G.F. Barner

G.F. Barner 1 – Western


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den Splitterkeil hoch. Er schob ihn drei, viermal durch das fette Schafsfleisch. Danach steckte er das Fleisch in die Hosentasche.

      All das geschah im Verlauf von kaum sieben Sekunden. In der zehnten Sekunde stand Clancy genau neben dem rückwärtigen vergitterten und winzigen Fenster der Hütte. Er hörte Gates’ Flüche und Floyds tobsüchtiges Gebrüll.

      Mit einem Zucken jagte Clancy den Splitterkeil durch die Verschlußöse seines Hosenriemens. Danach nahm er den Hackenstiel hoch. Er preßte ihn mit Gewalt in den Spalt hinein. Dieser öffnete sich wie ein Fischmaul, wie eine große Wäscheklammer. Nun führte Clancy den Hosenriemen nach hinten. Er beugte sich vorwärts, seine Hände stießen den Hackenstiel durch das winzige Gitterfenster.

      Unter dem Fenster, aber so weit entfernt, daß kein Mensch sie jemals mit einem Arm erreicht hätte, steckten die kurzen, scharfgeschliffenen Stahlkeile zwischen zwei Leisten über dem Werkzeugtisch.

      Clancy achtete jetzt nicht mehr auf Kinsey. Seine ganze Aufmerksamkeit konzentrierte sich nur auf einen der flachgeschmiedeten Keile. Der Schaft des Keils war rund. Als Clancy die riesenhafte Wäscheklammer vorwärtsschob, glitten ihre Schenkel mit Leichtigkeit am runden Schaft des einen Keiles vorbei. Den Stiel nun mit aller Kraft festhaltend, zog Clancy an seinem Hosenriemen. Der Riemen spannte sich. Der eingefettete Keil bog sich nach hinten. Und dann schnellte der Keil aus dem Spalt. Die großeWäscheklammer schloß sich, die beiden Schenkel legten sich wie die Backen eines Schraubstockes mit leichtem Druck um die Rundung des Stahlkeilschaftes.

      Jetzt erst hob er den Kopf.

      »Hau ihm das Gewehr an den Schädel!« schrie Kinsey heulend vor der Hütte. »Gates, hau ihn um, der würgt Quinton noch ab, der Bulle!«

      Im gleichen Moment zog Clancy behutsam beide Hände hoch. Der Stiel schwang nach oben. In seinem Spalt steckte der Keil, er wanderte auf das Gitter zu, Clancy packte ihn und bog ihn etwas um. Eine Sekunde später hielt Clancy den Keil in der Faust. Er duckte sich blitzschnell, dann riß er den Keil aus dem Spielspalt und legte den Stiel zu den anderen.

      Clancy flog in fünf wilden Sätzen auf die Latrine zurück. Seine Pulse hämmerten, sein Atem ging jetzt wirklich keuchend. Der kleine Holzsplitter flog durch die Brille nach unten. Noch hatte sich Clancy nicht gesetzt. Den Arm durch die Brille steckend, tastete er über die Vorderkante des Sitzgestelles. Dort war ein Vierkantbalken, an den die Bretter angeschlagen worden waren.

      Den Stahlkeil jetzt auch durch die Brille bringend, stieß Clancy ihn mit aller Macht zwischen Bretter und Vierkantholz. Der Keil saß so fest, daß ihn keine Erschütterung aus seiner Lage bringen und in die Tiefe fallen lassen konnte.

      Einen Augenblick später zog Clancy den Hosenriemen wieder durch die Schlaufen. Er saß nun, krümmte sich zusammen und hörte nur noch Gates wildes Gefluche.

      »Was ist denn los?« schrie Clancy. »Floyd, laß den fetten Molch doch fressen, bis er platzt. Oh, ist mir schlecht – nur kein Essen mehr – mir ist so elend...«

      Gates kam jetzt zurück, warf ihm einen finsteren Blick zu und knurrte:

      »Nichts als Ärger hat man mit euch Unschuldsvögeln! Bist du bald fertig?«

      »Gleich«, versicherte Clancy stöhnend. »Mr. Gates, es tut mir leid. Ich glaube, ich bin krank.«

      »Krank oder nicht. Du hast zu arbeiten, Kerl!«

      Yeah, dachte Clancy spöttisch, und wie ich gearbeitet habe, Mister. Ihr werdet euch noch wundern!

      Sie sollten sich wundern – ehe noch der Abend kam!

      *

      Kinseys brüllender Schrei durchbrach das Poltern der in den Wagen krachenden Lavabrocken.

      »Aufhören!« schrie Kinsey wild. Er kam von seinem bequemen Sitzplatz auf der Bank an der Hütte auf das Holzgestell zugestürmt. Clancy hatte die Katastrophe kommen sehen, als Kinsey in die Hütte gegangen war. Kinsey war nachdenklich wieder herausgekommen, hatte sich auf die Bank gehockt, war aber sofort erneut aufgestanden. Nach einem Blick in die Hütte rannte er nun auf sie zu.

