G.F. Barner

G.F. Barner 1 – Western


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habe andere Haut, aber ich nicht schmutziger Bastard, Boss.«

      »Nein, das wissen wir doch alle, Saguaro. Lass einen Narren und Krachsucher reden, wir denken doch anders darüber. Du darfst nicht auf ihn losgehen, hörst du? Wenn du ihn erwischt und er erwischt dich nicht – was reiner Zufall sein würde, dann hängen sie dich auf. Ein Indianer hat keinen Weißen umzubringen, selbst wenn der Weiße der größte Lump auf Gottes weiter Welt ist. Klar, Saguaro?«

      »Nicht dasselbe Recht, weil andere Haut, eh?«

      »Das weißt du doch, Saguaro!«

      »Indianer auch kämpfen für Weiße, dann umbringen Weiße und bekommen Orden. Warum nicht dasselbe, wenn ich Dicknase zeigen mein Messer?«

      »Weil kein Krieg ist, Saguaro!«

      »Dann ich machen Krieg mit Dicknase.«

      »Zum Teufel, du machst keinen Krieg mit Dicknase«, sagt Trevor heiser. – »Doc, bist du fertig?«

      »Nur noch einen Knoten und ihm das Hemd überziehen, Trevor. Es ist keine schwere Wunde, die Kugel hat ihn sehr hoch erwischt. Ich habe es zufällig gesehen, Ed hat zuerst zum Revolver gegriffen!«

      Danach zieht Eddy mithilfe Tonios sein Hemd über, steckt den Arm in seine Weste und grinst schon wieder unternehmungslustig.

      »Boss, ich könnte einen Drink vertragen!«

      »Du kannst einen Tritt bekommen, Eddy, das sage ich dir. Ist Charlie euch absichtlich in den Weg gekommen?«

      »Klar, es wird Absicht gewesen sein, denn er ist genau auf uns zugeritten, abgestiegen und dann auf die Tür des Store zugekommen. Und da musste er auf Saguaro treffen. Er hat genau gewartet, bis Saguaro mit den beiden Tonnen vom Wagen zurückgekommen ist. Natürlich kann er das auch anders hindrehen, wie?«

      »Charlie ist nicht dumm. Seht euch also in Zukunft etwas vor. Habt ihr die Nasenspitze von Slim gesehen?«

      »Kein Stück«, antwortet Tonio düster. »Der Kerl ist nicht da. Hattest du etwas anderes erwartet?«

      »Nein, nichts. Gehen wir. Los, raus mit euch!«

      Also gehen sie hinaus, kommen zum Wagen und sehen sich um. Eddy ist vorher geritten, Saguaro hat gefahren. Zögernd hält Eddy Swartz vor seinem Pferd an.

      »Eddy, auf den Bock neben Saguaro.«

      »Aber – ich kann …«

      »Auf den Bock, du Narr!«

      »Ja, Boss.«

      Eddy steigt brummend und mit der Hilfe der anderen beiden auf, Tonio nimmt dann sein Pferd. Auch Trevor will zu seinem Pferd gehen.

      In dieser Sekunde passiert es!

      Ein Mann hat es verstanden, einen Deputy auszutricksen und ihn in eine falsche Richtung zu locken.

      Jetzt ist dieser Mann da, obwohl ihm Deputy Parker den Aufenthalt in der Stadt verboten hat. Und wo der Deputy ist, das kann man nur raten. Der Deputy ist weit weg, irgendwo auf den Rio Hondo zu.

      Es ist vielleicht Zufall, dass Trevor Joslyn in diesem Augenblick wieder an Mary Anne und den Saloon denken muss, an jene goldenen Initialen an der Tür und an die Tage und Nächte in dem Saloon, oben in den Räumen.

      Er blickt hin, nur in der Hoffnung, dass der Geist Mary Annes auftaucht, denn Mary Anne hat den Saloon verpachtet, sie ist nie mehr dort.

      In diesem Moment sieht Trevor, der von den oberen Fenstern nach unten auf den Vorbau blickt, die eine Tür aufgehen.

      Er ist im ersten Augenblick nur erstaunt, dass der Mann mit der dicken Nase hier ist, und Parker fehlt.

      Die Schwingtür geht auf, die vergoldeten Initialen funkeln einmal in der Sonne.

      Dann kommt der Mann mit der dicken Nase mit dreister Selbstverständlichkeit in die Sonne hinaus. Diese bescheint ihn zuerst nur bis an die Oberschenkel, dann aber, in seiner fließenden Bewegung, erfasst sie seine beiden Revolverhalfter, die kurze schwarze Weste, die reichlich bestickt ist und den breiten Waffengurt mit den blinkenden Messinghülsen der Patronen.

