Katrin Busch-Holfelder

Zukunftsfähig im Job


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zu gefährden. Die eigene Selbsteinschätzung ist realistischer. Es werden konstruktive Strategien und externe Unterstützung genutzt. Andere Menschen werden als »Richter« angesehen. Andere Menschen werden als Unterstützer gesehen.

      Abb. 4: Fixed und Growth Mindset nach Carol Dweck6

      Veränderungslust

      Kürzlich habe ich gelesen, dass wir den »Veränderungsfrust durch Veränderungslust« ersetzen müssen. Das gefällt mir gut. Denn wenn wir im Leben und im Job glücklich und zufrieden sein wollen, müssen wir etwas haben, was uns motiviert. Wir müssen Lust auf Veränderung haben, um unsere Träume leben zu können, unsere Ziele zu erreichen und glücklich zu sein.

      Das Stichwort »Veränderungslust« weckt in mir Gefühle von Freude und Spaß daran, Neues zu lernen – wie geht dir das? Denk einmal an das zurück, was du als Kind getan hast: krabbeln, laufen, Rad fahren, rechnen und schreiben, Klingelstreiche, soziales Miteinander, all das hast du mit Begeisterung gelernt und getan. Jetzt beschäftigen dich andere Themen, aber das Prinzip ist das Gleiche. Hinfallen, aufstehen, hinfallen, aufstehen. Glauben, es gehe nicht, und dann »Juhu! Geschafft!« rufen. Was heißt hier »scheitern«? Hinfallen ist ausdrücklich erlaubt, denn ohne Stolpern und Straucheln lernt man nicht zu laufen. Heute gibt es dafür im Unternehmenskontext die Ausdrücke Fehlerkultur und Agilität. Aufstehen, weitermachen, dranbleiben, Chancen sehen und nicht gleich aufgeben, wenn etwas mal nicht sofort im Erfolg mündet. Nicht bis zum Ende planen, sondern das machen, was gerade dran ist. Ausprobieren, was funktioniert, und dann erst mehr davon. Den Rest verwerfen. Früher gab es solche Sprichwörter wie »Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen« oder »Übung macht den Meister«. Aber brauchen wir heute noch die Meisterschaft? Brauchen wir immer die 100 Prozent oder sind inzwischen nicht oftmals 80 Prozent gut genug? Hier meine Antwort: Mal braucht es die 100 Prozent und mal reichen 80 und manchmal sogar vielleicht weniger. Perfektionismus auf allen Ebenen ist Vergangenheit. Es gilt zu erkennen, wann wir Routinen und Perfektionismus benötigen und wann Flexibilität und Schnelligkeit. Wenn ich in der Werkstatt die Bremsen meines Autos reparieren lasse, dann sind mir 100 Prozent schon wichtig, da reicht mir keine Annäherung. Andere Bereiche benötigen Flexibilität und Anpassung. Da geht es eben Schritt für Schritt. Training ist zwar die Devise, aber in Verbindung mit neuen Wegen und alternativen Lösungen. Fallen und wieder aufstehen, so entsteht Beweglichkeit. Genau diese Wendigkeit ist eine der Kompetenzen, um in der sich stetig erneuernden Welt zurechtzukommen.

      Der Mindset-Check

      Anhand der folgenden Aussagen kannst du selbst einmal ehrlich überprüfen, wie dynamisch dein Mindset ist.

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      Selbstcheck Mindset

      Nimm eine Skala von 1 bis 10 und beantworte die Fragen im Sinne von 1 = »Ich stimme überhaupt nicht zu« bis zu 10 = »Ganz meine Meinung, genauso ticke ich«. Du kannst gerne Farben zur einfacheren Visualisierung nutzen.

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       Ich glaube, dass es jederzeit möglich ist, neue Fähigkeiten zu entwickeln.

       Ich denke nicht in den Kategorien »richtig oder falsch«.

       Ich sehe Scheitern als Experimentieren und Ausprobieren.

       Ich sehe mich als Gestalter.

       Ich bin immer neugierig.

       Ich übernehme Verantwortung für mich, mein Handeln und mein Leben.

       Ich suche aktiv nach Herausforderungen und wachse an ihnen.

      Je mehr Fragen du mit großer Zustimmung beantwortet hast, umso flexibler ist dein Mindset und umso größer ist wahrscheinlich auch deine Beweglichkeit, also deine persönliche Agilität.

      Das Gegenteil von einem Growth oder dynamischen Mindset ist das Fixed Mindset. Es ist geprägt von dem Gedanken, dass Talente angeboren und Fähigkeiten fest definiert sind. Für einen Menschen mit einem statischen Selbstbild gibt es kaum Entwicklungspotenzial. Diese Menschen geben schnell auf, wenn sie nicht weiterkommen, und lassen sich aus Angst, zu versagen, gar nicht erst auf Herausforderungen ein. Gut, ich gebe zu, dass dieses Bild etwas schwarz-weiß gezeichnet ist. Natürlich gibt es viele Grautöne dazwischen. Aber fest steht, dass deine Zukunftsfähigkeit mit einem Growth Mindset deutlich höher ist.

