du sicher, daß Liza einen eigenen Saloon hat – von unserem Geld?«
»Ja«, knurrte Mort Dillon grimmig. »Darauf kannst du Gift nehmen – sie hat mit unserem Geld einen Saloon gebaut oder gekauft. Und wenn sie nicht weiß, wie man Geld macht, dann weiß es keine. Charly, kein Wort zu irgendwem, kein Wort davon, daß wir Liza wegen unseres gestohlenen Geldes suchen! Ich möchte sie wiedersehen, ich bin ganz hungrig nach ihr, ist das klar?«
»Ich bin doch kein Waschweib!« gab Charly zurück. »Mort, was tun wir mit ihr, wenn wir sie gefunden haben?«
»Ich weiß noch nicht, Bruder, aber sie wird zahlen, das schwöre ich dir! Wenn wir in Comanche bei Tom Pillar sind, suchen wir nach Berichten über uns, verstanden? Dann denkt er sich nichts dabei, wenn wir auf dem Boden die Zeitungen durchwühlen.«
Mort Dillon fluchte verbissen. Er gab sich jedoch keiner Täuschung hin, denn dazu kannte er Liza Palucco viel zu gut. Mit Sicherheit wußte sie, daß er aus dem Jail war, und hatte sie es zu Geld gebracht, mußte er damit rechnen, daß sie sich jemand anwarb, der ständig in ihrer Nähe war, um sie vor ihm zu schützen. Es konnte sogar noch schlimmer kommen: Liza war eiskalt genug, sich zwei oder drei Revolverschwinger zu holen, die ihn und Charly abknallen würden, sobald sie dort auftauchten, wo Liza zu Hause war.
Mir kann sie nichts vormachen, überlegte Dillon. Ich weiß, daß sie über Leichen geht. Von hundert Frauen würde ich vielleicht drei finden, die es wagen würden, nachts allein über einen Friedhof zu gehen, wenn die Käuzchen schreien und der Wind es überall rascheln und winseln läßt. Von tausend Frauen aber würde höchstens eine bereit sein, in einem Grab herumzuwühlen. Man muß sich das mal vorstellen – eine Frau nachts allein auf einem alten Friedhof an einem Grab mit einer Schaufel. Sie ist allein hingeritten, sie hat keinen Mann dabei gehabt. Das hat sie alles allein tun müssen.
Mort Dillon starrte finster vor sich hin. Das Grab von Juan Montenero hatte unberührt ausgesehen. Das war kein Wunder, denn er, Mort, hatte Liza Palucco einmal auf die Frage, warum man seine Räubereien manchmal erst nach Tagen entdecke, geantwortet: »Weil ich immer alles, was ich irgendwo öffnen, schließen oder sonstwie bewegen muß, genauso wieder in Ordnung bringe, wie es zuvor gewesen ist!
Sie hatte also nach seiner Methode gearbeitet. Nein, dumm war Liza Palucco nicht. Und wenn er nicht sehr vorsichtig war, konnte es geschehen, daß sie ihn in eine Falle laufen ließ, aus der er lebend nicht mehr entkam!
Nun gut, sagte sich Dillon, bis dahin ist noch Zeit. Zuerst müssen wir nach Comanche. Mal sehen, was wir dort finden.
*
Dillon sah die Frau kurz an. Sie kam herein und schob den Vorhang mit den Glasperlen beiseite, der den Last Chance-Saloon Tom Pillars von Pillars Generalstore trennte. Die Glasperlen klirrten leise, die Frau blieb stehen, eine Hand in die Hüfte gestemmt – genau wie Liza damals, aber Liza war rothaarig gewesen, wenngleich das rote Haar nicht echt war.
Blond, dachte Mort Dillon, blond, etwas füllig, auch nicht mehr jung genug, aber sie hat diesen Zug um den Mund. Den haben sie alle, man erkennt sie gleich…
»Hallo«, sagte die Frau kehlig, dann ging sie weiter und wackelte mit den Hüften, Speckhüften, wie sie Mort nie gemocht hatte. »Hallo, da seid ihr ja wieder! Na, wie sieht es aus bei euch?«
»Schlecht«, gab Mort kurz zurück. »Kennst du uns jetzt?«
Das war schon genug. Sie kannte jede Sorte Männer, diese auch, die solche Antworten gab. Gestern hatte die Frau sie noch nicht gekannt, weil dem fetten Tom Pillar keine Zeit geblieben war, die Dillons vorzustellen. Man tat das nicht, man klärte Fremde erst auf, wenn Männer wie die Dillons wieder fort waren.
