jetzt war ein Lächeln in ihrer Stimme, »man liest mal von so etwas, oder sieht es im Film. Dann denkt man, na ja, das ist eben ein Märchen, wer erlebt das schon. Daß es einem selber, oder, wie in diesem Fall, den besten Freunden geschieht, daran denkt man nicht im Traum. Ich habe dich noch gar nicht beglückwünscht, Ingeborg, zu dem Füllhorn, das sich über euch ergossen hat. Wie kommst du dir denn nur vor?«
»Ich weiß nicht… Ich bleibe dieselbe wie vorher, Beate.«
»Das möchte ich sehen«, scherzte die Freundin. »Vielleicht wirst du auch eine mondäne, superelegante Frau, die das Geld mit vollen Händen ausgibt.«
»Das müßte ich erst lernen, meine Liebe.«
»Oh, ich glaube, das lernt sich schnell«, lachte Beate.
»Meinst du? Aber nun zu dir. Wie geht es dir und dem zukünftigen Baby?«
»Bestens, Ingeborg. Wir haben auch schon einen Namen dafür. Es wird Silvie heißen. Meine beiden haben sich den Namen mit ausgesucht.«
»Haben sie sich inzwischen auch auf den Zuwachs eingestellt?«
»Doch, ja. Nils ist sehr lieb zu mir und fürsorglich. Zur Zeit haben wir alle Geheimnisse voreinander, weil das Christkind bald kommt.«
Sie würden an den Feiertagen noch telefonieren, bis dahin… »Haltet den Nacken steif, daß euch der plötzliche Reichtum nicht erdrückt«, schloß Beate in heiterem Ton.
»Müssen wir die jetzt beneiden?« fragte Felix naiv, als die Mama ihnen davon berichtete.
Beate zuckte die Achseln. »So viel Geld macht nicht unbedingt glücklich«, behauptete sie.
»Aber es beruhigt ungemein«, hielt ihr Mann dagegen. »Es läßt einem alle Freiheit, zu tun und zu lassen, was man will.«
Aufmerksam sah Felix seinen Vater an. »Was würdest du denn damit tun, Papa, wenn du auf einmal riesig viel hättest?«
»Ich würde mir ein großes Schiff kaufen und damit über die Meere fahren«, antwortete Nils.
Beate gab ihm einen raschen Blick. »Wolltest du das wirklich?«
Da rief ihr Felix schnell dazwischen: »Aber uns würdest du doch mitnehmen?!« Und er faßte den Papa bei der Hand.
»Aber sicher«, sagte Nils mit einem halben Lächeln. »Was sollte ich denn ohne euch?«
*
Wie angenehm es doch war, wenn man nicht nach den Kosten fragen mußte.
Als Bertold Basler an diesem Tag Ende Januar auf dem Flughafen von Palm Beach landete, nahm ihn der Verwalter von Steven-House in Empfang und fuhr mit ihm zum Hilton-Hotel, wo ein Apartment für den ankommenden Gast reserviert war.
Der Mann hieß Mike Jones, Bertold schätzte ihn auf Mitte Fünfzig. Er sprach deutsch mit starkem amerikanischem Akzent.
»Ich habe dafür gesorgt, daß Ihnen ein Wagen zur Verfügung steht, damit Sie hier unabhängig sind«, sagte er unterwegs. »Aber ich stehe Ihnen selbstverständlich jederzeit zur Verfügung.«
Zu einer ersten Unterredung verabredeten sich die beiden Herren in der Halle. Bertold wollte sich nach dem langen Flug erst frischmachen. Die Besichtigung der Villa sollte am nächsten Tag stattfinden.
Ungewohnt fühlte er sich in der luxuriösen Umgebung, aber nicht unwohl. Er hatte sich neu eingekleidet, die Anzüge trugen das Etikett eines Nobelschneiders, ebenso wie alles Zubehör vom Feinsten war. Er kam sich darin vor, als sei er in eine neue Haut geschlüpft.
Ingeborg daheim hatte bewundernd die Hände zusammengeschlagen. »Jetzt erkenne ich erst die Wahrheit des Wortes, daß Kleider Leute machen!« hatte sie ausgerufen. »Nein, was habe ich doch für einen gutaussehenden Mann.« Sie hatte gelacht und ihm einen herzhaften Kuß auf die Wange gegeben, eine spontane Geste, wie es sie schon lange nicht mehr zwischen ihnen gab.
