G.F. Barner

G.F. Barner 1 – Western


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die Brauen zusammenzog.

      »Mein Gott«, flüsterte sie. »Bill, das sind die Dillons? Ich habe sie mir ganz anders vorgestellt – größer, wilder – ganz anders, und doch, Bill, sie sind tödlich gefährlich für sie. So viel Verschlagenheit und Tücke habe ich noch nie in den Augen eines Menschen gesehen.«

      »Ja, Mort Dillon ist ein Satan, er hat einen teuflischen Verstand«, murmelte Bill Logan düster. »Er wird versuchen, mich umzubringen, ich bin sicher.«

      »Um Gottes willen, Bill, wenn Sie das wissen, warum geben Sie dann nicht endlich den Stern ab?«

      »Das würde gar nichts ändern«, sagte er bitter. »Ich habe den Burschen vor viereinhalb Jahren geschworen, daß ich sie erwischen würde. Damals verschwand Matt Warren oben am Arkansas River, nachdem er von der Colorado Mining Company viertausend Dollar für seinen Claim bekommen hatte. Der alte Matt Warren war ein Leben lang Prospektor, bis er einmal Glück hatte. Und daran starb er, weil die Dillons in seiner Nähe waren. Ich bin sicher, sie haben ihn auf dem Gewissen. Mort Dillon ist ein mehrfacher Mörder, doch ich konnte das nie beweisen. Die Halunken gehören an den Galgen!«

      »Vorher geben Sie Ihren Orden nicht ab, Bill?«

      »Nein«, sagte er verbissen. »Seitdem sie im Jail saßen, ist dieses Nest immer harmloser geworden. Comanche war ihre Hochburg, von hier aus zogen sie zu ihren Raubzügen und Morden aus. Im Norden bis zum South Platte und im Süden bis an den Llano Estacado. Sie waren es, die von allem Gesindel als Helden gefeiert wurden und es in dieses Nest lockten. Daß ich sie erwischte, hat sie ihren Nimbus gekostet. Und das vergißt mir Mort niemals. Er war der König von Comanche.«

      »Und sein Bruder Charly?«

      »Allein wäre er gar nichts – es hätte gerade zum letzten Kuhtreiber gereicht«, brummte Logan. »Er kann nicht für sich denken, aber wenn er jemand umbringen kann, dann macht er es sofort. Dann kann er Mort, seinen ihm weit überlegenen Bruder, beweisen, daß er das wenigstens versteht.«

      »Mein Gott, Bill, dieser Mensch sollte nur morden, um seinem Bruder etwas zu beweisen?«

      »Ja«, sagte der Marshal düster. »Er macht alles, was Mort ihm befiehlt, er schweigt auf Befehl wie ein Grab. Ich frage mich jedesmal, wenn ich an die Dillons denke, wo sie ihre Opfer gelassen haben mögen. Man hat nie jemand gefunden, den sie umgebracht haben. Die Opfer verschwanden spurlos – es ist mir unbegreiflich, ich muß erst dahinterkommen.«

      »Bill, und wenn Sie dabei sterben?«

      Logan blickte sie seltsam an, ehe er nach Süden sah, wohin er den toten Burton bringen mußte.

      »Würde Ihnen das etwas ausmachen, Scarlett?«

      »Ja«, sagte sie geradezu bissig. »Ja, Bill! Und das wissen Sie verdammt genau. Müssen Sie mich dauernd ärgern?«

      »Vielleicht«, gab er zurück. »Vielleicht muß ich das tun, weil ich sonst einem Schwur untreu werden würde. Erst die Dillons – danach…«

      »Was, Bill?«

      »Ach, zum Teufel!« knurrte er. »Scarlett Parkinson, du weißt ganz genau, was ich damit sagen will. Jetzt laß mich in Ruhe, ich brauche meinen Kopf noch für die Dillons!«

      Er zog die Schultern hoch und ging brummend davon, um seinen Hengst zu holen, den Grauschecken, der die Spur von Mensch und Tier noch nach Tagen verfolgen konnte.

      *

      Mort Dillon saß jetzt schon seit zehn Minuten reglos im Sattel und starrte vom Raton Paß nach Süden. Es war tiefe Nacht, die richtige Zeit für ihn und Charly. Ein Mann, der nachts ritt und am Tag rastete, fiel kaum einmal auf, er blieb gewissermaßen unsichtbar. Nach diesem Rezept war Dillon immer verfahren. Wenn man sie sah, dann bestimmt niemals dort, wo jemand ins Gras biß oder spurlos verschwand.

      Charly kauerte zusammengesunken hinter ihm im Sattel seines Pferdes und wagte nicht, ihn zu stören. Mort Dillon dachte nach – und wenn er das tat, hatte Charly den Mund zu halten und keinen Lärm zu machen.

