Patricia Vandenberg

Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 1 – Arztroman


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es auch in Tablettenform einnehmen. Ich will meine kleine Schwester nicht verdächtigen, aber wer weiß, in welche Gesellschaft sie geraten ist. Da kommt man oft ganz schnell auf den falschen Weg.«

      »Nein, nicht Kim, sie war verängstigt, das ist mir jetzt klar. Es war Selbstschutz, daß sie so verschlossen war. Sie konnte vielleicht die Hintergründe und Zusammenhänge nicht ganz klären und befand sich in einem Schockzustand. Ja, es muß ein gewaltiger Schock gewesen sein, als sie das entdeckte. Sie wußte, welche Probleme sie bekommen könnte. Sie wird ständig überlegt haben, was sie machen soll, aber sicher war sie sich auch klar darüber, daß irgend jemand diesen Fisch an sich bringen würde. So hat sie ihn in den Trockner gelegt in der Hoffnung, daß man ihn dort nicht suchen würde. Eigentlich ist es ja ein Dekorationsstück, das man irgendwohin stellt. Vielleicht gefiel er ihr so gut, daß sie ihn für sich haben wollte und das hat ein anderer ausgenützt.«

      »Warum schreibst du keine Krimis, Jan? Auf solche Ideen wäre ich nicht gekommen.«

      »Ich habe mal einen Krimi gesehen, da war Kokain in Puppen versteckt und wurde so von China ins Ausland geschmuggelt. Das ist mir in den Sinn gekommen. Vielleicht war Kim nicht die Einzige, die so eine Figur erworben hat oder geschenkt bekam. Wieviel mag der Inhalt wert sein?«

      »Mindestens eine sechsstellige Summe.« Constantin starrte vor sich hin. »Es klingt plausibel, was du gesagt hast. Kim könnte in eine gewaltige Klemme geraten, wenn der Stoff bei ihr entdeckt wird. Oder sie schwebt jetzt in Lebensgefahr.«

      »Bei meiner Mutter hat ein Mann angerufen und gefragt, ob Kim bei mir ist. Also muß er doch wohl von unserer Beziehung wissen.«

      »Und er weiß, daß sie nicht hier im Haus ist. Das ist doch alles kein Zufall mehr.«

      »Ich mache mir Sorgen um Kim. Es darf nicht publik werden, daß sie in der Behnisch-Klinik liegt. Ich werde heute noch mit Dr. Norden sprechen, wie man sie schützen kann.«

      Constantin maß ihn mit einem langen Blick.

      »Du bist wirklich ein ehrlicher Freund«, stellte er fest, »so was ist selten. Aber jetzt werden wir noch mal das Haus inspizieren, ob sich jemand Zutritt verschafft hat. Aber zuerst schaue ich in den Schlüsselschrank, es sind immer Ersatzschlüssel für die einzelnen Schlösser vorhanden.«

      »Oder man kann sich welche anfertigen lassen«, sagte Jan nachdenklich.

      »So ist es. Auf jeden Fall werde ich umgehend ein zweites Sicherheitsschloß einbauen lassen. Die Jalousien können auch von innen gesichert werden. An was man alles denken muß! Da stellen sie sich solchen Riesenkasten hin und sind dauernd unterwegs. Aber Prestige muß ja sein. Möchtest du mal hier wohnen?«

      »Darüber brauche ich nicht nachzudenken.«

      »Wollt ihr denn nicht mal heiraten, Jan?«

      »Das müßtest du eher Kim fragen.«

      »Sie wird sich wieder fangen, wenn diese Sache in Ordnung gebracht ist.«

      »Das hoffe ich sehr. Bringst du das mit dem Schloß in Gang? Ich werde diesen teuflischen Fisch wegschaffen. Gibst du mir eine Reisetasche? Ich kann ihn schlecht unter dem Arm nehmen.«

      »Du bist wenigstens nicht zimperlich. Kim sollte begreifen, was sie an dir hat.«

      *

      Das ging Kim durch den Kopf, als sie wieder einen Wachzustand hatte. Ich kann Jan vertrauen, er hält zu mir, dachte sie. Ich werde damit nicht allein fertig. Warum haben sie ausgerechnet mich ausgesucht für diese schmutzige Sache? Wirke ich denn so naiv, daß mir keiner etwas Schlechtes zutraut? Wer war dieser Mensch, der mich niedergeschlagen hat? Das war die Frage, die sie am meisten bewegte. Sie hatte ihn nicht gesehen, nur gehört, und ehe sie es noch ganz begriff, war sie von hinten niedergeschlagen worden.

      Ob sie den Fisch gefunden haben? Das war die nächste Frage, die sie bewegte. Von dem Inhalt hätte sie gar nichts bemerkt, wenn der Fisch ihr zu Hause nicht aus der Hand gefallen und gebrochen wäre. Sie hätte ihn Hanno und Gaby zur Hochzeit geschenkt, weil Gaby sich so einen Fisch gewünscht hatte.

