nach vorne. Sich aktiv und nachhaltig auf den Weg für die persönliche Zukunftsfähigkeit zu machen, bedeutet vor allem, Verantwortung für sich zu übernehmen und an der einen oder anderen Stelle das eigene Verhalten zu überdenken und zu ändern.
Dies zu tun, dazu möchte ich jeden einzelnen Leser und jede einzelne Leserin einladen und ermutigen. Und auch Unternehmen und Menschen mit Personalverantwortung will ich motivieren, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin zu unterstützen, zukunftsfähig zu werden.
Die folgenden Kapitel geben Anregungen, hilfreiche Ideen und Tipps, wie dies auf eine leichte und immer wieder auch spielerische Art gelingen kann. Fallbeispiele, Selbstchecks, Impulsfragen und Übungen laden zum Innehalten und zur Reflexion ein. Die Themenfelder der Zukunftsfähigkeit habe ich in sieben Kapitel unterteilt. Diese basieren auf zahlreichen Gesprächen mit Experten aus Unternehmen und Organisationen sowie Erkenntnissen aus aktuellen und wissenschaftlichen Studien. Meine persönliche Expertise in der Zusammenarbeit mit Menschen und Organisationen, im Umgang mit Veränderung und den positiven Blick auf die Welt möchte ich mit allen Leserinnen und Lesern dieses Buches teilen.
Zur besseren Lesbarkeit werden in diesem Buch personenbezogene Bezeichnungen, die sich zugleich auf Frauen, Männer, trans- oder intersexuelle Personen beziehen, meist in der maskulinen Form dargestellt. Dies impliziert keine Herabsetzung der anderen Geschlechter und ist nur der einfacheren Lesbarkeit geschuldet.
1 Persönliches Mindset
1.1 Auf der Suche nach Zukunftsfähigkeit
War das schon alles? Da geht doch beruflich noch was, da ist doch noch Luft nach oben, oder? Wie soll ich mich für die Zukunft im Job aufstellen? Die Coachees Ben, Katharina und Yasmin kommen mit dem Wunsch der beruflichen Veränderung zur mir, einzeln natürlich. Ich frage nach, was sie denn genau meinen mit »Da geht doch noch was«, was sie unter »Karriere« und »Erfolg« verstehen und was sie in der Zukunft eigentlich erreichen möchten. Erstaunte Gesichter, bei allen. Die Antwort lautet fast unisono: »Da muss ich erst mal drüber nachdenken, denn ich dachte, Sie sagen mir das, deshalb bin ich ja zu Ihnen gekommen. Ich weiß einfach nicht mehr, wie Karriere heute funktioniert. Irgendwie scheint alles möglich. Gleichzeitig bin ich völlig orientierungslos und weiß nicht, ob ich nach Sinnerfüllung suchen soll oder was ich überhaupt will.« – »Das heißt, Sie suchen nach sinnerfüllter Zukunftsfähigkeit?«, fasse ich es zusammen. Ich erhalte Zustimmung: »Das bringt es auf den Punkt.« Vorsichtig kläre ich auch darüber auf, dass ich als Coach in erster Linie Fragen stelle und Impulse gebe, dass jedoch jeder für sich selbst diese Fragen beantworten muss.
So beginnt oftmals der gemeinsame Weg im Coaching – oder nennen wir es »Karriereberatung für heute, morgen und übermorgen«. Die erste Erkenntnis, die dabei vermittelt wird: Du bist für deine Zukunft, dein Glück und deinen persönlichen Weg selbst verantwortlich. Wie du handelst, was du tust und was du unterlässt, ist deine Entscheidung. Klar bringt jeder Mensch unterschiedliche Voraussetzungen mit, eine unterschiedliche Herkunft und damit einhergehend eine andere Sozialisation, andere Stärken, andere Wünsche und Ziele. Gemeinsam ist uns aber allen, dass jeder in seinem eigenen Handlungsrahmen aktiv sein kann und heute sogar (viel mehr als früher) sein muss.
