sind ja verrückt, allesamt«, keuchte die Sekretärin des Agenten und stürmte zur Tür, um sich nach draußen zu drängen. »Ich will nicht sterben, laßt mich hier raus!«
»Wir können leider nicht auf dich verzichten, du weißt zuviel«, bedauerte der Zerlumpte und schleuderte sie brutal in den Raum zurück. »Keine Angst, es geht ganz schnell, du hast es bald überstanden.«
»Was soll das lange Gerede, wollen Sie uns nun umbringen oder nicht?!« grollte die Lady und funkelte die Banditen wütend an. »Halten Sie hier gefälligst kein Kaffeekränzchen ab, sondern tun Sie endlich etwas!«
*
»Meine Güte, die Kiste hätte schon vor zwanzig Jahren in die Schrottpresse gehört«, spottete der Gangster, der neben dem Butler saß. Es handelte sich um den Zerlumpten, der seine Pistole auf Josuah Parker gerichtet hielt und darauf achten sollte, daß er tatsächlich den kürzesten Weg zu den ehemaligen Überseekais einschlug.
Im Fond herrschte drangvolle Enge. Dort saßen Lady Agatha, der Agent nebst Sekretärin und die beiden übrigen Ganoven. Man hatte sich für Parkers Wagen entschieden, weil das ehemalige Taxi alle auf einmal befördern konnte, wenn es auch eng zuging.
»Was sind denn das für Schalter?« erkundigte sich der Ganove neben Parker und deutete mit der Pistole auf die zahlreichen Hebel und Knöpfe auf dem Armaturenbrett, die an das Cockpit eines modernen Düsenflugzeuges erinnerten.
»Die Marotte eines alten, müden und relativ verbrauchten Mannes, Sir«, gab Parker zurück, während sein Fuß nach einem kleinen Gummiball neben den Pedalen tastete. »Die meisten Schalter sind sogenannte Blindschalter ohne jegliche Funktion.«
»Naja, so hat jeder seine Macke«, zeigte sich der Gangster verständnisvoll, um im nächsten Augenblick laut zu schreien.
»Verdammt, was war denn das? Mich hat da was gestochen!« fluchte er, während er mit der Hand nach seiner schmerzenden Kehrseite tastete und diese heftig rieb.
»Die Sitze sind leider nicht mehr die besten, Sir«, entschuldigte sich Parker. »Einige Sprungfedern drücken sich immer wieder durch.«
»Ich sag’ ja, die Kiste gehört in die Schrottpresse«, stöhnte der Ganove, der sich nach wie vor sein Hinterteil rieb. »Am besten, wir versenken die Karre nachher gleich im Hafenbecken, dann ist sie endlich weg.«
Einen Augenblick später hielt er eine Hand vor den Mund und gähnte ausgiebig. »Komisch, irgendwie fühl’ ich mich auf einmal müde«, wunderte er sich und riß erneut den Mund weit auf. »Dabei bin ich doch vor ’nem Augenblick noch putzmunter gewesen.«
»Möglicherweise ein Anzeichen für einen gewissen Sauerstoffmangel«, vermutete Parker. »Sie sollten sich einfach ein wenig der Ruhe hingeben, ich werde Sie wecken, wenn wir angekommen sind.«
»Kann ich mich darauf verlassen?« gähnte der zerlumpte Ganove, um sich dann bequem zurechtzukuscheln und endgültig die Augen zu schließen. Seine Finger öffneten sich, und die Pistole plumpste auf den Wagenboden. Ein sonores Schnarchen zeigte einen Moment später an, daß der Gangster schlief.
»He, was is’ mit unserem Kumpel los?« meldete sich Brother Tuck II. aus dem Fond und beugte sich mißtrauisch vor, um seinen Kollegen heftig an der Schulter zu rütteln.
»Eine sicher nur vorübergehende Schwäche«, vermutete Parker. »Ihr Kollege dürfte das Opfer eines gewissen Sauerstoffmangels sein, der ihn ermüdet hat.«
»Ich trau’ dir nicht, du bist ’n ganz Ausgekochter«, zeigte sich der Ganove weiter mißtrauisch, während er sich zurückfallen ließ. »Ich werde dich im Auge behalten, Mann, mir machst du nichts vor.«
»Was auch keineswegs in meiner Absicht lag, Sir.« Parker war durch nichts zu erschüttern. Er betätigte eine Taste an dem reichhaltig ausgestatteten Armaturenbrett und sorgte auf diese Weise dafür, daß die Panzertrennscheibe zwischen dem vorderen Teil und dem Fond des Wagens hochschoß und einrastete.
