Людвиг ван Бетховен

Ludwig van Beethoven: Ich lebe nur in meinen Noten


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fragen, nicht mehr voreilig zu seyn, sich mit nichts als mit seinem ipse miserum sich abzugeben. B.

       An den Pfarrer Amenda in Curland.

      Wie kann Amenda zweifeln, daß ich seiner je vergessen könnte – weil ich ihm nicht schreibe oder geschrieben, – als wenn das Andenken der Menschen sich nur so gegen einander erhalten könnte!

      Tausendmal kommt mir der beste der Menschen, den ich kennen lernte, im Sinn; ja gewiß unter den zwei Menschen, die meine ganze Liebe besaßen und wovon der eine noch lebt, bist Du der Dritte – nie kann das Andenken an Dich erlöschen – nächstens erhältst Du einen langen Brief über meine jetzigen Verhältnisse und Alles was Dich interessiren kann.

      Leb wohl lieber guter edler Freund, erhalte mir immer Deine Liebe, Deine Freundschaft, so wie ich ewig bleibe

      Dein treuer Beethoven.

       An denselben.

      Mein lieber, mein guter Amenda, mein herzlicher Freund, mit inniger Rührung, mit gemischtem Schmerz und Vergnügen habe ich Deinen letzten Brief erhalten und gelesen. Womit soll ich Deine Treue, Deine Anhänglichkeit an mich vergleichen! O das ist recht schön, daß Du mir immer so gut geblieben, ja ich weiß Dich auch mir von Allen bewährt und herauszuheben, Du bist kein Wiener Freund, nein Du bist einer von denen, wie sie mein vaterländischer Boden hervorzubringen pflegt; wie oft wünsche ich Dich bei mir, denn Dein Beethoven lebt sehr unglücklich; wisse, daß mir der edelste Theil, mein Gehör sehr abgenommen hat, schon damals als Du noch bei mir warst, fühlte ich davon Spuren, und ich verschwieg’s, nun ist es immer ärger geworden; ob es wird wieder können geheilt werden, das steht noch zu erwarten, es soll von den Umständen meines Unterleibs herrühren; was nun den betrifft, so bin ich fast ganz hergestellt, ob nun auch das Gehör besser werden wird, das hoffe ich zwar, aber schwerlich, solche Krankheiten sind die unheilbarsten. Wie traurig ich nun leben muß, alles, was mir lieb und theuer ist, meiden, und dann unter so elenden, egoistischen Menschen wie … etc. – Ich kann sagen unter allen ist mir Lichnowsky der erprobteste; er hat mir seit vorigem Jahr 600 fl. ausgeworfen: das und der gute Abgang meiner Werke setzt mich in den Stand ohne Nahrungssorgen zu leben; alles was ich jetzt schreibe, kann ich gleich fünf mal verkaufen und auch gut bezahlt haben. – Ich habe ziemlich viel die Zeit geschrieben; da ich höre daß Du bei … Klaviere bestellt hast, so will ich Dir manches schicken in dem Verschlag so eines Instruments, wo es Dich nicht so viel kostet.

      Jetzt ist zu meinem Trost wieder ein Mensch hergekommen, mit dem ich das Vergnügen des Umgangs und der uneigennützigen Freundschaft theilen kann, er ist einer meiner Jugendfreunde. Ich habe ihm schon oft von Dir gesprochen und ihm gesagt, daß, seit ich mein Vaterland verlassen, Du einer Derjenigen bist, die mein Herz ausgewählt hat; – auch ihm kann der … nicht gefallen, er ist und bleibt zu schwach zur Freundschaft, und ich betrachte ihn und … als bloße Instrumente, worauf ich, wenn’s mir gefällt, spiele: aber nie können sie edle Zeugen meiner innern und äußern Thätigkeit, eben so wenig als wahre Theilnehmer von mir werden; ich taxire sie nur nach dem, was sie mir leisten. O wie glücklich wäre ich jetzt, wenn ich mein vollkommenes Gehör hätte, dann eilte ich zu Dir, aber so von allem muß ich zurückbleiben, meine schönsten Jahre werden dahinfliegen, ohne alles das zu wirken, was mich mein Talent und meine Kraft geheißen hätten. Traurige Resignation, zu der ich meine Zuflucht nehmen muß; ich habe mir freilich vorgenommen, mich über alles das hinauszusetzen; aber wie wird es möglich sein? Ja Amenda, wenn nach einem halben Jahre mein Übel unheilbar wird, dann mache ich Anspruch auf Dich, dann mußt Du alles verlassen und zu mir kommen; ich reise dann (bei meinem Spiel und Composition macht mir mein Übel noch am wenigsten, nur am meisten im Umgang) und Du mußt mein Begleiter sein, ich bin überzeugt mein Glück wird nicht fehlen; womit könnte ich mich jetzt nicht messen! Ich habe seit der Zeit Du fort bist, alles geschrieben bis auf Opern und Kirchensachen. Ja Du schlägst mir’s nicht ab, Du hilfst Deinem Freund seine Sorgen, sein Übel tragen. Auch mein Klavierspielen habe ich sehr vervollkommnet, und ich hoffe diese Reise soll auch Dein Glück vielleicht noch machen, Du bleibst hernach ewig bei mir. – Ich habe alle Deine Briefe richtig erhalten; so wenig ich Dir auch antwortete, so warst Du doch immer mir gegenwärtig und mein Herz schlägt so zärtlich wie immer für Dich. – Die Sache meines Gehörs bitte ich Dich als ein großes Geheimniß aufzubewahren und Niemand, wer es auch sei, anzuvertrauen. – Schreibe mir recht oft, Deine Briefe, wenn sie auch noch so kurz sind, trösten mich, thun mir wohl und ich erwarte bald wieder von Dir, mein Lieber, einen Brief. – Dein Quartett gieb ja nicht weiter, weil ich es sehr umgeändert habe, indem ich erst jetzt recht Quartetten zu schreiben weiß, was Du schon sehen wirst, wenn Du sie erhalten wirst. – Jetzt leb wohl! lieber Guter; glaubst Du vielleicht, daß ich Dir hier etwas Angenehmes erzeigen kann, so versteht sich’s von selbst, daß Du zuerst Nachricht davon giebst Deinem treuen Dich wahrhaft liebenden