»Ja«, sagte die blonde Frau, deren Haar gebleicht war und bald dünn und strähnig sein würde. »Ja, Dillon. Ich wollte nur fragen.«
»Das hast du getan!« murmelte Mort. Er legte den Stapel Zeitungen, den er vom Boden mitgebracht hatte, vor sich hin. »Wie heißt du – Nancy? Ich brauche eine Schere!«
»Sofort, Dillon!«
Gut, gut, sie hat verstanden, sie weiß alles über uns, dachte Mort, sie weiß von Liza, von allem, was uns so nachgesagt wird. Wie das doch wirkt! Sie holt jetzt die Schere, sie hat gelernt, wie man als »Herumreichfrau« zu sein hat, wenn Kerle wie wir gekommen sind.
Mort grinste, dann sah er Charlys hochgezogene Brauen und nahm einmal den Ellbogen herum. Der Stoß ließ Charly zusammenzucken. Charly mochte blonde und fette Frauen, nach denen war er ganz verrückt
»Laß das!«
»Ja, Mort.«
Nancy kam hinter dem Tresen heraus und brachte die große Schere, legte sie hin, sah Mort in die Augen und lächelte:
»Zufrieden, Mr. Dillon?«
»Gut, Nancy.«
»Kann ich noch etwas für Sie tun, Mr. Dillon?«
»Nein!«
Das war es – ihr Lächeln erlosch für eine Sekunde.
»Na ja«, sagte sie achselzuckend und hatte begriffen, daß er zwar hungrig war, aber nicht hungrig nach ihr. Veilchenseife, dachte Mort, sie benutzt Veilchenseife und hat sich gerade gewaschen. Sicher ist sie die ganze Nacht beschäftigt gewesen und erst nach dem Mittag aufgewacht. Sie schlafen alle bis in den Mittag hinein und wachen erst richtig auf, wenn es dunkel wird. Mit wem hat sie…
Es war reine Neugierde, sonst nichts, als er sich im Saloon umsah.
Drüben links hingen die Rudleys mit zwei Freunden in der Ecke um den runden Tisch. Sie spielten lustlos Monte und hatten jetzt eine schlechte Zeit, denn die Rancher in den Bergtälern brannten die Winterkälber. Jetzt waren zu viele Cowboys auf den Weiden, darum tat sich für die Rudleys nicht viel, sie konnten schlecht Rinder stehlen.
Kleine Viehdiebe, die nur Vieh stehlen können, dachte Mort, mit denen würde ich nie etwas gemeinsam machen. Wir haben uns begrüßt, das war genug. Die haben kein Geld für Nancy…
Der Mann im Windschatten der Saloontür war schon interessanter. Er hieß Ludlow, war ein Spieler und, wie Tom Pillar gesagt hatte, vor einer Woche gekommen. Er schlief auch bis zum Mittag, weil sein Geschäft am Abend begann. Nach Pillars Worten hatte er mit dem jungen Bradley und ein paar Freunden dieses verzogenen Rancherlümmels gepokert. Sicherlich durfte Bradleys Vater nicht wissen, daß sein Sohn hier mit seinen Freunden verkehrte und mehr Geld verspielte, als der Alte ihm gab.
Brian Woods hockte einsam, die Arme auf der Tischplatte und den Kopf auf den Armen, seinen Frühwhisky verdauend und nun fest schlafend, links vom Eingang am Fenstertisch. Er war einmal Schmied gewesen, beschlug in Comanche immer noch Pferde, vertrank jedoch jeden Cent und siechte langsam dahin. Eines Tages würde er an diesem Tisch sitzen bleiben und nicht wieder aufstehen, Mort ahnte es.
In der anderen Ecke saß ein Fremder – ein Mann mit einem Umhang aus grobem Segeltuch. Der Mann hatte den Stuhl ganz in die Ecke geschoben, die Beine auf einen anderen Stuhl gelegt, den Hut ins Gesicht gestülpt und die Hände unter dem weiten Umhang. Seine Stiefel waren nicht sehr schmutzig und noch nicht alt, seine Hose auch so gut wie neu. Vielleicht schlief er, vielleicht war er aber auch wach. Er saß in der Ecke so gut, daß er schräg durch das Fenster blicken und jeden sehen konnte, der von Süden die Straße heraufkam. Zudem hockte er für alle, die hereinkamen, im toten Winkel. Er sah alle, aber sie ihn nicht.
Der, dachte Mort, der auch nicht – das ist ein Loofer, ein Einzelgänger. Ich wette, er hat ständig die Hand am Colt. Tom kennt ihn nicht, er war noch nie in Comanche und kam am frühen Morgen, als wir noch schliefen.
Draußen vor der Tür knarrte die Trittleiter, Tom schnaufte schwer, dann kam er mit einem Eimer weißer Farbe herein. Er hatte die Schilder über dem Vorbau neu gestrichen und die Namen nachgezogen. Das tat er in jedem Frühjahr.
»Na, was gefunden, Mort?«
»Ja«, sagte Mort grinsend. »Was diese Zeitungsschmierer da alles zusammengekleckst haben! Wußte gar nicht, daß wir damals so berühmt gewesen sind. Ich werde alles ausschneiden