      Auf dem Vorbau des Saloons, in dem einmal Mary Anne zu Hause gewesen ist, steht James Charlie. Und er sieht Trevor mit seinen eiskalten Augen durchdringend an.

      Die Sache ist noch lange nicht zu Ende.

      Sie fängt jetzt erst richtig an.

      Und Trevor wird nicht weglaufen.

      *

      Joslyn sieht drüben Reverend Atchinson stehen bleiben, einen hageren, von der Kanzel wetternden Mann, der niemals ein Blatt vor den Mund nimmt.

      Vor dem Store von Hamilton sagt eine Frau etwas zu ihrem Mann, ehe sie beide in den Store hasten. Drüben packt eine andere Frau ihr Kind und zerrt es heftig in die Sicherheit des Hausflures zurück.

      Vor dem anderen Saloon aber, der linker Hand neben dem Store liegt, dreht sich ein Mann scharf auf dem Absatz um und ruft etwas in die offene Tür hinein.

      Im nächsten Augenblick kommen auch die ersten Männer heraus.

      Steve McLaine erscheint neben Wesley Hardin und Dutch. Die anderen bleiben hinter der Tür und an den Fenstern.

      Rechts rasselt plötzlich der eiserne Laden von Bigler vor das Schaufenster mit den Anzügen und Hüten. Männer rennen wie unter Zwang und in Panik davon, Frauen flüchten. Auf dem Bock des Covered richtet sich Saguaro auf und sagt, nach einem Blick über die Plane hinweg rückwärts: »Dicknase!«

      Nur ein Wort, aber es reicht aus, um Eddy hochkommen zu lassen.

      Tonio hinter dem Wagen bewegt sich nicht mehr. Er hat den Mann auf dem Vorbau von Mary Anns Saloon längst gesehen.

      Trevor Joslyn aber braucht nur vier, fünf Atemzüge, dann weiß er, dass er hier niemals weglaufen kann. Zwar könnten sicher einige Leute verstehen, wenn er nun einfach anreiten würde, aber einer seiner Männer ist angeschossen worden. Es gibt hier sehr einfache und vollkommen unkomplizierte Gesetze, die nicht einmal schriftlich niedergelegt sind. Ein Herdenboss, ein Vormann, oder wer immer sonst Männer führt und führen will – er muss für seine Männer sorgen, er muss sie verteidigen und sie im Notfall auch rächen.

      Dies alles weiß auch Trevor. Und darum nimmt er langsam die rechte Hand vom Zügel, legt sie auf das Sattelhorn und steigt langsam wieder ab.

      Unter dem Pferdehals hindurch wirft er einen schnellen Blick auf Charlie, der sich wirklich bewegt. Und bereits in dieser Bewegung drückt sich alle Vorsicht Charlies aus. Dicknase Charlie weicht augenblicklich mit einer schnellen Bewegung in die Deckung der einen Tragstütze zurück. Ein Mann, der so auf Sicherheit bedacht ist, dass er jeden Überraschungsangriff ausschalten möchte – einen Angriff mit einem Gewehr, denn Trevor Joslyn könnte sein Gewehr ziehen und schießen. Vielleicht würde ein anderer Mann es tun, ein Lump vielleicht, aber nicht Trevor. Hierin irrt sich Charlie, doch er ist vorsichtig, er vermeidet jedes Risiko.

      Joslyn erkennt es in einem Moment und bleibt stehen. Hier beginnt er bereits seinen Mann gründlich zu verwirren. Er verlässt seinen Standort nicht gleich, sondern sagt kurz und knapp zum Wagen hin: »Jeder bleibt an seinem Platz! Das ist ein Befehl! Niemand mischt sich ein, solange ich es nicht will. Wer weiß, wo Parker stecken mag, dass der Bursche wieder hier auftauchen kann. Ich werde ihn mir ansehen.«

      »Vorsicht, Trevor«, japst Eddy keuchend. »Der Kerl ist so gefährlich wie eine Klapperschlange. Er zieht links eine Idee schneller.«

      »Ich weiß es. Kennt er mich nicht?«

      Darin liegt alles, was ein Mann sagen kann. Sie alle haben es erlebt, dass ein Mann stehen geblieben ist, nachdem er bereits verwundet wurde: Trevor Joslyn. Sie haben es erlebt, dass Joslyn immer und in jedem Fall die Nerven behalten hat. Und darin liegt zu oft die Entscheidung eines Kampfes.

      »Boss, sei wachsam, er trickst dich vielleicht«, warnt jetzt auch Tonio. »Muss das sein? Du hast gesagt, dass keiner von uns zu kämpfen hat, ehe die Herde …«