      L. v. Beethoven.

       An Wegeler.

      Wien den 29. Juni 1800.

      Mein guter, lieber Wegeler!

      Wie sehr danke ich Dir für Dein Andenken an mich; ich habe es so wenig verdient und um Dich zu verdienen gesucht, und doch bist Du so sehr gut, und läßt Dich durch nichts, selbst durch meine unverzeihliche Nachlässigkeit nicht abhalten, bleibst immer der treue gute biedere Freund. – Daß ich Dich und überhaupt euch, die ihr mir einst alle so lieb und theuer waret, vergessen könnte, nein das glaubt nicht; es giebt Augenblicke, wo ich mich selbst nach euch sehne, ja bei euch einige Zeit zu verweilen wünsche. – Mein Vaterland, die schöne Gegend, in der ich das Licht der Welt erblickte, ist mir noch immer so schön und deutlich vor Augen, als da ich euch verließ; kurz ich werde diese Zeit als eine der glücklichsten Begebenheiten meines Lebens betrachten, wo ich euch wiedersehen und unsern Vater Rhein begrüßen kann. Wann dies sein wird, kann ich Dir noch nicht bestimmen. – So viel will ich euch sagen, daß ihr mich nur recht groß wiedersehen werdet; nicht als Künstler sollt ihr mich größer, sondern auch als Mensch sollt ihr mich besser, vollkommener finden, und ist dann der Wohlstand etwas besser in unserem Vaterlande, dann soll meine Kunst sich nur zum Besten der Armen zeigen. O glückseliger Augenblick, wie glücklich halte ich mich, daß ich dich herbeischaffen, dich selbst schaffen kann!

      Von meiner Lage willst Du was wissen; nun, sie wäre eben so schlecht nicht. Seit vorigem Jahr hat mir Lichnowsky, der, so unglaublich es Dir auch ist, wenn ich Dir es sage, immer mein wärmster Freund war und geblieben ist, (kleine Mißhelligkeiten gab es ja auch unter uns, und haben eben diese unsere Freundschaft nicht befestigt?) eine sichere Summe von 600 Gulden ausgeworfen, die ich, so lange ich keine für mich passende Anstellung finde, ziehen kann; meine Compositionen tragen mir viel ein, und ich kann sagen, daß ich mehr Bestellungen habe, als fast möglich ist, daß ich befriedigen kann. Auch habe ich auf jede Sache 6, 7 Verleger und noch mehr, wenn ich mir’s angelegen sein lassen will: man accordirt nicht mehr mit mir, ich fordere und man zahlt. Du siehst, daß es eine hübsche Sache ist, z. B. ich sehe einen Freund in Noth, und mein Beutel erlaubet eben nicht ihm gleich zu helfen, so darf ich mich nur hinsetzen und in kurzer Zeit ist ihm geholfen. Auch bin ich ökonomischer, als sonst; sollte ich immer hier bleiben, so bringe ich’s auch sicher dahin, daß ich jährlich immer einen Tag zur Akademie erhalte, deren ich einige gegeben. Nur hat der neidische Dämon, meine schlimme Gesundheit, mir einen Stein ins Brett geworfen, nämlich mein Gehör ist seit drei Jahren immer schwächer geworden und zu diesem Gebrechen soll mein Unterleib, der schon damals, wie Du weißt, elend war, hier aber sich verschlimmert hat, indem ich beständig mit einem Durchfall behaftet war und mit einer dadurch außer ordentlichen Schwäche, die erste Veranlassung gegeben haben. Frank wollte meinem Leibe den Ton wieder geben durch stärkende Medizinen, und meinem Gehör durch Mandelöl, aber prosit! daraus ward nichts, mein Gehör ward immer schlechter und mein Unterleib blieb immer in seiner vorigen Verfassung; das dauerte bis voriges Jahr im Herbst, wo ich manchmal in Verzweiflung war. Da rieth mir ein medizinischer Asinus das kalte Bad für meinen Zustand, ein Gescheidterer das gewöhnliche lauwarme Donaubad; das that Wunder; mein Bauch ward besser, mein Gehör blieb oder ward noch schlechter. Diesen Winter ging’s mir wirklich elend; da hatte ich