      Wieso hat sie sich so einen Fisch gewünscht, warum hatte Ulrike gerade diesen ausgesucht? Mißtraute sie jetzt schon jedem, sogar ihren alten Freunden?

      Aber hatte der Urlaub auf Madeira wirklich das gehalten, was sie sich versprochen hatte? Ulrike hatte das Urlaubsziel vorgeschlagen, und in dem Ferienclub hatte sie dann eine ganze Anzahl verrückter Leute kennengelernt, mit denen sie nichts anzufangen wußte. Aber Ulli war Mittelpunkt gewesen, so, wie sie es am liebsten hatte.

      Woher hatte sie nur plötzlich soviel Geld, daß sie sich die teuersten Sachen leisten konnte? Sie studierte doch noch, verdiente sich nur nebenbei etwas als Model. Sie hatte behauptet, daß das sehr gut bezahlt würde.

      Plötzlich wollte Kim gar nicht mehr nachdenken, vor allem nicht erinnert werden an die Tage, an denen es ihr so schlechtging, wirklich schlecht, ohne daß sie wußte, woher das kommen könnte. Ulli hatte gemeint, es wäre eine Fischvergiftung gewesen. Sie war froh, als sie nach Hause fliegen konnte, denn sie konnte sich nicht mehr richtig erholen. Sie hatte Hunger, fühlte sich schwach, aber wenn sie etwas gegessen hatte, mußte sie sich übergeben. Das war ein Zustand, der ihr zu schaffen machte, aber Jan gegenüber wollte sie es leugnen.

      Ob sie hier in der Klinik schon herausgefunden hatten, was ihr fehlte, woran es lag, daß sie so abgenommen hatte? Sollte sie nicht wenigstens Dr. Norden erzählen, was ihr nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte?

      Sie konnte sich aber nicht erinnern, daß sie Jan die beiden Worte ›Fisch‹ und ›Trockner‹ gesagt hatte. Sie machte sich Gedanken, ob derjenige, der sie niedergeschlagen hatte, fündig geworden war. Vielleicht war es doch nicht ein so gutes Versteck gewesen, aber wenn der Fisch in die Hände dessen gelangt war, der ihn in ihrem Haus gesucht hatte, mußte sie sich doch eigentlich keine Gedanken mehr machen. Aber sie konnte ihn Hanno und Gaby nicht zur Hochzeit schenken. Sie mußte sich etwas einfallen lassen. Vielleicht konnte man hier auch in einem Spezialgeschäft so etwas kaufen. Ihre Gedanken verwirrten sich, wie ein Wirbel überschlugen sie sich in ihrem Kopf.

      Als Jenny das Krankenzimmer betrat, wurde Kim von einem wilden Schluchzen geschüttelt. Zuerst war Jenny sehr erschrocken, dann aber nahm sie Kims Hände und sprach tröstend auf sie ein.

      »Es wird alles gut, Kim, Sie brauchen keine Angst zu haben. Hier sind Sie sicher.«

      Jenny wußte nicht, warum sie diese Worte wählte, da Jan sie noch nicht gebeten hatte, niemanden zu Kim zu lassen.

      Aber erst nach einem Beruhigungsmittel, das ihr mit der Infusion zugeführt wurde, schlief Kim wieder ein.

      *

      Jan hatte die Reisetasche mit dem ominösen Inhalt zu seiner Wohnung gebracht und dort versteckt, wo er meinte, daß niemand ihn finden würde, nämlich in einer Truhe oben auf dem Speicher.

      Sicher ist sicher, dachte er, denn auf keinen Fall durfte Kim einem so schlimmen Verdacht ausgesetzt werden. Wie sollte sie denn beweisen, daß sie keine Ahnung von dem Inhalt des Fisches gehabt hatte!

      Anschließend fuhr er zu Dr. Norden, eine ganz ähnliche Reisetasche, in die er schnell ein paar Handtücher und Unterwäsche gepackt hatte, mit sich nehmend. Wenn man ihn beobachtete, konnte das irreführend sein, wie er dachte. Er war selbst erstaunt, was ihm alles in den Sinn kam.

      Wendy war sehr erstaunt, daß Jan, den sie als einen sehr ruhigen jungen Mann kannte, so nervös und hektisch war.

      »Ich müßte Dr. Norden dringends sprechen. Ich mache es ganz kurz, Wendy. Es geht um Kim.«

      »Es hat grad jemand angerufen, ob Kim Meyring in der Praxis sei«, erklärte Wendy. »Was ist denn eigentlich los?«

      »Das erkläre ich Ihnen später mal. War es ein Mann oder eine Frau?«

      »Es war eine Frau. Ich fragte sie nach ihrem Namen, aber sie sagte nur, daß sie eine Freundin sei. Ich habe gesagt, daß wir telefonisch keinerlei Auskünfte geben. Basta.«

      »Das ist wirklich gut, danke, Wendy.«

      »Heute