Diverse Autoren

Mami Staffel 4 – Familienroman


Скачать книгу

wie es um die angebliche Luxusvilla stehen sollte, machte er freilich ein langes Gesicht.

      »Also nee, wenn das aber ’ne halbverfallene Klitsche ist, dann nehmen wir die aber nicht. Dann stoßen wir die ab«, entschied er.

      *

      So war es nun nicht, wie der naseweise Dreizehnjährige daheim die Sache abgeurteilt hatte.

      Steven-House lag nahe am Wasser etwas abseits von den anderen Villen der Superreichen, die hier, wie in einer Enklave, abgeschirmt von der restlichen Bevölkerung ein Luxusdasein führten.

      Im weichen, warmen Wintersonnenschein präsentierte es sich Bertold Basler, von Palmen und exotischen Gewächsen umgeben. Sein erster Blick fiel auf einen großen, gekachelten Springbrunnen vor dem Portal. Die Kacheln waren zum Teil abgefallen, Rost hatte sich angesetzt.

      »Das Dach am Westteil des Hauses«, Mike Jones deutete nach oben, »habe ich notdürftig flicken lassen, damit es nicht hineinregnete.«

      Bertold nickte beklommen. Ja, obwohl gewisse Schäden unübersehbar waren, war der Eindruck, den die Anlage auf ihn machte, doch überwältigend. Und das alles sollte ihm gehören?

      In das Haus gelangten sie durch einen ganz in Marmor gehaltenen Eingang. Die etwa fünfhundert Quadratmeter umfassende ebenerdige Wohnfläche teilte sich in luxuriöse Schlafzimmer, Badezimmer, ein geräumiges Wohnzimmer und eine vollausgestattete Küche auf. Im Wohnzimmer dominierte ein Marmorkamin. Ein Häuflein Asche lag noch darin…

      Verschiedene Säulen sowie die hohen Decken gaben den Räumen großzügige Atmosphäre. Breit hingelagerte Möbelstücke standen verhüllt wie stumme Zeugen lang vergangener Zeiten. Teppiche waren zusammengerollt und verschnürt.

      »So hat sie alles zurückgelassen«, murmelte Bertold vor sich hin. Unwillkürlich fröstelte es ihn ein wenig. Es war kühl hier drinnen, und es roch muffig, wie es nicht anders sein konnte. War es nicht wie in einem Totenhaus?

      »Nur die Gemälde, die hier hingen, hat Mrs. Steven an ein Museum weggegeben«, erklärte Jones auf seine Worte hin. »Sie sehen ja, wie die Wände aussehen.« Ränder wiesen die Seidentapeten auf, schimmlige Flecken auch von Feuchtigkeit. »Aber gehen wir weiter…«

      Durch deckenhohe Terrassentüren gelangten sie in einen überdachten Innenhof, und weiter zu einem großen, beheizbaren Schwimmbad, neben dem eine Strohdachbar lag, die freilich verwittert und eingefallen war.

      »Das Schwimmbad wird so nicht mehr brauchbar sein«, bedauerte der Verwalter. »An mehreren technischen Anlagen hapert es inzwischen, auch im Haus ist die Installation nicht in Ordnung, Heizung, Wasserzulauf, nichts funktioniert mehr richtig. Ja, es ist traurig, daß dieser herrliche Besitz so heruntergekommen ist.«

      Bertold schwieg darauf. Er blinzelte in die Sonne, die warm und golden war, ein leiser Wind fächerte die Palmen. Er konnte es nicht so sehen. Was galt ihm dieses und jenes, es würde zu beheben sein. Hier stand er auf eigenem Grund und Boden, und das war ein berauschendes Gefühl.

      »Ich zeige Ihnen jetzt noch die private Anlegestelle für Boote«, hörte er seinen Führer sagen. »Sie bietet schnellen Zugang zum Atlantischen Ozean. Falls Sie ein Freund des Wassersports sind, Herr Basler.«

      Das war es dann. Mehr als genug für Bertold, der sich in eine andere Welt geschleudert fühlte.

      »Möchten Sie, daß ich Sie gleich zurück zum Hotel bringe, oder wollen Sie sich allein noch etwas umsehen? Sie sind nun der Herr hier.«

      »Ich denke, wir sollten zuerst eine Stärkung zu uns nehmen«, sagte Bertold. »Ich jedenfalls könnte eine brauchen.«

      »Verstehe.« Zum ersten Mal umspielte ein Lächeln den Mund des Älteren. »Ich schlage vor, daß wir zu Joe fahren, wo es einen kühlen Wein, den fangfrischesten Fisch und die beste Muschelsuppe gibt. Es ist aber mehr eine Kneipe, nichts Elegantes.«

      »Gibt es so etwas auch hier?« fragte Bertold, der im Hilton von Schwärmen befrackter Kellner bedient wurde.

