G.F. Barner

G.F. Barner 1 – Western


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zischte Keith, glitt aus dem Bacheinschnitt und kam geduckt vor den anderen Burschen an die Büsche. »Vorwärts jetzt, es ist dunkel genug.«

      Er sah zu Jeff Cargham hinüber. Der hielt das Gewehr in der Faust, rannte geduckt links vor ihm auf den Corral zu. Dahinter kamen die anderen beiden, liefen schnell, näherten sich wie Keith und Cargham dem Corral, an dem sie sich alle duckten.

      Stille vor ihnen, Lichtschein aus dem flachen Bau des Bunkhauses.

      »Ssst«, zischelte Keith. Er hob die Hand und winkte Cargham zu sich heran. »Jeff – den Stallhelp, hörst du? Bleibt neben der Tür. Wenn er etwas hört, wird er herausrennen. Macht es kurz, verstanden?«

      Cargham nickte und grinste schief. »Keine Sorge, Keith.«

      Cargham holte durch eine Handbewegung Murphy heran, den einen Mann. Der kroch mit ihm los und schob sich an die Giebelfront des Bunkhauses. Murphy sah zum Haus hinüber. Licht hinter zwei Fenstern, der Schatten des einen Girls zeichnete sich sekundenlang ab.

      Das wird leicht, dachte Murphy und verzog den Mund kurz. Das Claydongirl und Andrews’ Tochter…, gleich zwei Weiber. Das wird ein Spaß. Die werden kreischen wie die Indianerweiber, he? Wann das Girl von Andrews wohl gekommen sein mag? Heute früh sahen wir den alten Claydon mit seinem Sohn und dem Zureiter die Lastpferde wegbringen. Die sind schon auf halbem Weg nach Burns, die Narren. Nur der alte Stallhelp noch hier und die beiden Girls. Das wird ein Spaß…

      »Komm, Murphy!«

      Cargham flüsterte ungeduldig, Murphy kroch weiter, kauerte gleich darauf an der Wand des Bunkhauses und war dicht neben der Tür. Murphy sah nach links und fuhr dann zusammen. Das Licht im Bunkhaus erlosch, um sie wurde es dunkel. Kein Lichtschein fiel mehr vom Bunkhaus aus in den Hof. Im Bunkhaus das Tappen der Schritte eines Mannes, ein Gebrummel, das Knarren eines Bettes.

      Der schläft, der Narr, dachte Murphy.

      Drüben lief jetzt Keith los. Keith rannte tief geduckt auf den Vorbau des Ranchhauses zu. Er schickte einen kurzen Blick zu den Fenstern empor, aus denen das Licht fiel. Das eine Fenster stand offen – das Mädchen sagte etwas. Die helle Stimme drang in die laue Nacht hinaus. Eine andere Stimme antwortete.

      Keith erreichte den Vorbau und sah sich um. Hinten im Stall kauerte Holbrock, der vierte Mann. Als Holbrock das Winken von Keith bemerkte, erhob er sich und huschte vorwärts. Er lief quer über den Hof, stierte auf die Fenster, mußte durch den Lichtschein.

      Gleich, dachte Holbrock, gleich…

      Er war mitten im Lichtschein.

      Und dann kam das Brüllen!

      Es war Holbrock, als schnitt ihm ein Schwerthieb unter den Rippen in das Fleisch. Er stolperte einen Schritt weiter, drehte sich seltsam unbeholfen und sah in der Drehung, daß es links aufblitzte. Dann packte ihn die zweite Kugel, während es direkt vor ihm unter dem Vorbau aufraste und eine Feuerzunge die Nacht und die Dunkelheit unter dem Dach des Vorbaues spaltete.

      Die zweite Kugel warf Holbrock nach hinten. Er fiel mit zuckenden Beinen und nach einem Halt greifenden Händen auf den Rücken. Über sich sah er die Sterne – Milliarden Sterne, die sich verwischten. Dann lag er und hörte Keith schreien: »Jeff – Jeff, weg hier!«

      Keith, dachte Holbrock, Keith, eine Falle, eine Falle. Sie schießen…

      Das Dröhnen kam, das Peitschen von Schüssen, das wimmern der Detonationen vermischte sich mit dem Heulen und Kreischen der Querschläger.

      Keith rannte wie ein Hase. Er sah kein Licht mehr aus den Fenstern fallen. Schlagartig war die Lampe oben erloschen. Dafür raste eine Feuerzunge nach ihm. Keith sprang im Zickzack an der Wand entlang und schrie, als ihm eine Kugel in die linke Schulter fuhr. Er sah, wie vor ihm ein anderes Geschoß den Boden aufriß. An seinem Kopf vorbei winselte etwas heulend und knallte in die Wand.

