Bernhard Fanger

So macht MANN das


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die Maske fällt

      Gerade Männer mit hoher Wettbewerbs- und Statusmotivation haben vor diesem scheinbaren Gesichtsverlust eine Heidenangst. Nämlich sich so zu zeigen, wie sie sind. Vor der Außenwelt, aber auch vor sich selbst. Lange haben Sie gelernt, immer stark zu sein, nicht aufzugeben, Erfolge und materielle Güter anzuhäufen. Bekommt dieses Bild Risse, wachsen Ängste und Selbstzweifel, wird die glatte Oberfläche langsam aber zunehmend brüchig. Diese Zweifel und auch das eigene Nicht-Perfektsein anzunehmen, ist extrem schwierig. Vor allem, wenn man jahrzehntelang – so wie ich auch – eine Fassade aufrechterhielt und glaubte, Anerkennung über Leistung, Zielerreichung und »Gefallen-wollen« erhalten zu müssen.

      Bei mir kam – wie bei den meisten Männern – erschwerend hinzu, dass ich es nicht gewohnt war, Hilfe von anderen zu erbitten oder gar einzufordern. Auch wenn ich mehrere hundert Mitarbeiter hatte und Budgets im neunstelligen Bereich: Mein Anspruch an mich war, es selber am besten zu wissen und zu können. Nicht aufzugeben und auch immer noch für andere in die Bresche zu springen, obwohl ich selbst Hilfe gebraucht hätte.

      Dann wieder neu anzufangen, als Amateur sozusagen, der bestimmt nicht alles im Griff hat, erfordert Mut und ist für viele ein großes Hindernis für einen Neustart. Schließlich kennt man Sprüche wie: »Schuster bleib bei deinen Leisten.« Also lieber in der gut vertrauten Misere auszuhalten, als etwas Neues zu wagen.

      1 Sehr vielen hilft schon, in ihrer derzeitigen Rolle anders aufzutreten, sich besser zu positionieren und abzugrenzen. Sie sind im Großen und Ganzen zufrieden in ihrer Branche und in ihrem Unternehmen und brauchen nur kleine Veränderungen, die einen großen Einfluss auf ihre (Arbeits-)Zufriedenheit haben. Das ist völlig in Ordnung!

      2 Bei manchen ist ein Wechsel im oder außerhalb des Unternehmens angezeigt. Sie sind die typische Klientel der Headhunter und Berufsberater. Nur allzu verständlich. Doch Vorsicht: Oft kommen die gleichen Probleme beim nächsten Arbeitgeber nach einigen Monaten wieder. Denn ich nehme mich immer selbst mit! Sehr gerne projizieren wir unsere eigenen Themen und Probleme auf das Außen, das Unternehmen, die Kollegen und Vorgesetzten: »Neuer Zirkus, gleicher Clown« könnte man flapsig sagen.

      3 Die dritte Gruppe hat den Wunsch, sich auf ganz andere Art und Weise ihren Lebenstraum zu erfüllen. Sie suchen nach Ideen, Vorbildern, Rat und vor allem nach Ermutigung und qualifiziertem Feedback. Meine Interviewpartner fallen in diese Kategorie.

      Denn dies ist auch ein Buch über mich. Zum einen, da ich auch in diese dritte Gruppe falle, zum anderen, da mir in meiner Coaching-Praxis immer wieder direkt oder indirekt ähnliche Menschen begegnen: Menschen, in der Regel Männer, die auf der Suche sind. Zweifelnd, zumindest teilweise unzufrieden, mit großen, oft etwas diffusen Sehnsüchten. Gefangen in einem Berufs- und Lebensalltag, der ihnen wenig Spielraum für Selbstverwirklichung einräumt.

      Als ich mein erstes Studium beendete, war für meinen Vater klar, dass ich »zum Siemens« gehen würde. Ich hatte schon ein Praktikum dort absolviert und ein paar Kontakte. Für meinen Vater, einen selbstständigen, aber verschuldeten Handwerker und Kleinunternehmer, der täglich zu kämpfen hatte, muss die Aussicht auf eine Position in einem Weltkonzern extrem attraktiv gewesen sein. Siemens galt als Inbegriff für eine sichere, gutbezahlte Stellung mit Status und Aufstiegschancen. Der heilige Gral des deutschen Ingenieurs.

      Auf Dauer lässt sich dieser Zustand nur schwer aushalten. Oft wird die Hauptursache von Burnout als Dissonanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit beschrieben. Die Strategien zur Überwindung bzw. Vermeidung dieser inneren Konflikte sind vielfältig, führen aber auf Dauer oft zu Erkrankung und Suchtverhalten. Kompensiert wird zum Beispiel durch Reisen oder Luxusgüter. Auch damit, die Verantwortung für meine eigenen Probleme auf andere abschieben, bevorzugt auf den Lebenspartner oder die Vorgesetzten. Ich selbst hatte es mir zur Gewohnheit gemacht, nach langen Arbeitstagen entweder exzessiv Sport zu treiben oder bis zur letzten Runde in Bars abzuhängen. Meine Reisen waren ein Spiegelbild des beruflichen Stresses: immer aktiv, immer unterwegs, immer in Aktion. Ein Beispiel dafür: Nach einer zweiwöchigen Trekkingtour durch Ost-Afrika fuhr ich, ohne einen Stopp zu Hause, vom Flughafen direkt in die Arbeit. Glücklicherweise ging mein Koffer beim Transfer verloren, sonst hätte ich wohl ein noch merkwürdigeres Bild abgegeben.

      Gefühle zeigen wir Männer noch am ehesten bei unseren Hobbys, zuallererst beim Sport. »Echte Liebe« steht groß auf dem Mannschaftsbus von Borussia Dortmund, und so etwas wie Liebe empfinden eingefleischte Fußballfans dann ja auch. Da fließen schon mal Tränen, wenn der Verein unglücklich durch ein Tor zum Ende der Verlängerung verliert. Oder es werden im umgekehrten Fall Freudengesänge angestimmt und erwachsene Männer,