      »Schluß da oben!« brüllte Kinsey grimmig. »Alles aufhören und runterkommen. Los, runter, ihr Hundesöhne! Gates – Gould, auch runterkommen treibt diese Halunken vom Gestell. Los, runter mit diesen verschlagenen Banditen!«

      »He, was ist los?« fragte Gould erschrocken. »Kinsey, ist was passiert?«

      Kinsey schwieg, er wartete, bis alle neunzehn Mann in einer Reihe vor ihm standen. Der stiernackige Mann mit den langen Armen und der fliehenden Stirn wippte auf den Stiefelspitzen.

      »So, da steht ihr jetzt«, begann er drohend. »Gould, geh los, geh in die Hütte und zähle mal die Keile nach! Los, Mensch, hau ab und zähl die geschliffenen Stahlkeile!«

      Kinseys lauernder Blick flog über die Sträflinge, jeden Mann sah er an. Clancy stand genauso reglos da wie alle anderen. Floyd hatte gerade noch rechtzeitig erfahren, was passieren mußte, und auch Floyd war vorbereitet.

      »Na?« lauerte Kinsey. »Nichts zu sagen, keiner was zu sagen, he?«

      »Nein?« schrie Kinsey voller Wut. »Na, Gould, wieviel Keile?«

      »Hol mich der Teufel«, schnaufte Gould. Er war für das Material verantwortlich. Es wurde am Morgen und am Abend gezählt, um das Verschwinden irgendeines Hammers, Meißels oder sonst eines Gegenstandes, mit dem sich jemand vielleicht befreien konnte, sofort festzustellen. »Verdammt, ich habe zweimal gezählt! Ein Keil fehlt!«

      »Ein Keil fehlt, wie?« fragte Kinsey und trat langsam auf den alten Perry zu. »Perry, Hundesohn, wo ist der Keil?«

      Der alte Perry erbleichte. Sein Gesicht wurde so grau wie seine Haare.

      »Ich weiß nicht«, stöhnte der Alte verstört. »Mr. Kinsey, ich weiß das nicht, bestimmt nicht, ich weiß nicht!«

      »Kinsey, warte«, brummte Gould hastig. »Er kann ihn nicht genommen haben. Ich stand dabei, als er sie ausgab. Wir sollten erst die heute früh ausgegebenen Keile nachzählen. Wer hat einen bekommen?«

      Die Sträflinge meldeten sich der Reihe nach. Gould stieg auf das Gestell, zählte nach und kam auf acht Keile und keinen mehr

      »Fehlt immer noch einer!« brüllte Kinsey, er zitterte vor Wut am ganzen Leib. »Wo ist der Keil, verflucht?«

      Sie blickten sich an, alle erschrocken und verstört. Keiner meldete sich.

      »Das war doch dieser alte Hundesohn Perry!« schrie Kinsey wild. »Perry, du hast ihn gestohlen, gib es zu!«

      »No, no, ich war’s nicht, ich hab’ keinen nehmen können!« stöhnte der Alte. »Mr. Gould...«

      »Er konnte weder einen nehmen, noch hätte sich einer der anderen einen stehlen können!« knurrte Gould verwirrt. »Kinsey, ich sah ihm genau auf die Fmger, und ich stand vor der Werkzeugbank. Keiner konnte an sie heran, Kinsey!«

      »Und wie ist der Stahlkeil verschwunden?« tobte Kinsey. Schaum sammelte sich in seinen Mundwinkeln, und es sah aus, als wollten ihm die Augen aus den Höhlen quellen. »Verflucht noch mal, der Keil ist weg, oder nicht? Liegt er vielleicht hinter der Bank?«

      »Wie sollte er ’runtergefallen sein?« fragte Gould. »Ich sehe noch mal nach.«

      Er rannte davon, und Clancy sah ihm mit dem gleichmütigsten Gesicht der Welt nach.

      Sie konnten zwar nicht sehen, was Gould hinter der Hütte tat, aber Clancy hörte, daß Gould über die Stiele trampelte. Gleich darauf kam Gould zurück. Er sah verstört aus und schüttelte den Kopf.

      »Das verstehe, wer will«, fluchte er. »Die Hölle – er ist nicht zu finden, Kinsey. Einen Moment dachte ich, jemand könnte durch das hintere Fenster geangelt und einen Keil erwischt haben aber so lang ist kein Arm. Alle vortreten, die einen Keil bekamen!«

      Kinsey nahm sich jeden Mann vor. aber obgleich sie suchten und sogar unter dem Holzgestell die Lavabrocken umdrehten, der Keil fand sich nicht.

      »Die