Fallbeispiel_Ben.tif

      An dieser Stelle möchte ich meinen Coachee Ben wieder ins Spiel bringen. In unserem zweiten Gespräch erkannte er, dass sein Denken in einigen Punkten recht unflexibel war, und entsprechend ordnete er sich in dem einen oder anderen Punkt eher einem Fixed Mindset zu. Er erinnerte sich auch daran, dass der eine oder andere Kollege ihm dies schon in der Vergangenheit als Feedback gegeben hatte. Sein Wunsch war es, sein Mindset zu ändern. Wie kann dies gelingen?

      Der erste Schritt ist tatsächlich die Selbsterkenntnis, verbunden mit dem Willen, etwas zu ändern. Anschließend ist ein sukzessiver Mindshift7 möglich. Dabei geht es darum, das eigene Denken und die persönliche Haltung zu flexibilisieren. Also zu trainieren, wie man beweglicher wird. Nachfolgend eine kleine Übung, die ich Ben mitgegeben habe. Weitere Anregungen findest du auch in Kapitel 6 (»Kreativität«).

      Mutproben

      Eine gute Möglichkeit, die eigene Flexibilität zu erhöhen, ist das Verlassen der Komfortzone. Genau das, was Ben heute noch schwerfällt. Im Coaching stelle ich ihm die Aufgabe, bis zum nächsten Mal ein wenig zu experimentieren und etwas auszuprobieren, was außerhalb seiner Komfortzone liegt. Die einzige Einschränkung ist, dass kein anderer davon in Mitleidenschaft gezogen werden soll. Ich erzähle ihm, dass eine meiner Mutproben vor ein paar Jahren darin bestand, dass ich mich in einem Restaurant mit nur ganz wenig besetzten Tischen zu einem Paar gesetzt habe mit der Bitte, meinen Kaffee mit ihnen trinken zu dürfen. Ich sei geschäftlich unterwegs (was auch stimmte) und es sei oftmals so langweilig abends. Ich hätte heute einfach Lust auf nette inspirierende Gespräche. Im ersten Moment herrschte peinliche Stille, und es war nicht zu übersehen, dass die beiden lieber zu zweit sein wollten. Schließlich stimmten sie jedoch zu und es wurde ein richtig netter Abend. Dass es sich bei dieser Aktion um eine kleine Mutprobe handelte, habe ich den beiden nicht erzählt, denn wir hatten wirklich Spaß und es war so viel netter, als allein am Tisch zu sitzen. Diese Erinnerung kann ich heute jederzeit abrufen, wenn ich mich mal wieder nicht »traue«, etwas gegen die Norm oder außerhalb meiner Komfortzone zu tun. Ja – kleine Übung, große Wirkung. Vor allem im Nachhinein. Andere Klienten von mir haben schon im Supermarkt gesungen oder bei Auftritten vor Menschengruppen ihren ganzen Mut zusammengenommen.

      Nachts allein über den Friedhof zu gehen, war eine große Angst von Katharina. Kaum hatte sie das geschafft, wurde sie mit ihren Mutproben immer einfallsreicher. Irgendwann erzählte sie mir, es sei ihr fast zum Hobby geworden, ihre Komfortzone auszudehnen, und es falle ihr nun deutlich leichter, mit ungewohnten und neuen Situationen umzugehen.

      Solche kleinen Mutproben zu bestehen heißt auch loszulassen. Die Angst vor Misserfolg, vor Versagen, vor Peinlichkeiten, vor Scheitern einfach beiseitezuschieben.

      Eine andere Klientin erzählte mir, dass eine Art Schockstarre sie ergriffen habe, nachdem der Hälfte des Kollegiums gekündigt und ihr unvermittelt eine neue Aufgabe zugeteilt worden sei. Sie klammerte sich an alles Alte und wollte partout die neue Aufgabe nicht annehmen. Innerhalb der Abteilung geriet sie unter Dauerfeuer, da sie ihre Arbeit einfach liegen ließ. Aber einen neuen Job suchen wollte sie auch nicht. Sie schaffte es einfach nicht, das Vergangene loszulassen, obwohl sie genau wusste, dass es notwendig war. Um ihren Ängsten zu begegnen und ihre eigenen Kräfte wieder zu aktivieren, arbeiteten wir unter anderem auch mit kleinen Mutproben, die sie dazu brachten, den Blick über den bisherigen Tellerrand zu heben. Mit wirklich kleinen Schritten hatte sie nach und nach wieder das Gefühl, mehr Selbstwert zu gewinnen und über einen größeren Handlungsspielraum