Hyperenergieschwall aufschaukelte.

      Dieser überlud in weitem Umkreis exakt jenes Frequenzband, das A-Kuatonds Roboter zur internen Kommunikation verwendeten und das Qumisha mit dem feinen Sensorium ihres hyperphysikalischen Labors vorab ermittelt hatte.

      Was der elektromagnetische Impuls für klassische Lowtech war, war der Hyperschwall für höherwertige Technik. Es brauchte nur eine Tausendstelsekunde, um die internen Funkempfänger sämtlicher Zentrifaalroboter an Bord zu überladen und explodieren zu lassen wie ein Komarmband im Magnetresonanztomografen.

      Und nach dieser Tausendstelsekunde konnten alle Positroniken wieder starten, als wäre nichts gewesen.

      »Da