Widerstand Opt-TOIOS wird stärker«, sagte die Thesan. Ihre hellblauen Augen flackerten. »Ich verliere die Kontrolle. Ich ...«
Zemina Paath zog die Rechte zurück und torkelte. Rhodan fing sie auf, bevor sie stürzen konnte.
»Weg von hier!«, sagte Zemina. »Rasch!«
Sie löste sich aus Rhodans Griff und berührte die metallene Halskrause ihrer einteiligen Kombination. Ein Bild wurde vor ihrer aller Augen projiziert. »Das ist unser Ziel«, sagte sie. »Ein Maschinenpark in Deck ...«
30 Meter vor ihnen stürzte ein Teil der Deckenkonstruktion herab. Heißer Dampf verdeckte die Sicht auf das Dahinter, tranige Flüssigkeit floss an den Gangwänden herab.
Die Raumanzüge schalteten die Schutzschirme zu. Die Zeit des Versteckens war vorbei, der Gegner hatte sie entdeckt.
Zwei kugelförmige Körper kamen langsam hinter der Nebelbank hervorgeschwebt. Fast gemächlich richteten sie die vorne abgerundeten Enden auf Rhodan aus.
Cairanische Kampfroboter.
Energielanzen schlugen aus den Waffenläufen der feindlichen Maschinen und bissen in die Schutzschirme der Eindringlinge. In wenigen Sekunden würden die Schirme überlastet sein.
3.
Reginald Bull: Die Erscheinung
Die Lage spitzte sich weiter zu. Normaler Funk- und Ortungsverkehr in einem Bereich von fast einem Lichtjahr rings um die Bleisphäre wurde immer schlechter. Einzelschiffe und ganze Geschwader gingen auf Distanz zum Geschehen. Es war aber nicht nur das energetische Durcheinander, das die Flottenverbände vieler unterschiedlicher Völker abschreckte.
Es war das Sternenrad, das nach dem Ende der letzten Hyperschub-Etappe weiter in Richtung Bleisphäre trieb. Das Weiße Loch in seinem Zentrum spie Energiefontänen aus, unaufhörlich. Teile der Lichtbögen, die das Zentrum des Weißen Lochs umgaben, fransten aus. Die Strahlenringe, die nach oben und nach unten emittierten, waren noch vor einer Stunde miteinander verbunden gewesen und hatten dem Objekt das Aussehen eines weiß glühenden Rads gegeben. Nun sprühten – scheinbar – Funken weg, manche so groß wie kleine Monde.
Diese Geschehnisse boten einen Vorgeschmack auf das, was M 13 erwartete: völliges energetisches Durcheinander. Ereignisse auf normal- und höherdimensionaler Ebene, deren Folgen niemand voraussagen könnte.
»Das ist es wohl, was die Chaotarchen wollen«, sagte Bull. »Eine Dekonstruktion der natürlichen Ordnung. Ein gewaltig großer Moment der Veränderung, der völlig neue Bedingungen schafft.«
»Die Chaotarchen haben damit nichts zu tun«, sagte Holonder.
Bull nickte wie zur Bestätigung und behielt den Gedanken an die Chaotarchen dennoch im Hinterkopf. Er konnte nicht anders, seit er einen chaotarchisch geprägten Zellaktivator trug und nicht wusste, in welche Beziehung ihn dies mit den Hohen Mächten setzte. Die konkurrierenden Hohen Mächte waren ein stetiger Begleiter auf der Reise der Menschheit durch die Zeit. Mehr als einmal war Bull ihnen bereits begegnet. Jedes Zusammentreffen war mit einem hohen Blutzoll, mit Leid und Trauer verbunden gewesen.
»Eine Botschaft erreicht uns aus dem Inneren des Sternenrads«, meldete Lit Olwar, der imartische Leiter der Funk- und Ortungsabteilung des Schiffs. »Sie wird über alle Funkfrequenzen ausgestrahlt. Die Nachricht ist durch starke Interferenzen gestört, aber ANANSI kann die Fehler ausbügeln.«
»Auf den Hologlobus!«, verlangte Bull. Kraft seiner Befugnisse als Resident hatte er Befehlsgewalt an Bord der RAS TSCHUBAI. Daher gehorchte Olwar.
