brauchen Ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen«, sagte Irene. »Danke, daß Sie gleich gekommen sind, und sagen Sie Ihrer Frau liebe Grüße, und sie möge die Störung verzeihen.«
Als er heimkam, gab es noch viel zu erzählen. Isabel war allerdings sehr nachdenklich.
»Ich werde mich auch um Alice Valborg kümmern«, versprach sie.
»War sie eigentlich nie verheiratet?« fragte Daniel.
»Es wurde mal gemunkelt, aber das muß gewesen sein, bevor sie berühmt wurde, aber ihr Privatleben wurde wenig bekannt, und kaum jemand weiß, daß sie die Schwester von Rex Borg ist. Ich weiß nicht, ob er überhaupt noch lebt.«
»Es scheint so. Frau Hanson hat angedeutet, daß sie sich seinetwegen aufgeregt hat. Kanntest du ihn persönlich?«
Isabel schüttelte den Kopf. »Als er seine Blütezeit hatte, war ich eine blutige Anfängerin. Ich darf dich doch erinnern, daß ich erst vierzig bin, Daniel?« fragte sie schelmisch.
»Und siehst aus wie dreißig«, sagte er.
»Ist er nicht lieb, Fee? Er macht einer alten Freundin Komplimente«, lachte Isabel.
»Auf die alte Freundin war ich mal sehr eifersüchtig«, gab Fee lächelnd zurück.
»Und ich auf die liebe Fee, die für meinen Jürgen die Traumfrau war!«
»Jetzt werden wieder olle Kamellen auf’s Trapez gebracht«, brummte Daniel. »Trinken wir lieber noch einen guten Schluck, und dann ab in die Falle.«
Da gab es keinen Widerspruch. Müde waren sie alle.
*
Als Simone am nächsten Morgen erwachte, werkelte ihre Mutter schon in der Küche. Schnell war sie auf den Beinen und eilte zu ihr.
»Muß das sein, Mutsch?« fragte sie noch ein bißchen verschlafen »Du sollst dich schonen.«
»Ich habe jetzt viel Zeit dazu, mein Kind«, erwiderte Hedi. »Außerdem fühle ich mich bedeutend besser.«
»Das freut mich, aber es bleibt dabei, daß du fährst, basta«, sagte Simone.
»Ich freue mich ja sogar«, sagte Hedi »Aber ich möchte doch noch gemütlich mit dir frühstücken.«
»Wir haben viel Zeit. Ich muß erst halb elf Uhr aus dem Haus.«
»Ihr habt jetzt eine etwas komische Diensteinteilung«, wunderte sich He-di.
»Ist doch gut, Mutti. So wird dann manchmal ein freier Tag herausspringen.«
»Vermißt du nicht doch den Kontakt zu Menschen?« fragte Hedi später gedankenvoll
»Nein, gar nicht. Vorerst bin ich restlos zufrieden, und wenn sich mal was anderes bietet, werde ich das kritisch prüfen. Das kommt nur in Frage, wenn ich mich auf die Dauer sehr verbessere.«
»Und ans Privatleben denkst du gar nicht?«
»Das habe ich doch mit dir«, erwiderte Simone lächelnd.
»Ich möchte nicht schuld sein, wenn du auf alles verzichtest, Simone«, sagte Hedi leise.
»Was du immer denkst! Ich bin doch noch so jung, Mutsch. Mir ist noch kein Mann über den Weg gelaufen, mit dem ich gern das Leben verbringen würde, ausgenommen Dr. Norden, und der ist verheiratet.«
»Du würdest dich doch nicht mit einem verheirateten Mann einlassen, Simone«, sagte Hedi hastig.
»Wir wollen es mal so sagen: Ich würde nie ein Glück auf dem Unglück eines anderen Menschen aufbauen wollen, aber manche Ehen sind zum Scheitern verdammt, und wer will vorher sagen, ob man an den genau richtigen Mann gerät. Ich sehe das wirklich ganz nüchtern, und deshalb bin ich auch nicht wild darauf, früh zu heiraten. Und wenn ich mal den Wunsch verspüre, ein Kind haben zu wollen, muß ich doch den Vater nicht unbedingt heiraten. Sind wir zwei nicht ein Beweis, daß es auch ohne Mann gutgehen kann?«
»Es würde mir leid tun, wenn ich dir ein schlechtes Beispiel gegeben hätte, Simone«, sagte Hedi leise
»Aber ich bitte dich, du hast mir das beste Beispiel gegeben, wie großartig sich eine Mutter verhalten kann. Dennoch muß ich sagen, daß gerade du den besten Mann verdient hättest.« Sie ergriff Hedis Hand. »Werde jetzt bloß nicht sentimental, Mutsch. Immerhin bist du auch noch jung genug, um vielleicht doch einem Mann zu begegnen, der deine Qualitäten zu schätzen weiß.«
»Jetzt hör aber auf«, widersprach Hedi heftig.
