Martina Meier

Maunz & Minka


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immer mehr ins Herz, doch als er ihr zum Abschied einen Kuss gab, kam es zu einem Malheur: Ihre Schnurrbärte verzwirbelten sich so sehr, dass sie nicht mehr auseinandergingen. Dem sonst so stolzen Kater war das schrecklich peinlich, besonders, weil die Konferenz am nächsten Tag noch weitergehen sollte. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn man sie so sähe! Sie beide hatten Angst, die Schnurrbärte kaputt zu machen, wenn sie sie mit Gewalt auseinanderreißen würden, und hielten es daher für besser, sie einem Spezialfriseur anzuvertrauen. Weil dieser seinen Salon aber nachts natürlich geschlossen hatte, mussten sie die Nacht wohl oder übel miteinander verzwirbelt verbringen.

      Er nahm sie auf die Pfote und sie gingen zusammen in sein Hotel, weil für den Kater das Bett im Mäusehotel viel zu klein gewesen wäre. Natürlich war es etwas unbequem, denn sie konnten sich ja beide kaum bewegen und mussten auch beim Sprechen sehr vorsichtig sein, damit es nicht wehtat. Doch sie verstanden sich so gut, dass ihnen diese Unannehmlichkeit kaum etwas ausmachte. Sie redeten und redeten und stellten fest, dass sie doch beide ziemlich einsam waren, und weil sie sich so mochten, hätten sie auch gerne geheiratet.

      Leider geht das nicht, sagte die Maus, denn ich kann nicht einfach wegziehen, das Mäusevolk braucht mich doch. Und eine Fernbeziehung möchte ich nicht führen.

      Ich habe eine Idee, sagte der Katzenkönig. Wir lassen uns ein Haus bauen, genau auf der Grenze, und dann legen wir unsere Länder einfach zusammen, damit wir das tägliche Regierungsgeschäft gemeinsam erledigen können. Das neue Land nennen wir Katzmausen.

      Die Maus war begeistert. Das ist eine wirklich mäusehafte Idee!, sagte sie, und damit war es beschlossene Sache.

      Nachdem der Spezialfriseur sie früh am nächsten Morgen entzwirbelt hatte, gingen sie mit wunderbar frisierten Schnurrbärten zur Konferenz und trugen ihre Idee sogleich vor. Weil es ja sowieso eine Konferenz zur Zusammenarbeit war, kam sie gerade recht, und natürlich wurde sie genehmigt.

      Zuerst ging alles gut. Kater und Maus ließen sich ein Haus bauen, mit dem sie beide gut zurechtkamen, und sie lebten sehr glücklich miteinander. Froh sahen sie zu, wie sich die Mäuse mit den Katzen anfreundeten, manche heirateten sogar! Sie kümmerten sich sehr um ihr Volk, und alle waren zufrieden mit ihnen. Doch natürlich starben sie irgendwann, zuerst der Kater und wenig später aus Kummer auch seine Mäusefrau − und damit nahm das Unheil seinen Lauf.

      Ein junger Kater wollte unbedingt der Herrscher über Katzmausen werden, und ihm gelang es auch, indem er allen Katzen kostenlose Milch und allen Mäusen Gratiskäse, beides in unbegrenzten Mengen, versprach. Er zog in das große Haus seiner Vorgänger ein, doch anstatt sich um die Sorgen seines Volkes zu kümmern, legte er sich den ganzen Tag in die Sonne und ließ es sich gut gehen. Er ließ einige Milchfässer und auch einige Kisten voller Käse aus Kuhhausen bringen, aber er bezahlte sie nicht, und als die Vorräte aufgebraucht waren, wollte niemand in Kuhhausen mehr etwas nachliefern. Doch inzwischen war es Herbst geworden, es war kalt und der Wind wehte scharf und niemand hatte im Frühling etwas angebaut, was er jetzt hätte ernten können, weil alle gedacht hatten, dass sie sich an Milch und Käse satt essen könnten. Nach einigen Wochen waren alle dünn und abgemagert, und es gab die ersten Hungertoten.

      Das Mäusekatzenvolk beschloss, den König zur Rede zu stellen. Für einige Tage umlagerte man das Haus des jungen Katers, ohne dass er sich rührte, denn er wollte einfach seine Ruhe haben, ihm ging es gut, seine reizende Verehrerin, eine Pudeldame aus Hundsland brachte ihm regelmäßig Hundeleckerlis vorbei, die ihm ganz vorzüglich schmeckten.

      Doch nach vier Tagen wurde es ihm zu laut, und so öffnete er ein Fenster im dritten Stock und schrie: Schert euch zum Teufel! Fresst halt die Mäuse, wenn ihr Hunger habt!

