Alex Conrad

Tod auf der Finca


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es allerdings nicht. Unwillkürlich musste sie lächeln, bevor sie ihm von der Beförderung und der knappen Zeitspanne für einen möglichen Umzug erzählte.

      Nachdem er sie beglückwünscht hatte, versprach er, sich umzuhören und am nächsten Tag zu melden.

      Carmen warf noch einen Blick zum Meer. In Inca gäbe es keinen Pausenspaziergang am Wasser entlang. Wehmut überkam sie auch beim Gedanken, nicht mehr mit ihrem Kollegen Joan zusammenarbeiten zu können. Und er würde einen neuen Kollegen oder eine Kollegin an seine Seite bekommen … Dabei hatte er eine Beförderung eigentlich auch verdient.

      ***

      „Was ziehst du denn für ein Gesicht?“, begrüßte sie Joan, als Carmen das gemeinsame Büro betrat.

      Sie schloss die Tür und setzte sich ihm gegenüber vor seinen Schreibtisch. Auf dem Weg zur Dienststelle, nachdem sie sich umgezogen hatte, waren ihr so viele Dinge durch den Kopf gegangen, doch eine Lösung, wie sie Joan die Neuigkeit mitteilen sollte, hatte sie dabei nicht gefunden.

      „Ähm, also …“ Sie knetete ihre Hände.

      Joan sah sie auffordernd an.

      „Ich gehe weg.“

      „Wie? Wohin?“

      Grinste er etwa? „Du weißt es schon“, stellte Carmen fest.

      Joan sprang auf und ging um den Tisch. „Ja, und ich gratuliere dir.“

      Bevor sie aufstehen konnte, hatte er sich zu ihr gebeugt und umarmte sie.

      „Du bist nicht sauer?“

      „Worauf? Dass du befördert bist und dich künftig mit der Landbevölkerung rumschlagen wirst?“ Lachend schüttelte er den Kopf. „Keine Beförderung wäre es mir wert, Palma zu verlassen. Nein, ernsthaft. Ich würde da auf dem Acker eingehen, ich brauche die Stadt, das Meer, Bars, Singlefrauen.“ Er zwinkerte ihr zu. „Ich hoffe nur, dass sie mir einen würdigen Nachfolger für dich an die Seite stellen, sonst werde ich doch noch wehmütig. Wobei … Wenn ich Glück habe, ist er oder sie ein wenig größer als du.“

      Carmen tat, als würde sie einen Radiergummi nach ihm werfen. „Besser ein Meter fünfundsechzig geballte Kraft als ein Schlaffi von ein Meter und achtzig.“

      ***

      Stöhnend schaltete Roberto den Wecker aus. Die letzten Stunden hatte er sich mehr oder weniger schlaflos von einer Seite auf die andere gedreht und sich immer wieder gefragt, warum er es nicht einfach lassen konnte.

      Der letzte Abend lief noch einmal vor ihm ab. Fahrig hatte er den Schuldschein unterschrieben.

      „Hier, dein Geld“, hatte Amador gesagt und ihm die Geldscheine über den Tisch geschoben.

      Roberto nahm es an sich und stopfte es in die Hosentasche, während Amador den Schuldschein in der Schublade des Schreibtisches einschloss.

      „Du weißt, in einem Monat ist Zahltag und nicht nur für den Kredit von heute.“ Amador stand auf. „Und ich erwarte, dass du pünktlich hier bist. Mit dem Geld und den Zinsen.“

      „Ja, ja.“ Roberto hastete aus dem kleinen Büro und ging zurück in den Raum mit den Pokertischen.

      Alle Augen der Mitspieler waren auf ihn gerichtet, als er wieder Platz nahm. Der Tischgroupier, der Robertos Karten in der Zwischenzeit verwahrt hatte, schob sie ihm zu.

      „Was ist nun, Roberto?“, fragte sein Gegenüber. „Gehst du mit oder machst du dir in die Hosen?“

      Roberto zog die vier Fünfhunderter aus der Tasche. Sollte er? Noch einmal warf er einen Blick auf seine Karten: drei Damen und zwei Neuner. Ein wirklich gutes Full House. Er holte tief Luft, bevor er die zweitausend Euro in die Tischmitte legte. „Ich will sehen!“

      Sein Gegenüber hatte langsam die Hand gesenkt, in der er die Karten gehalten hatte. „Full House auf Asse.“

      Roberto hatte gewürgt, Kälte war ihm durch den Magen gezogen. Scheiße!