      Tatsächlich gab es das. Gemütlich war das Lokal, völlig unamerikanisch, und Joe begrüßte Mike wie einen alten Freund. »Bringst mir heute einen Gast mit«, sagte er.

      »Das ist Mister Basler, der neue Besitzer von Steven-House.«

      »Hat sich doch noch jemand für den alten Kasten gefunden«, grinste Joe.

      »Du redest mal wieder, wie du es verstehst«, verwies ihn Mike

      Jones. »Würdest dir alle zehn Finger danach ablecken, wenn du ihn haben könntest.«

      »Müßt ich verrückt sein. Aber nun zur Sache: Was wünschen die Herren zu trinken, zu speisen?« Joe rückte die Stühle zurecht und ließ die Gäste Platz nehmen.

      »Haben Sie verstanden, was er gesagt hat?« fragte Jones, als sie bestellt hatten, der Wirt in der Küche verschwunden war.

      »O ja«, nickte Bertold. »So weit reichen meine Schulkenntnisse gerade noch. Als alten Kasten kann man Steven-House wohl nicht gerade bezeichnen.« Er lachte ein wenig. Den Ausdruck fand er einfach absurd.

      »Natürlich nicht. Es kann wieder ein Juwel werden. Wenn Sie wollen, helfe ich Ihnen dabei.« Er machte eine kurze Pause. »Als Verwalter werden Sie mich wohl nicht mehr brauchen?«

      »Aber ja doch«, widersprach Bertold etwas überrascht. »Noch lebe ich in Deutschland, und vorläufig bleibt alles beim alten. – Was meinen Sie damit, daß Sie mir Ihre Hilfe anbieten wollen?«

      »Nun, ich lebe hier seit dreißig Jahren und kenne mich aus. Ich wüßte da zum Beispiel eine Architektin, mit der ich Sie zusammenbringen und die Sie in allen Fragen beraten könnte. Wenn man die Handwerker auf Trab bringt, wäre die Villa in wenigen Monaten bewohnbar.«

      Joe servierte ihnen die Speisen. Sie tranken Wasser und ein Glas von dem leichten, herben Wein dazu. Bertold gingen viele Gedanken durch den Kopf.

      Wäre es nicht wirklich am besten, die Sache gleich in Angriff zu nehmen. Es erschien ihm doch märchenhaft, hier zu leben. Man könnte ja ein Standbein in Deutschland behalten…

      »Was gibt es denn für Schulen hier?« fragte er aus seinen Gedanken heraus. »Ich habe einen dreizehnjährigen Sohn.«

      Jones lächelte flüchtig. »Hat Sie unsere sonnige Halbinsel doch schon gefangengenommen? Ja, Sie können es nirgendwo auf der Welt schöner haben. Und was die Schulen betrifft – es gibt unweit eine Elite-Schule mit erstklassigen Lehrkräften. Wer die besucht, hat schon den besten Start in sein späteres Leben.«

      Nach diesen erlebnisreichen Stunden konnte Bertold es kaum erwarten, daheim anzurufen. Ingeborg würde seinem Anruf auch schon entgegenfiebern.

      »Es lohnt sich hundertfach, da noch einen Batzen Geld hineinzustecken«, versicherte er. »Wenn dieses Haus erst wieder zum Leben erwacht ist, werden wir uns darin wie die Könige fühlen.«

      »Du bist ja direkt überschwenglich, Bertold«, freute sich Ingeborg. »So kenne ich dich gar nicht.«

      »Ich kenne mich selbst nicht mehr«, scherzte ihr Mann. »Aber so ist das wohl, wenn einem plötzlich das ganze Leben auf den Kopf gestellt wird.«

      »Es scheint dir aber nicht schlecht zu bekommen«, äußerte Ingeborg im gleichen Ton. »Und wie geht es nun weiter?«

      »Morgen bringt mich Jones zu einer Architektin, mit der ich mich beraten werde«, erzählte Bertold aufgeregt. »Wenn wir uns einig werden, soll sie die Sache in die Hand nehmen. Das Übrige überlasse ich dann Jones. Er kriegt sein Gehalt weiter.«

      »Und du kommst zurück?« fragte Ingeborg schnell.

      »Ja, auf alle Fälle. Dann überlegen wir gemeinsam, wie wir unsere Zukunft gestalten werden, Ingeborg.« Es klang bedeutungsvoll.

      »Oh, Bertold«, sprach Ingeborg leise, »manchmal denke ich immer noch, ich träume das nur…«

      *

      Wenn Bertold einmal die Worte über die Lippen gekommen waren, ihm