»Man kann doch auch darüber reden«, meinte Simone. »Es gibt auch anständige Männer.«
»Dieses Kapitel ist für mich erledigt.«
»Streiten will ich darüber nicht, Mutsch«, sagte Simone. »Aber zwei erwachsene Frauen können sich auch darüber vernünftig unterhalten.«
Und so verging die Zeit. – Simone mußte sich in aller Eile ankleiden, um rechtzeitig bei Rolf Hanson zu sein. Doch der Weg war wirklich nicht weit, obgleich sie das abgelegene Villenviertel noch nie aufgesucht hatte. Dabei standen dort die schönsten Häuser, die sie je gesehen hatte.
Scheu ging Simone auf das Haus zu, aber diese Scheu schwand sofort, als Irene Hanson sie lächelnd empfing. Nun war sie ganz beruhigt.
Victoria war auch schon zur Stelle, von brennender Neugier getrieben.
»Unsere Tochter Vicky«, stellte Irene vor.
»Freut mich sehr, Sie kennenzulernen«, sagte Vicky. »Vielleicht sehen wir uns noch öfter. Komisch, daß man in einer Gegend wohnt und sich doch noch nie getroffen hat.«
Irene war recht zufrieden mit ihrer Tochter, die sich dann auch gleich zurückzog.
Rolf Hanson hatte eben noch telefoniert. Im sportlichen Pullover wirkte er noch jünger. Doch Simone hatte schon festgestellt, daß auch seine Frau sehr jugendlich geblieben war und dennoch mütterliche Güte ausstrahlte, was sie besonders anziehend machte.
»Vicky kümmert sich um Frau Valborg. Sie ist Gast in unserm Haus«, erklärte Irene. »Sie ist derzeit in einem recht desolaten Zustand und kann nicht an unserer Unterhaltung teilnehmen.«
»Ist sie ernsthaft erkrankt?« fragte Simone bestürzt. »Es würde mir sehr leid tun.«
»Sie haben sie auf der Bühne gesehen oder im Film?« fragte Rolf.
»Ja, mehrmals. – Eine großartige Schauspielerin.«
»Dann könnten Sie sich in ihre Mentalität hineindenken?« fragte Rolf.
„Das weiß ich nicht. Ich kann es versuchen«, erwiderte Simone zurückhaltend.
»Sie nehmen mein Angebot an?« fragte Rolf.
»Ich willige ein. Es muß sich herausstellen, ob ich Ihre Hoffnungen erfüllen kann«, erwiderte Simone. »Es trifft sich wirklich sehr gut, daß meine Mutter gerade zur Kur fährt.«
»Ja, ich weiß, zur Insel der Hoffnung«, sagte Rolf. »Frau Valborg wird auch dorthin fahren und ebenfalls mit Frau Schoeller.«
Simone war erschrocken. »Das könnte Schwierigkeiten geben«, sagte sie überstürzt. »Ich habe meiner Mutter nichts von Ihrem Angebot erzählt, und sie hat aus unerfindlichen Gründen etwas dagegen, daß ich etwas tue, was mit der Schauspielerei in Zusammenhang steht.«
»War sie selbst Schauspielerin?« fragte Irene.
»Nein, sie ist Graphikerin. Ich kann mir nur erklären, daß sie selbst mal den Wunschtraum hegte und ihr der Erfolg versagt blieb.«
»Hatten Sie auch diesen Wunschtraum?« fragte Rolf vorsichtig.
»Ich habe ihn längst aufgegeben. Nein, Schauspielerin möchte ich nicht sein, aber wenn man synchronisiert, bleibt man ja anonym.« Sie sah ihn forschend an. »Das wird doch so sein?«
»Ich müßte es sogar zur Bedingung machen, um Frau Valborg nicht zu