      Er denkt an Logan, grübelte Charly, ich wette, er denkt an Logan. Oder denkt er doch an Liza? Er hat die Zeitungen gefunden. Wenn Mort auch die Artikel über uns ausgeschnitten hat, so hat er doch gelogen, denn er will sie gar nicht aufheben. In Wirklichkeit ist er sicher, daß die Berichte über die Gold- und Silberfunde am oberen Arkansas River bei Centreville auch von Liza gelesen worden sind. Er sagt, sie ist in Centreville, und weil er das sagt, stimmt es. Wir werden Liza besuchen.

      »Es hat keinen Zweck«, sagte Mort in diesem Augenblick finster. »Wir müssen den Rücken freihaben, ehe wir Liza begrüßen, die liebe, gute Liza! Nein, es geht nicht, er muß erst in die Hölle. Der Hund hat nicht eher Ruhe, bis er uns am Galgen hängen hat. Komm mit, Charly!«

      Charly folgte ihm wortlos. Er mußte stark nach vorn gebeugt reiten, denn sein guter Bruder hatte ihn derart getreten, daß er kaum sitzen konnte. Charly hatte sich nicht beherrscht und dem Marshal gesagt, was ihn erwartete. Die Strafe war erfolgt, als sie in der Dämmerung Comanche verlassen hatten.

      Jetzt war heller Mondschein. Mort ritt schweigsam durch den Paß und den anschließenden Canyon, dann bog er auf kahlem Fels nach rechts ab, er drehte um. Charly fragte nichts, er wußte, Mort brütete etwas aus. Als Mort schließlich hielt, lag der Steilhang unter ihnen.

      Dahinter kam ein Geländeabsatz von etwa zweihundert Schritt Länge, den ein bis zu zehn Schritt breiter und hundert Schritt langer Felsspalt durchzog.

      Mort Dillon stieg ab, nahm einen größeren Stein auf und schleuderte ihn auf die Geröllfläche des Steilhanges. Sekunden später sauste eine Steinlawine in die Tiefe und verschwand im Felsspalt. Das dumpfe Tosen und Kollern drang erst nach vielen Sekunden zu ihnen herauf. – Charly blieb stumm. Da er ohnehin nicht begriff, was das alles sollte, wollte er sich den Vorwurf ersparen, wieder einmal zum Sterben zu blöde gewesen zu sein.

      »Wir werden unseren Packgaul in Trinidad verkaufen und gegen eine rassige Stute tauschen«, sagte Mort plötzlich bedächtig. »Ja, mit einer Stute müßte es gehen. Darauf kommt er nicht – niemals. Links vom Paß ist es verdammt ungünstig für jemand, der einen anderen sucht. Rechts auf der Höhe ist Buschwald, sind genug Bäume. Da würde ich auch nicht reiten wollen. Hm… er könnte ganz nach Westen ausbiegen – könnte er, wie? Aber das würde jemand sehen und ihn doch noch abknallen können, wenn er so geschickt ist wie ich. Ich wette, er denkt lange nach, ehe er sich entscheidet, aber dann wird er sich auf seinen Gaul verlassen, dieses Höllenvieh mit der Nase eines Bluthundes. Nein, ein Bluthund ist nicht so gut, habe ich recht, Charly?«

      »Du hast recht!« antwortete Charly gehorsam. »Das Höllenvieh hat damals unsere Spur gerochen, obgleich wir sie gut verwischt hatten und sie vier Tage alt war. Und die Augen erst – es muß Falkenaugen haben.«

      »Stimmt!« knirschte Mort giftig. »Falkenaugen und eine Hundenase. Das kommt davon, weil es mal ein ganzes Wildpferdrudel geführt hat ­darum ist das Mistvieh, das elende, so schlau. Wir werden uns eine Stute besorgen, das ist eine Idee! Eine bessere Idee habe ich nur gehabt, als mir die Sache mit dem zweifachen Grab einfiel. Wir werden Logan umbringen, ehe wir unsere Freundin Liza besuchen, klar?«

      »Ja?« freute sich Charly wie ein Kind. »Kann ich ihn abknallen? Ich mache ihm ein Loch in den Schädel oder in den Bauch – wohin du willst. Nur, können wir es nicht so tun, daß es noch ein bißchen lebt, damit ich auf ihn spucken kann?«

      »Das möchtest du zu gern, was?«

      »Ja, ja!« knirschte Charly. »Ich hab’s ihm versprochen.«

      »Daraus wird nichts, Charly, wir werden ihn auch nicht erschießen.«

      »Nein«, sagte Charly enttäuscht. »Nicht erschießen – auch nicht totschlagen? Wie willst du ihn umbringen, Morty?«

      Morty, das sagte er sehr selten und nur, wenn er einen großen Wunsch hatte.

      »Ich werde ihn begraben!«

      »Aber – dazu muß er doch erst tot sein, Morty? Laß ihn mich doch auf meine Weise…«

      »Nein!«