»Karriere« buchstabiert man heute anders, da sich die Berufs- und Arbeitswelt extrem wandelt. Und weil sich die Menschen verändern. Die Werte der Babyboomer werden durch andere Werte jüngerer Generationen abgelöst. Ängste wegen des Klimawandels und Sorgen um ein friedliches Miteinander auf unserem Planeten stehen heute anders im Fokus als im letzten Jahrhundert. Auch die Vorstellungen über ein gelingendes Leben wandeln sich. Und dann ist da noch die Digitalisierung, die alles antreibt. In einer rasenden Geschwindigkeit. Man denke an die ganzen neuen Berufsfelder im Online-Business und IT-Sektor. Genauso aber an die Berufe, die in den nächsten Jahren verschwinden werden. Das eine geht, das andere kommt. Manche sehen vor allem die Chancen, die in der zunehmenden Digitalisierung liegen, andere spüren eher das Risiko und wittern überall Gefahr. Beides liegt dicht beieinander. Viele Berufe werden schlicht und einfach wegfallen. Berufe wie zum Beispiel Buchhalter, Steuerberater, Kassierer, aber auch Bankangestellte und Zahntechniker sind durch Fertigkeiten charakterisiert, die weitgehend durch künstliche Intelligenz und Digitalisierung automatisierbar sind. Es sind Berufe, die leicht von Computern und Robotern ersetzt werden können. Andere Berufe wiederum wie Therapeut, Erzieher, Sozialarbeiter und Lehrer lassen sich schlechter »entmenschlichen«, obwohl es schon ausgefeilte Ideen gibt, den Schulunterricht mithilfe von Robotern durchzuführen oder Chatbots1 zur Diagnose und Therapie von psychischen Problemen einzusetzen. Auch in diesen Berufsfeldern wird kräftig weiterentwickelt. Und sicher ist, dass in Zukunft in vielen sozialen und therapeutischen Berufen der eine oder andere Roboter bestimmte körperliche Tätigkeiten übernehmen wird. Die Frage ist, ob das Gespräch von Mensch zu Mensch und die individuelle Zuwendung in solchen Berufszweigen auch langfristig wichtig sind und Zukunftschancen sichern.2
Ja, und was sage ich jetzt jeweils zu Ben, Katharina und Yasmin? Ganz klar: Werde aktiv, suche nach dem, was dir beruflich wirklich Freude macht, aber immer vor dem Hintergrund der Zukunftsfähigkeit. Denn was hast du davon, wenn du dir den tollsten und schönsten Beruf aussuchst, dir das nötige Know-how aneignest und dieser dann verschwindet? Ersetzt durch künstliche Intelligenz. Deswegen ist es wichtig, solche Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und flexibel zu sein. Agil zu sein. Umdenken zu können und gegebenenfalls neu durchzustarten. Das bedeutet heute Zukunftsfähigkeit. Und diese wird immer auch mit Sinnsuche einhergehen. Das eigene Fühlen und Denken und somit deine eigene Haltung sind das, was dich ausmacht. Und dazu gehört auch, wie du dich auf die Zukunft einstellst. Wie und ob du herausfindest, auf welche Weise du deinen beruflichen Neigungen und Zielen auch in Zukunft nachgehen kannst.
1.2 Komfortzone, Lernzone und Panikzone
Um unser Handeln zu verstehen, bietet sich das Konzept der Komfortzone an. Was ist sie denn nun, die viel zitierte Komfortzone? Die Idee dahinter geht von drei Zonen aus: Komfortzone, Lernzone und Panikzone.3 Wir brauchen sie alle. Entscheidend ist aber, wie viel Zeit unseres Lebens wir in welcher Zone verbringen, denn in der Komfortzone ruhen wir uns aus, in der Lernzone erweitern wir unsere Fähigkeiten, und die Panikzone zeigt uns auf, wo unsere Grenzen sind.
Abb. 1: Das Konzept von Komfortzone, Lernzone und Panikzone
In jeder Zone sind wir also in einem anderen Zustand. Fangen wir für das Verständnis unseres Handelns bei der eigenen Komfortzone an. Im Grunde beschreibt sie unseren heutigen Aktionsradius. Oder unseren ganz persönlichen Wohlfühlrahmen. Sie umfasst also Situationen, die wir kennen und in denen wir nicht mehr darüber nachdenken müssen, wie etwas geht. Das gilt in ähnlicher Weise für den Körper. Schauen wir uns dazu doch mal unseren Alltag und unsere Bewegungsabläufe im Allgemeinen an. Unsere Sportarten, unsere Essgewohnheiten, unser Denken, unsere Kommunikation – einfach alles. Je öfter und je besser wir bestimmte Abläufe durchlaufen, umso bequemer ist es. Und diese Muster können wir dann in der Komfortzone fast blind abspulen. Je älter wir werden, umso mehr haben sich diese Muster gefestigt. Das, was wir nur gelegentlich ausprobieren, wird daher immer anstrengender. Daher lassen wir es oftmals langsam einschlafen. Und halten uns in der Komfortzone auf, indem wir unsere bekannten Abläufe wieder und wieder durchlaufen.
Das Gute an der Komfortzone ist, dass wir uns dort so richtig wohlfühlen, denn alles geht uns leicht von der Hand. Wir brauchen kaum nachzudenken und müssen uns nicht wahnsinnig anstrengen. Diese Behaglichkeit sorgt jedoch dafür, dass wir mit der Zeit veränderungsmüde werden. Müde und träge. Weil es so kuschelig dort ist und so wenig Kraft kostet. Weil wir im Alltag einfach sowieso schon so viel um die Ohren haben. Weil wir vielleicht auch einfach mal die Nase voll haben von der ganzen Veränderung – gerade in der heutigen Zeit, in der sich der Wandel drastisch beschleunigt hat und täglich neue Anforderungen definiert werden. Das ist einfach schon für sich genommen anstrengend. Wenn sich ein Mensch nun in der Komfortzone glücklich fühlt, über Jahrzehnte in derselben