Schonen Sie sich um Gotteswillen! Heisse Milch, Emser Wasser etc. etc. etc., damit Sie nächste Woche bestimmt auf dem Schlachtfelde siegreich dastehen und am 30.ten sind die »Meistersinger«!
Recht gute Besserung! Die herzlichsten Grüsse auch an Ihre verehrte Mutter
Ihr Richard Strauss
6 Klavierauszug von »Tristan und Isolde« mit handschriftlichen Regieanweisungen von Richard Strauss für Pauline
Bad Wörishofen 1891
Gleich nach Wagner kommt Kneipp,
was jener für’s Herz, ist der für’n Leib.
Der Musik Gegengewicht ist das Wasser,
merkt’s euch, ungläubige Thomasser!
Ein schöner Obergug ist wie ein Himmelsgruß,
ein feiner Rückenguß wie ein reiner Neptunskuß.
Was ich mit Doktoren schon Zeit verloren,
dafür nehm ich heut’ mich noch an den Ohren!
Montag Abend komm ich nach München,
dann studier ich Fräulein Paulinchen!
Daß der Menschheit Heil doch nur
liegt in der feinen Wasserkur.
Dienstag früh erste Lektion,
darauf freu ich mich heute schon.
Eifrig wird dann da studiert,
wie man Krampfhusten kuriert.
Schwesterlein grüsst, kommt erst Mittwoch nach Haus,
ich halt’s nicht mehr länger als morgen auch aus.
Aus Kniegüssen und Flohbissen
besteht all mein lächerlich Wissen,
mit Schulmeistergrüßen
wird Ihr junges Leben keiner versüßen.
Ihr herzlich ergebener
Richard Strauss
Die Sorge um des anderen Gesundheit wird bald (und für alle weitere Zukunft) Paulines Ressort. Sie wird den Gatten später zu täglichen Spaziergängen anhalten, tadelt aber auch schon in diesem Brief indirekt den nicht gesundheitsfördernden Lebenswandel des »Hof- & Schulmeisters«:
Seeshaupt, 22. Juni 1892
Geehrter Hof- & Schulmeister! Lieber Herr Strauss!
Ich mach halt meine ergebenste Danksagung erstens für die gestrige etwas rabiate Karte, zweitens für den heutigen g’schamichen Brief, Herr Staberl, und bitt’ Ihnen – nix für ungut – regens Ihnen nicht so auf! Es ist nur von weg’n der Xundheit! Meine Stimmung wäre in dem Ton fortzufahren, da Sie, lieber Herr Strauss, aber sonst einen schönen Begriff von der Wohlerzogenheit und dem feinen Benehmen Ihrer Ex-Schülerin bekämen und meine plötzliche Verwilderung am Ende gar dem alten und geschwisterlichen Umgang – unterstützt durch Frau Amélie Wurm’s zwerchfellerschütternde Witze und grob-gutmütige Manieren – zuschreiben, will ich eine Anstandspille schlucken und schauen, daß ich meine herzlichsten Grüße an Sie und Hannerl und an die Ihren in wohlgesetzter Rede und mit dem gehörigen Schwung – Sie wissen schon – vom Stapel lasse. Ihre gestrige Karte hat insofern genützt, daß mein Väterchen dieser Tage Anstalten trifft, ein Klavier zu bekommen und mir einen Musikschuljüngling verschreiben will. Doch zuerst muß das Klavier zu haben sein, und einstweilen bitte ich Sie – falls Sie Gelegenheit haben – mit Thuille betreffs eines Schülers zu sprechen! Vorläufig studiere ich an der »heiligen Elisabeth«, die furchtbar schwer ist – Intonation betreffend.
Nun lassen Ihnen, werter Herr Strauss, Papa und Mama sagen, daß, sollten Sie Lust und Laune haben, vom 5. Juli an auf eine Woche oder wie lange Sie wollen und die Eltern in Ihre Anwesenheit einwilligen, im Hotel Neuschwanstein unser Gast zu sein, Sie uns allen herzlich willkommen wären und auch auf Ihr leibliches Wohlergehen große Sorge verwandt würde. Ich habe mich hiemit des elterlichen Auftrages entledigt und bitte Sie, gestützt auf unsere Freundschaft, von der Einladung Gebrauch zu machen, sobald es Ihnen paßt, oder zu Ihrer Erholung, am Ende noch vor Reichenhall, vorteilhaft wäre. Also tun Sie was Sie wollen, lieber Herr Strauss, und seien Sie versichert, daß Sie uns allen die größte Freude machen würden Ihre Rekonvaleszenz zu beschleunigen. Daß Sie so sehr angegriffen und elend sind, ist leider nur zu begreiflich!