Im nächsten Augenblick strömte ein speziell von Parker entwickeltes geruchloses Gas in den Fond und versetzte die Insassen in einen Schlaf.
Inzwischen hatte das hochbeinige Monstrum den verwahrlost wirkenden Teil des Hafens erreicht. Parker steuerte es hinter einen zusammengefallenen Schuppen und stieg aus, um seine Fahrgäste zu versorgen. Als diese wieder zu sich kamen, lehnten sie an der Bretterwand und trugen solide Handschellen aus Parkers Privatbeständen.
»Mußten Sie mich auch betäuben, Mister Parker?« beschwerte sich die Lady, während sie sich aus den Polstern des Fonds schob und heftig den Kopf schüttelte, um ihre Benommenheit zu vertreiben.
»Mylady mögen verzeihen, aus technischen Gründen ließ es sich leider nicht umgehen, daß Mylady in Mitleidenschaft gezogen wurden«, entschuldigte sich Parker, während er seiner Herrin einen Kreislaufbeschleuniger reichte, den sie dankbar nickend entgegennahm und in einem Zug leerte.
»Ich kann’s nicht glauben«, schüttelte der Theateragent den Kopf und sah scheu zu den gefesselten Ganoven hinüber, die wütend zurückstarrten.
*
Pat O’Hara patrouillierte durch seine Villa und kontrollierte die Vorbereitungen für die große Party, die er in der Nacht geben würde. Dies war der entscheidende Punkt in seiner Karriere, er hatte es endlich geschafft und sich durch geschickte Aktionen das Vertrauen der Mafia-Bosse erworben. Während der großen Feier sollte er offiziell in sein »neues Amt« eingeführt werden und einen Teil Londons als eigenen Geschäftsbereich zugewiesen bekommen.
Er schritt langsam an dem kalten Büffet entlang und musterte zufrieden die Köstlichkeiten, die dort aufgehäuft waren. Er hatte keine Kosten gescheut und sogar aus den Pariser Markthallen diverse Delikatessen in einem gecharterten Privatjet einfliegen lassen. Pat O’Hara wußte schließlich, was sich gehörte und was man der »Firma« schuldig war.
Dann ließ er die Mädchen rufen, die während der Party bedienen sollten. Er unterzog sie einer kritischen Prüfung. Es handelte sich um Damen des horizontalen Gewerbes, die sonst in dem Bordell eines guten Bekannten tätig waren und dort die Angehörigen der High-Society verwöhnten.
Auch in diesem Punkt wollte sich O’Hara nichts nachsagen lassen. Die Mädchen waren samt und sonders eine Augenweide und sahen in ihren schwarzen Kleidchen und den weißen Spitzenschürzen einfach hinreißend aus.
O’Hara nickte ihnen zufrieden zu und schickte sie in die Küche zurück, wo sie sich bis zum Beginn der Feier aufhalten sollten. Leise vor sich hinpfeifend, stieg er die breite Freitreppe zu seinen Privaträumen hinauf, um sich frisch zu machen und umzuziehen.
*
Der Mann, der Parker die Tür öffnete, starrte den Butler bewundernd an und musterte ihn ausgiebig. Josuah Parker stand vor der Tür zu Pat O’Haras Villa und hatte per Klingelzeichen Einlaß begehrt. Grund dafür war ein Rollentausch, von dem nur er und der Kollege wußten, dessen Platz er an diesem Abend einnehmen wollte.
Der Butler hatte von Horace Pickett von der bevorstehenden Feier im Haus des zukünftigen Mafia-Regionalfürsten erfahren und einen Plan aufgebaut, der dazu führen sollte, O’Hara unmöglich zu machen und so seine bereits feststehende »Beförderung« doch noch zu verhindern. Diskrete Recherchen hatten Parker Name und Adresse eines Berufskollegen geliefert, den er durch Zahlung einer großzügigen Entschädigung dazu überredete, ihm seinen Platz zu überlassen.
»O Mann, Sie sehen aber echt stark aus.« Der Gangster, um den es sich offensichtlich handelte und der Parker geöffnet hatte, staunte den Butler noch immer mit aufgerissenen Augen an.
»Würden Sie die Güte haben, mich eintreten zu lassen?« erkundigte sich Parker gemessen und lüftete andeutungsweise die Melone. »Wie Sie unschwer erkennen können, bin ich der Butler, den Ihr Herr für diesen Abend engagiert hat.«
»Klar doch, Mann, kommense rein.« Der Türöffner trat zur Seite und ließ Parker in die riesige Halle treten, die sich durch ihre protzige und mehr als geschmacklose Einrichtung auszeichnete. Parker verzog selbstverständlich keine Miene, während er die