»Echt super, total verändert, Papa«, hatte Ulli ihr beigepflichtet. »Und da hast du noch gemeckert, daß der neue Haarschnitt bei dem ›Starfriseur‹ sauteuer war«, kicherte er. »Als ob’s bei uns noch drauf ankäme.«
»Bertold mußte daran denken, als er zufrieden sein Spiegelbild betrachtete, bevor er mit dem Lift hinunterfuhr. Wahrhaftig, er brauchte sich vor den anderen Gästen, dessen Luxuskarossen vor dem Hotel standen, nicht zu verstecken. Würde er etwa noch eitel werden auf seine alten Tage?
Mike Jones hatte einige Papiere bei sich, unter anderem den Grundriß von Steven-House, die er dem neuen Besitzer unterbreiten wollte.
»Es war ursprünglich ein prachtvoller Besitz«, erklärte er, »aber ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß der Zahn der Zeit daran genagt hat. Wir sind zwar hier im sonnigen Florida, aber wir werden auch von tropischen Regengüssen und Wirbelstürmen heimgesucht, die Schäden anrichten und behoben werden müssen. An diesem Haus ist seit zwanzig Jahren nichts mehr gemacht worden, seit Mrs. Steven das Land verlassen hat.«
»Aber es waren doch die Mittel dazu vorhanden«, wunderte sich Berthold.
»Daran ich keinen Zugang hatte«, sagte Jones. »Ich bekam mein Gehalt, und damit fertig.«
»Haben Sie die Besitzerin denn nicht davon unterrichtet, wenn Reparaturen fällig waren«, warf Bertold ein.
»Doch, das habe ich«, betonte der andere. »Aber ich erhielt nie eine Antwort darauf.« Er hob die Schultern. »Man darf wohl nicht vergessen, daß Mrs. Steven schon hochbetagt war. Es mag ihr ferngerückt und gleichgültig geworden sein, was hiermit geschah. Nachkommen hatte sie ja nicht.«
Nachdenklich, wohl auch enttäuscht, sah Bertold vor sich nieder. Es war also nichts damit, sich sozusagen in ein gemachtes Nest zu setzen. Das wäre ja auch zu schön gewesen, um wahr zu sein.
Dann blickte er auf. »Was war Mrs. Steven für eine Frau? Ihr Mädchenname war Basler, aber ich weiß absolut nichts über diese Verwandte.«
Jones machte eine bedauernde Handbewegung. »Mit persönlichen Angaben kann ich Ihnen auch nicht dienen, Herr Basler. Sie muß wohl schon sehr jung nach Amerika gekommen sein, und hier hatte sie reich geheiratet. Ihr Mann Antony hatte mit Bankgeschäften sein Vermögen gemacht. Nach seinem Tod muß sie sich sehr einsam gefühlt haben. Sie wollte heim. Sie sagte tatsächlich ›home‹, heim, daran erinnere ich mich. Vielleicht will man zu den Wurzeln zurückkehren, wenn es dem Ende zugeht.«
»Aber sie hat noch zwanzig Jahre lang gelebt«, bemerkte Bertold wie nebenher. »Ob da wirklich kein Gedanke zurückgegangen ist?«
»Anscheinend nicht. Sie setzte mich als Verwalter ein, als sei ihr dies alles hier nicht mehr wichtig und kümmerte sich nicht mehr darum, wie gesagt. Ich ließ auf eigene Kosten das Notwendigste machen, aber das reichte bei weitem nicht. Mehr konnte ich nicht tun. Es war schade darum.«
»Sieht es so schlimm aus?« fragte Bertold.
Mike Jones wiegte den Kopf. »Sie werden schon einiges hineinstecken müssen, wenn Sie Steven-House im alten Glanz wiedererstehen lassen wollen.« Er machte eine kurze Pause. »Haben Sie die Absicht, Herr Basler?«
»Dazu kann ich noch nichts sagen«, antwortete Bertold zögernd. »Ich muß mir das erst ansehen.«
»Okay.« Jones schob die Papiere zusammen. »Morgen vormittag dann. Um zehn, paßt Ihnen das? Ich werde Sie abholen.«
Bertold rief noch zu Hause an, um zu berichten, daß er gut angekommen war und der erste Kontakt mit dem Verwalter bereits stattgefunden hatte.
»Und«, fragte Ingeborg aufgeregt, »was hat er gesagt?«
»Tja… Seiner Schilderung nach brauchen wir uns wohl keine Illusionen zu machen. An dem Haus ist seit zwanzig Jahren nichts mehr getan worden.« Bertold erzählte, was der Grund hierfür war.
»Ach je«, machte Ingeborg, »da bin ich ja gespannt, was du morgen vorfinden wirst.«
»Ich auch. Mach’s gut, ihr beiden in weiter Ferne!«
»Mach