Daß die langweiligen Tage des Stilliegens bald vorüber sein würden, wenn ich so manchmal über den See nach München ein Stündchen schwimmen könnte, wäre doch ganz nett, obwohl ich mich furchtbar zusammen nehmen müßte, um die »dehors zu machen«, denn hier wird man doch ganz verwildert, das reinste Schiffermädel und Landkonfekt ...
Und nun recht gute Besserung, Herr Strauss, recht viel Geduld, denn dann geht’s am ehesten. Viele Grüße von Haus zu Haus, mit den besten Wünschen, in dankbarer Ergebenheit stets Ihre
Pauline de Ahna
Im Zuge der Endproben zu seinem »Guntram«, 1894 in Weimar, machte Strauss der Primadonna einen Heiratsantrag im Anschluss an einen handfesten Krach, den sie vom Zaun brach.
Auf einer der letzten Proben, wo ich Zeller unzählige Male abklopfen mußte, kam endlich Pauline im 3. Akt mit ihrer einwandfrei »gekonnten« Szene. Trotzdem fühlte sie sich unsicher und beneidete Zeller anscheinend wegen seinem vielen »Wiederholen«. Plötzlich hörte sie zu singen auf und frug mich: »Warum klopfen Sie bei mir nicht ab?« Ich: »Weil Sie Ihre Rolle können.« Mit den Worten »Ich will abgeklopft haben« wollte sie mir den Klavierauszug, den sie gerade in der Hand hatte, an den Kopf werfen, derselbe flog aber zur allgemeinen Heiterkeit dem 2. Geiger Gutheil (dem späteren Gatten der berühmten Gutheil-Schoder [...]) aufs Pult.
7 In der Wiener Villa unter dem PorträtPaulines
Die immerhin schon 31-jährige Braut in spe leitete nicht jugendliche Verschämtheit, sondern handfeste Sorgen um Fortsetzung der vielversprechenden Sängerinnenkarriere, als sie mit dem Jawort zögerte:
Weimar, 24. März 1894
Mein lieber Herr Strauss!
Das kommt ja alles wie ein Sturzbach; ich bitte Sie um Gotteswillen sich nicht so übermäßig zu freuen, Sie wissen selbst am besten, wie viele Fehler ich habe und sage Ihnen aufrichtig, es ist mir trotz allem Glücksgefühl, was mich überkommt, manchmal entsetzlich bang. Werde ich Ihnen das sein können, was Sie verlangen und was Sie verdienen? Darf ich nicht zuerst in Hamburg gastieren, um wenigstens voll Stolz meinem verehrten Lehrer auch einen schönen Erfolg aufweisen zu können? Leider wird’s aus der Montag-»Elisabeth« nichts. Kennen Sie mich denn nicht, und Ihre Eltern und Hanna kennen ja auch meine Launen; ach Gott, und nun soll ich plötzlich ein wahres Muster von Hausfrau werden, damit Sie sich nicht enttäuscht fühlen. Lieber Freund, ich fürchte es wird scheitern, und je mehr sich alles freut, desto gedrückter wird meine Stimmung. Von Papa ist’s nicht hübsch zu sagen, ich machte ihm Sorgen mit meinem Theaterleben; ich verstehe das nicht; bis jetzt ging alles glatt und würde es auch weiter gehen.
Wird das viele Dirigieren heuer im Sommer Sie nicht überanstrengen? Ach Gott, ich habe soviel Sorgen und Kummer. Haben mich denn Ihre verehrten Eltern lieb und Hanna, wenn sie nur wüßte, wie ich Ihnen von allem abrate. So schnell, lieber Freund, brauchen wir wirklich nicht zu heiraten; wenn sich jedes zuerst allein gewöhnen könnte, in seinem Berufe alles Glück zu finden; Sie in München, ich in Hamburg; bringen Sie bitte meinen Kontrakt mit; verzeihen Sie diesen Brief, aber ich bin von zwei Gefühlen – des Glückes und der Angst vor einem neuen Leben – so befangen, daß ich nur halb zurechnungsfähig bin. Bitte lassen Sie mich wenigstens hier noch recht viele Partien singen; das wird mir über manches hinweghelfen. Ich bin ungemein fleißig im Studium der »Freihild« mit Klatte und Gutheil; das größte Glück