in Streik – und vernichtet damit die gesamte amerikanische Infrastruktur. Das Land versinkt in Elend, Chaos und Dunkelheit, ehe ein Neuanfang möglich wird – mit einem Gemeinwesen, das sich auf Egoismus stützt. Das Buch endet mit einem Bekenntnis, das als Programm verstanden werden kann: »Ich schwöre bei meinem Leben und bei meiner Liebe zu ihm: Ich werde nie für andere leben, noch werde ich von anderen erwarten, dass sie es für mich tun.«
Es gibt Prepper, bei denen die individuelle Vorsorge ins Anti-Soziale kippt und mit einer faschistischen, nihilistischen Ideologie einhergeht. Wenn die Krise die bestehende Ordnung annihiliert, öffnet sie auch gedanklichen Spielraum für sozialdarwinistische Fantasien von Größenwahn, Gewalt und Dominanz, kurz gesagt: »Gesetz des Dschungels« statt demokratischer Rechtsstaatlichkeit. Eine wachsende Weltuntergangsindustrie bedient solche Vorstellungen vom Überlebenskampf mit teurem Notfall-Equipment und dazu passenden Trainingskursen von zweifelhaftem Nutzwert.
Rechtsextremismus kann dabei eine Rolle spielen. Häufiger bewegt sich die Einstellung irgendwo zwischen Libertarismus und Ökologie. Auf der einen Seite ist die Freiheit des Individuums für Prepper oft Maßgabe des Handelns; sie wollen ihre eigenen Spielregeln festlegen, unabhängig von Eingriffen des Staates, von dem sie ohnehin kaum etwas erwarten, jedenfalls nichts Gutes. Auf der anderen Seite legen viele von ihnen Wert auf gesundes Essen, regionale Kost und Produkte, die frei sind von Gentechnik, chemischen Unkrautgiften und synthetischen Düngemitteln. Deshalb ist Krisenvorsorge oft mit Konzepten wie Selbstversorgung, Slogans wie »zurück zur Natur« und Aussteigertum verknüpft, die auch Linke anziehen.
Die Wald-Planspiele einiger Prepper erinnern an einen weiteren Vordenker des kompromisslosen Individualismus, Henry James Thoreau, der mit »Walden« so etwas wie der geistige Vater aller Aussteiger und naturschwärmenden Gesellschaftskritiker wurde: Der Autor zog sich am 4. Juli 1845 in die Einsamkeit der Wälder Nordenglands zurück. Am Walden-See probte Thoreau das Leben fernab der Zivilisation im Einklang mit der Natur. Zwei Jahre dauerte der Selbstversuch, und sein Bericht darüber wurde zum Kultbuch.
Thoreau strebte nach Einfachheit und einer robusten Lebensfreude, die im Wald am intensivsten spürbar wird. Er wollte sich auf das Wesentliche besinnen, alles Überflüssige hinter sich lassen, die Einschränkungen der Zivilisation abstreifen. In »Walden« schreibt er: »Ich zog in den Wald, weil ich den Wunsch hatte, mit Überlegung zu leben, dem eigentlichen, wirklichen Leben näherzutreten, zu sehen, ob ich nicht lernen konnte, was es zu lehren hatte, damit ich nicht, wenn es zum Sterben ginge, einsehen müsste, dass ich nicht gelebt hatte. (…) Ich wollte tief leben, alles Mark des Lebens aussaugen, so hart und spartanisch leben, dass alles, was nicht Leben war, in die Flucht geschlagen wurde.«
3. Bug-in, Bug-out: Begriffe und Definitionen
Es gibt keine Erhebungen dazu, wie viele Menschen sich in Deutschland auf einen Krisenfall vorbereiten, aber es gibt Anzeichen dafür, dass das Interesse zunimmt, eins davon sind die steigenden Zahlen von Prepperkanälen auf YouTube und Preppergruppen auf Facebook, die sich in den vergangenen Jahren massiv ausgebreitet haben: Allein auf Facebook findet man auf Anhieb ein halbes Dutzend Gruppen mit jeweils 3000 bis 10000 Mitgliedern, Tendenz steigend. Auf YouTube hat ein Prepping-Influencer wie Survival Mattin 602000 Abonnenten, der Magdeburger Szene-Star Fritz Meinecke kommt sogar auf mehr als eine Million.
Hinzu kommt eine schwirrende Vielfalt von ständig neuen Webshops für Notfallausrüstung, Wasserfilter, Nahrung; die Krise bietet viele wirtschaftliche Perspektiven. Auch die Zahl der Survival- und Preppingkursveranstalter steigt ständig. Wichtig ist dabei, im Kopf zu behalten, dass das kommerzielle Angebot nicht unbedingt den Bedürfnissen von Preppern entspricht und viele auch bewusst gerade kein Teil der Konsumgesellschaft sein wollen. Richard Mitchell schreibt in »Dancing at Armageddon«: »Im Herzen des wirtschaftlichen Handelns zu stehen und respektierten Einfluss in der Welt der Dinge zu haben, ist ein Ideal der Survivalisten. Ein stummer Konsument zu sein, abhängig von einem monolithischen System, das von anderen gelenkt und begrenzt wird, ist ihnen ein Gräuel.«
Sehr oft distanzieren sich Prepper verächtlich von der Masse der Menschen, die das Mehr, Mehr, Mehr des globalisierten Kapitalismus unhinterfragt mitmachen und ihr komfortables Leben in der Wohlstandsgesellschaft für eine Gewissheit halten. Hier allerdings ein Warnhinweis: Es ist schwer, generelle Aussagen über Prepper zu treffen – gerade diejenigen, die vom Stereotyp abweichen, verhalten sich häufig still; lautstarke Wortmeldungen kommen eher von denjenigen, die radikale Meinungen vertreten.
