Bernhard Fanger

So macht MANN das


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Job ein Boutiquehotel in der südmährischen Weingegend. Alex Edwards, der ehemalige COO einer innovativen Internetplattform, hat sein Glück in Neuseeland gefunden. Er bietet dort Touren mit Pferden für Besucher und Touristen an. Und Werner Aigner, vorher zwei Jahrzehnte lang im Textil-Einzelhandel aktiv, arbeitet heute als Holzbildhauer.

      Insgesamt habe ich über 20 Spurwechsler interviewt und mich dabei ganz bewusst auf Männer fokussiert. Denn während viele Frauen ab etwa 40 Jahren noch mal richtig Gas geben und neu durchstarten, weil ihnen die mittlerweile fast erwachsenen Kinder neue Freiheiten gewähren, resignieren Männer oft und gehen in die innere Emigration. Sie bleiben in der Rolle des Versorgers und teilweise auch des Opfers stecken. Oftmals fehlt ihnen der Mut, in der Lebensmitte etwas Neues zu wagen und altbekanntes Terrain zu verlassen. Sie fürchten bei einem Neustart insbesondere, ihren Status zu verlieren und sozial abzusteigen. Sind sich unsicher, ob ihre Partnerin und die Familie ihre Entscheidung mittragen würde. Gleichzeitig blockieren sie finanzielle Verpflichtungen. Etwa abzuzahlende Hypotheken für das Haus oder die zusätzlichen Kosten für die Ausbildung der Kinder. Der selbstgeschaffene goldene Käfig.

      Viele sind auch unzufrieden mit ihrem Job und durch den sich permanent erhöhenden Anforderungsdruck Burnout-gefährdet. Denn das Rad dreht sich immer schneller. Wir stehen erst am Anfang der vierten industriellen Revolution: Gekennzeichnet durch Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz, nimmt ein immer agiler und globaler werdender Wettbewerb gerade erst richtig Fahrt auf. Die Folgen sind zunehmende Verunsicherung und die Angst um den eigenen Arbeitsplatz, wenn Produktionsstätten in Billiglohnländer und neue Absatzmärkte verlagert werden, es zu Verschlankung und zu Stellenabbau kommt. Viele bislang sehr erfolgreiche Player werden gezwungen, sich komplett neu zu erfinden. Daher stellt sich für viele Führungskräfte drängender denn je die Frage nach einer Alternative: Würde nicht ein Wechsel in die Selbständigkeit mehr Sinn und Erfüllung bieten?

      Nach meiner Erfahrung sind es eher Ausnahmen, vielleicht fünf bis zehn Prozent aller Manager, die irgendwann diesen Weg einschlagen. Dennoch sollte jede Führungskraft, ob in Umbruch-Situationen oder nicht, sich mit ihren Zielen und Möglichkeiten auseinandersetzen und sich nicht zum Opfer der Umstände machen. Selbst, wenn sie darüber »nur« ihre grundsätzlichen Haltungen und Werte hinterfragt und gegebenenfalls ändert, aber weiter im Unternehmen bleibt. Dann aber noch mehr aus der Überzeugung heraus, derzeit dort am richtigen Platz zu sein. Auch dafür gibt es einige Beispiele in den folgenden Kapiteln.

      Die Tipps und Beispiele sollen dich unterstützen, deinen eigenen Weg zu finden. Welcher das sein wird, welcher zu dir und deinem Leben passt, entscheidest Du! Es gibt keinen Königsweg und kein allgemein gültiges Rezept für diesen Prozess. Demzufolge sind alle Übungen, alle Konzepte, Beispiele und Lebensgeschichten nur Anregungen. Auf jeden Fall kannst Du viel von anderen lernen und Dir dadurch einige Umwege und Kosten ersparen.

      In diesem Sinne wünsche ich Dir Spaß beim Lesen und viel Inspiration für deine weitere berufliche Zukunft, vielleicht sogar als Spurwechsler.

Teil I AUF DER STANDSPUR

      Während meiner Arbeit an diesem Buch erfahren wir alle am Beispiel der Corona-Infektionswelle, was es bedeutet, in einer Krisensituation zu stecken. Wir fühlen uns ohnmächtig und ängstlich. Wir sind verunsichert durch die veränderte, nicht plan- und kontrollierbare Situation. Doch jede Krise stellt auch eine Chance dar: Sie bringt Neues hervor und zwingt uns, in Bewegung zu kommen. Dieses Potenzial und seine Möglichkeiten möchte ich anhand meiner Erfahrungen und der der über 20 Spurwechsler, die ich für dieses Buch in 2019 und 2020 interviewt habe, zeigen.

      Ich kenne die Frustration, die gefühlte Sinnleere und die Zwänge, die in vielen Unternehmen herrschen. Nicht weil diese per se schlecht sind, sondern weil sich die Bedürfnisse der Mitarbeiter im Lauf der Zeit geändert haben. Oft fängt es an ernst zu werden, wenn eine oder beide Seiten das Gefühl hat: »Es passt nicht mehr so richtig.«

      Bis es soweit kommt, muss viel geschehen. Und schließlich haben wir alle gutes Sitzfleisch, sprich eine gewisse Trägheit: »Better the devil you know«, drückte ein englischer Kollege mir gegenüber dieses Festhalten an der schon gewohnten Situation so treffend aus. Schließlich ist diese relativ sicher und meist gut bezahlt. Vielen angestellten Managern fehlt auch schlicht die Perspektive, etwas Neues, ganz anderes anzufangen. Und es gibt große Ängste, die wir oft nicht benennen können oder wollen. Angst vor Versagen und Statusverlust etwa.

      Allerdings gibt es drei Probleme für die »weniger Engagierten«:

      1 Unternehmen und die Leistungen der Mitarbeiter werden immer transparenter. Wenn man transparenter wird und die Leistung immer mehr messbar, wird es immer schwerer, sich zu verstecken und in der Masse mitzuschwimmen.

      2 Durch die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung fallen einfache, sich wiederholende Aufgaben als Erstes weg. Dabei reden wir nicht nur von