      Die Ecke, dachte Keith und rannte schreiend auf die Hausecke zu – um die Ecke, schnell!

      Er stürzte, spürte Schmerz am Bein, kam aber wieder in die Höhe und warf sich mit einem verzweifelten Satz nach vorn um die Ecke. Hinter ihm krachten, klatschten und jaulten einige Kugeln in die Hausecke. Keith fiel erneut, sein Bein gab nach. Er schlug schwer hin, sah jemand angerannt kommen. Der Mann tauchte aus dem Häuschen am Garten auf, und Keith feuerte aus dem Liegen auf ihn. Ein Schrei in der Nacht, eine wegtaumelnde, zu Boden stürzende Gestalt. Keith kam erneut hoch, er rannte an dem in die Büsche zurückgekippten Mann vorbei.

      Dann war er im Garten und sprang in langen, hinkenden Sätzen auf den kleinen Zaun zu. Als er sich über ihn warf, fauchte es bereits hinter ihm her. Eine Stimme schrie gellend auf dem Hof der Claydon-Ranch. Laute Schüsse peitschten drüben in der Nähe des Bunkhauses durch die Nacht.

      Jeff, dachte Keith, während er über den Zaun hechtete, aufprallte, sich rollte und wegrannte, die nackte Angst in der Seele. Jeff hat es erwischt. Jeff ist tot. Verflucht, sie haben auf uns gewartet, sie haben gewartet. Warum, warum?

      Er stöhnte, aber er rannte gleich darauf weiter. Die Gedanken in seinem Kopf überschlugen sich, der Schmerz fraß sich in die Schulter.

      Flint!

      Plötzlich wußte Keith, daß Flint sich befreit haben mußte. Und doch – es konnte nicht möglich sein. Dort schoß nicht nur ein Mann, dort waren mehrere, die feuerten, was aus den Läufen ging. Flint konnte nicht frei sein, unmöglich! Wer aber schoß dort, wer hatte auf sie gewartet? Wer?

      »Halt! Halt!«

      Keith hörte den brüllenden Warnschrei, als er am Bachufer war.

      Er torkelte weiter, er mußte sein Pferd haben. Einmal strauchelte er an Steinen und schlug schwer hin. Mühsam stemmte er sich auf, wollte hoch, war nur noch zehn Schritte von den Pferden entfernt.

      Als er kniete, sah er den Mann neben den Pferden stehen. Der Mann trat langsam aus dem Schatten.

      Über die Kante des Einschnittes fiel jäh Laternenlicht. Es war noch weit entfernt, vielleicht dreißig Schritte, aber das Licht genügte. Der Mann stand dort – Licht fiel auf ihn…

      Das Licht schuf Schatten, veränderte das Gesicht plötzlich. Irgendwo rechts liefen Männer und näherten sich.

      Flint, dachte Keith entsetzt.

      Das Licht veränderte das Gesicht Flints, über die Wange Flints fiel ein Schatten. Es war ein Schatten, der Flints Kinn dunkel machte, die Wange jedoch hell. Flint trug einen Bart, einen Bart!

      Flint war nicht mehr Flint. Flint war der andere – der andere, den Keith einmal erschossen hatte von hinten. Der andere – der Name…

      »Langley!« schrie Keith gellend auf. »John Langley, der Marshal…«

      »Langley«, sagte Flint eiskalt. »John Langley – nicht John Langley, Sam Sullivan. Ich bin Trevor Langley, der kleine Bruder. Ich bin Trevor Langley.«

      Wahnsinn, dachte Sam Sullivan, der sich jahrelang Al Keith genannt hatte, der ein Mörder und verschwunden gewesen war. Langley ist tot, ich habe ihn erschossen, und als er lag, habe ich das ganze Magazin in seinen Rücken gefeuert, das ganze Magazin. Ich bringe ihn um, ich muß ihn noch mal umbringen. Er hat es überlebt. Er hat sich nur den Bart abgenommen.

      Keiths Hand zuckte hoch, als der Knall kam und die Kugel seinen Arm wegriß. Aus seiner Hand flog der Revolver im wirbelnden Bogen auf die Steine im Bachbett.

      Dann fiel Keith auf die Seite, der Schmerz fraß ihn auf – und der Mann kam auf ihn zu. Es war John Langley, der Marshal aus El Paso in Texas, den Keith vor Jahren zum Sieb geschossen hatte.

      »Langley«, gurgelte Keith. »Langley – Hund – du Hund – Langley…«

      Er verstand die Welt nicht mehr, es ging über sein Begriffsvermögen, Flint war Langley. Langley war längst tot. Flint war ein Bandit.

      Langley ein Marshal – und tot, tot, tot!

      »Trevor – Trevor?«

      »Hier«, sagte Flint