Zwischen den einzelnen Akteuren gibt es oft keine Verbindung, auch vom Typus und von der Methodik her unterscheiden sie sich stark. Darunter sind Heimwerker, Naturliebhaber, Gartenfreunde, Outdoor-Sportler, Menschen also, die ein ganz normales Leben führen und das Preppen als eine Art Hobby betreiben. Am anderen Ende des Spektrums stehen Prepper, die ihr ganzes Leben an den Zielen der Krisenvorsorge ausrichten und sich zwanghaft mit Untergangsszenarien befassen. Welche Vorkehrungen zu treffen sind, hängt davon ab, welche Art von Katastrophe erwartet wird. Die Methoden sind vielfältig: Die meisten legen Lager mit Notvorräten an, einige trainieren Kampfsportarten oder besorgen sich Waffen, manche haben sich in ländliche Gebiete zurückgezogen oder zumindest einen Zufluchtsort auf dem Land eingerichtet – Retreater heißt dieser Vorsorge-Typus in den USA.
Da das Phänomen aus Amerika stammt, sind Anglizismen und militärische Abkürzungen verbreitet: Es gibt Bug-in-Prepper, die ihre Häuser mit Schutzräumen sowie verstärkten Sicherheitsvorrichtungen zu abwehrbereiten Festungen aufrüsten und Bug-out-Spezialisten, die sich darauf vorbereiten, im Ernstfall die Stadt zu verlassen, um draußen in der freien Natur zu überleben.
Shelter-Bau im Wald – eine Unterkunft aus Ästen, Blättern und Moos
Hier überlappen sich die Begriffe Prepper und Survivalist. Eine genaue Abgrenzung ist nicht möglich, auch kursieren durchaus widersprüchliche Definitionen. Generell kann man sagen, dass Survival ein Set von Fähigkeiten bezeichnet, das dem Menschen ermöglicht, sich in Not- oder Krisensituationen allein in der Wildnis durchzuschlagen.
Der Survivalist trainiert dafür, im Ernstfall ohne Hilfsmittel überleben zu können; er zündet das Feuer mit Feuersteinen an, schnitzt sich aus einem Ast ein Essbesteck und baut sich für die Nacht einen Unterschlupf aus Blättern und Zweigen. Er weiß, wie man jagt, Tiere ausnimmt und zubereitet, welche Beeren essbar sind und wie er seine Spuren verwischt, um Verfolger abzuschütteln. Dabei wiederum gibt es Schnittmengen mit den sogenannten Bushcraftern, die tage- oder wochenlange Ausflüge in die Natur möglichst ohne Ausrüstung unternehmen. Ihnen geht es vor allem um das Abenteuer und die Naturerfahrung, um die Rückbesinnung auf Urinstinkte, Urfertigkeiten und die Unabhängigkeit vom Luxus der Zivilisation.
»Allseitiges Pandämonium«
Survivalisten und Bushcrafter wenden dieselben Techniken an, sie unterscheiden sich mehr in ihren Zielen, wie Ronny Schmidt, der Survivaltrainer aus Thüringen sagt: »Der Bushcrafter will in den Wald rein. Der Survivalist will raus.« Anders ausgedrückt: Der Bushcrafter sucht die unmittelbare Naturerfahrung, er will sich in der Wildnis bewehren und Abstand zur Zivilisation gewinnen. Der Survivalist dagegen schlägt sich aus Notwendigkeit in den Wald, er will darin überleben und wendet dabei Bushcraft-Techniken an, aber er ist aufgrund einer Notlage dort, nicht weil ihn der Ruf der Natur ereilt hat.
Längst nicht jeder Bushcrafter bereitet sich auf Krisen vor, längst nicht jeder Prepper will im Ernstfall in den Wald fliehen. Aber viele eignen sich zur Vorbereitung Survival-Fertigkeiten an. Und oft sind Survivalisten nicht nur eine Art erwachsene Pfadfinder, sondern sorgen auch vor; viele Survival-Kursanbieter haben zugleich Prepping-Schulungen im Programm. Die Inhalte sind ähnlich, nur die Zielgruppe etwas anders.
Es gibt aber auch Prepper, die grundlegende Unterschiede sehen; in einer Gruppe auf Telegram zum Beispiel rät ein Mitglied den anderen von Survival-Trainings ab, »da wir Prepper anders als Survivalisten im Vorhinein Ausrüstung wie Messer und Co. bevorraten und nicht Feuersteine etc. suchen, um uns aus den gebrochenen Stücken ein Messer zu basteln. Außerdem ist Shelter-Bau mit Lagerfeuer und Steinkreis im Wald nicht im Sinne des Preppers, der unentdeckt bleiben will«.
In den USA dagegen werden