      Zuerst empörten sich alle, man lebte seit Jahren doch glücklich und friedlich zusammen, und jetzt das! Aber in großer Not tun nicht nur Menschen schreckliche Dinge, und als immer mehr Tiere verhungerten, kam es doch so. Zuerst stellten die Mäuse ihre toten Verwandten den Katzen zur Verfügung, obwohl es ihnen sehr schwerfiel. Sie hegten die Hoffnung, dass das der Not vielleicht ein Ende bereiten würde. Doch leider kam es anders. Mit der Zeit fanden die Katzen Geschmack an den Mäusen, und als der Hunger kein Ende nahm, fraßen sie auch lebende Mäuse, zuerst nur ihre Feinde, doch das war schlimm genug. Das Misstrauen schlich sich wie ein lähmendes Gift unter das Mäusekatzenvolk und auf einmal waren Freunde keine Freunde mehr. Die Mäuse flüchteten in andere Länder, und die Katzen jagten hinterher, und so vergaßen sie, dass es Zeiten gab, in denen sie Freunde gewesen waren, und dass man sich einmal von anderen Dingen ernährt hatte.“ Der Großvater verstummte. Er hatte recht gehabt, es war eine sehr traurige Geschichte.

      „Es hat doch so schön angefangen!“, sagte Lina.

      „Das Schicksal spielt eben gerne Verstecken“, murmelte der Großvater mehr zu sich selbst. Auch er schien traurig zu sein.

      Manchmal verstand Lina nicht, was er sagte, aber er war ja auch schon ein alter Mann. „Meinst du nicht“, fragte sie, „dass es wenigstens eine Maus und eine Katze gab, die so gute Freunde waren, dass sie zusammengehalten haben?“

      „Doch“, sagte der Großvater. „Ich denke schon. Vielleicht“, er lächelte, „findest du sie irgendwann.“

      Und Lina beschloss, danach Ausschau zu halten.

      Regina Menke (15) aus Balve / Deutschland

      *

      Katzen sterben alleine

      Als die Schatten länger wurden und die Nacht über das Meer gezogen kam, saß Federico noch immer auf der steinernen Mauer. Sein Blick schweifte über das kleine Fischerdorf unter ihm, er beobachtete, wie die Dunkelheit über alles eine wispernde Stille legte, voller Schatten und tiefer Schwärze.

      Aber der Kater sah auch, wie die Nacht lebte. Er hörte die Wellen und spürte den salzigen Wind in seinem Fell. Seine Ohren zuckten, als unter ihm ein leises Rascheln zu hören war.

      Und doch war diese Nacht anders als alle anderen. Es war seine letzte.

      Schon am Morgen hatte er es in den warmen Sonnenstrahlen gespürt, die durch sein sandfarbenes Fell flossen, seine müden Knochen hatten ihm ihr Ende gestanden, die Schatten schienen es ihm zuzuflüstern. Der letzte Tag.

      Still hatte er sich von allem verabschiedet, was er geliebt hatte, von den kleinen Fischerbooten im Hafen, den anderen Katzen und auch von den hohen Platanen, in deren Schatten er so viele Tage verbracht hatte. Er hatte alle Orte besucht, die ihm wichtig gewesen waren, die engen Gassen und dunklen Ecken, den Marktplatz und die steinerne Bank am Meer.

      Plötzlich erhob sich der Kater und sprang von der Mauer. Als er noch jung gewesen war, hatte er nur Angst empfunden, wenn er an diesen Tag dachte. Doch mit der Zeit hatte er gelernt, das Ende der Dinge zu verstehen, und nun spürte er tiefe Ruhe. Mit einem Lächeln in seinem alten Herzen kehrte er dem Dorf seinen Rücken zu und schritt zwischen die knorrigen Steineichen, bis die Schatten ihn verschluckten.

      Liene Hennig (14) aus Bad Segeberg / Deutschland.

      *

      Katze fängt Maus! Maus fängt Katze!

      Es war Nacht, es war Vollmond und es war Katzenversammlung. „Wir müssen etwas gegen unsere Hungersnot tun“, sagte eine.

      Plötzlich öffnete sich das Tor und der Erfinder unter den Katzen kam herein. „Dieses Problem ist fast gelöst“, meinte er. Er legte ein paar rote und blaue Tabletten auf den Tisch und verkündete: „Mit dieser blauen Tablette kann man sich so klein wie eine Maus schrumpfen lassen und behält immer noch die gleiche Stärke und die gleiche Schnelligkeit. Das bedeutet, man kann die Mäuse ganz leicht in ihre Mäuselöcher verfolgen und natürlich kann man sich mit dieser roten Tablette zurückverwandeln.“

      „Sehr gut, mein Erfinder“, sagte der Katzenkönig. „Das Problem ist gelöst. Holt euch hier alle eine blaue Tablette ab und danach ab in die Mäuselöcher.“

      Nach