      Bei der Erinnerung überkam ihn erneut ein Würgereiz. Es war eine verdammte Sucht. So wie ein Alkoholiker nach einem Schluck gierte, berauschte ihn die Erwartung, wenn sein Einsatz auf dem Tisch lag. Das Adre­nalin flutete seinen Körper und alle Sinne richteten sich auf ein einziges Ziel: die nächsten Karten, der erneute mentale Wettkampf mit den Gegnern am Pokertisch. Der Säufer hatte später lediglich einen Kater zu beklagen, während er Schuldschein um Schuldschein bei Geldhaien unterschrieb und ein Ausweg in immer weitere Ferne rückte.

      Mit schlurfenden Schritten ging er ins Badezimmer. Noch hatte er ein Bad. Wenn nicht bald Geld reinkäme, würde er spätestens in zwei Monaten die Miete nicht bezahlen können. Wie gerne wollte er mit allem auf­hören, doch die Gier nach dem Adrenalin des Spiels zwang ihn nach wenigen Tagen erneut, die geheimen Plätze aufzusuchen, an denen die Gleichgesinnten ihrer Sucht nachgingen. Ein einziges gutes Spiel könnte alles drehen. Er wäre seine Schulden los und … Er schüttelte den Kopf. Nichts und … Er würde hingehen und die Spirale von Neuem in Gang setzen. Aber irgendwann musste er doch auch wieder Glück haben. Vor einem halben Jahr war er schuldenfrei gewesen – nach einem einzigen Abend und einem Gewinn von vierzehntausend Euro. Er brauchte bloß ein wenig Startkapital, dann …

      ***

      Roberto parkte sein Auto vor der Schinkenfabrik. Noch hatte er zehn Minuten bis Arbeitsbeginn. Er öffnete das Fenster, schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen und steckte sie an. Genussvoll atmete er ein, während er das Handy aus der Tasche nahm. Sein Großvater Antonio war bestimmt auch früh auf den Beinen, denn seit Jahren fütterte er seine Zuchtschweine selbst und überließ das niemandem. Roberto wählte.

      „Sí, was gibt’s?“

      „Buenos días, Opa, hier ist Roberto.“

      „Was willst du? Ich habe nicht viel Zeit. Eduardo wartet auf sein Futter.“

      War ja klar, dass der Zuchteber wie immer Vorrang hatte. „Geht es ihm gut?“

      „Du überraschst mich. Seit wann interessiert dich der Prachtbursche?“

      Da wollte er einmal nett sein und schon stellte sein Opa das infrage. Roberto zog an der Zigarette. „Geht es dem Eber gut, geht es dir gut. Dachte ich.“

      „Wir fühlen uns beide prächtig. Also, was willst du?“

      Roberto drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. „Ich … also da ist so eine …“

      „Warte einen Moment.“

      Roberto hörte, wie sein Großvater zu jemandem sprach: „Nein und nochmals nein. Für deine Sauen gebe ich Eduardos Sperma nicht her. Solange du nicht reinrassig züchten willst, kannst du das vergessen … das ist nicht verhandelbar.“

      Das musste der Nachbarzüchter Miquel sein, mit dem sein Opa seit einiger Zeit im Streit lag. Wie aus der Ferne vernahm Roberto die Stimme des anderen: „Cabezón!“ Und anschließend hörte er Schritte, als der andere sich anscheinend von seinem Großvater entfernte. Roberto musste dem Mann zustimmen, denn Sturkopf traf auf seinen Opa wirklich zu.

      „So, da bin ich. Also, du brauchst wieder mal Geld“, sagte Antonio.

      „Hilfst du mir?“

      „Ich habe dir schon zu oft geholfen, doch jetzt ist damit Schluss. Selbst deine Eltern, würden sie noch leben, hätten dir schon längst den Geldhahn zugedreht.“

      „Aber Opa, es ist wirklich das letzte Mal, bitte“, flehte Roberto.

      „Nein! Und du solltest auch nicht auf ein üppiges Erbe spekulieren, denn ich werde demnächst mein Testament erstellen und alles dem Verein zum Erhalt der Rasse des mallorquinischen Schweins vermachen. Die werden sich dann auch anständig um Eduardo und seine Nachkommen kümmern.“

      Diese Worte drückten Roberto direkt die Magensäure nach oben. Er schluckte und rieb mit der Handfläche über das Brustbein. „Ich bin doch dein Enkel … dein einziger.“

      „Glaubst