Drei Cairaner erschienen in einem überlebensgroßen Bild. Der Saal, in dem sie standen, war weiß getüncht und grell ausgeleuchtet. Bull tat sich selbst nach rund 500 Jahren schwer, die Wesen mit der goldenen Haut und den vierfingrigen Handpaaren voneinander zu unterscheiden. Nicht aber bei diesen drei.
Ataidse Sturu, der greise Konsul. Angeblich über 1000 Jahre alt und eine absolute Respektsperson, dachte er. Kaio Shevisbari, der Legat von Ecaitan, der Hauptwelt des Sternenrads. Er sieht älter aus, als er ist. Und Konsulin Satim Tainatin. Verfügt über 250.000 Augenraumer. Über den bedeutendsten Flottenverband im Milchstraßenbereich. Die drei wichtigsten Entscheidungsträger, die die Cairaner aufzubringen haben.
»Wir melden uns in aller Offenheit bei den Völkern der Milchstraße«, sagte Ataidse Sturu, »weil wir um Hilfe bitten wollen.« Die verdickten Armgelenke des alten Konsuls kippten weit nach vorne, wohl als Zeichen der Schwäche oder der Resignation. »Die Lage ist für uns völlig außer Kontrolle geraten. Alles, worauf wir während der letzten Jahrhunderte hingearbeitet haben, droht zusammenzubrechen.«
Ihr seid selbst schuld, dachte Bull. Ihr arbeitet mit Mitteln, die ihr nicht begreift. Ihr seid wie Zauberlehrlinge. Darüber hinaus habt ihr in Kauf genommen, dass alle Völker der Milchstraße leiden. Ihr habt die kollektiven Erinnerungen ihrer Bewohner manipuliert, bestehende Strukturen zerschlagen und euch der Vitalenergie von Millionen Wesen bedient. Dies alles wegen eurer allumfassenden Angst vor der Kandidatin Phaatom. Und nun sollen wir euch verzeihen oder gar helfen?
»Wir haben Fehler begangen«, fuhr Sturu fort. »Viele Fehler. Wie auch ihr.«
Da war sie wieder einmal. Die cairanische Überheblichkeit, mit der sie glaubten, sich die Ressourcen der Milchstraße einverleiben zu können.
»Die Lage ist für uns aussichtslos geworden. Das Sternenrad ist nicht mehr aufzuhalten. Es wird in die Bleisphäre gleiten, mit unvorhersehbaren Folgen. Manche von euch haben womöglich keine hohe Meinung von uns. Aber darum darf es jetzt nicht gehen. Niemand von uns weiß, was geschieht, wenn diese beiden Objekte kollidieren. Ein höherdimensionaler Schock mag durch die Sterneninsel rasen und jegliches Leben auslöschen. Emlophe mag mutieren und zu etwas völlig anderem werden, das unkontrollierbar ist. Ein Austausch von großen Mengen Materie aus M 13 und aus anderen kosmischen Bereichen könnte ebenso geschehen wie ein Raum-Zeit-Knick.«
Sturu hielt die Innenflächen aller vier Hände in die Kamera. »Wir wissen es nicht. Und selbst, wenn es nur um die Sternsysteme rings um die Bleisphäre ginge, stünden immer noch die Leben von Milliarden Wesen auf dem Spiel. Die von Cairanern, Terranern, Naats oder Arkoniden.«
Sturu machte eine kurze Pause, bevor er weiterredete: »Helft uns, einen sicheren Weg ins Innere der Bleisphäre und in die andere Hälfte des Dyoversums zu finden. Dort liegt unsere Bestimmung. Wir ersuchen die Befehlshaber der Liga Freier Galaktiker, Perry Rhodan persönlich und den Thantur-Baron um Unterstützung.«
Die Verbindung brach ab, das Bild im Hologlobus erlosch.
»Sie wissen nicht, dass Perry verschwunden ist«, sagte Holonder.
»Die Lage im Inneren des Sternenrads ist noch unübersichtlicher als außerhalb.« Bull wandte sich Olwar zu. »Ich brauche eine Verbindung zum Mascanten. Wir werden uns besprechen müssen.«
»Was hast du vor?«, fragte Sichu.
»Es ist nicht einmal geklärt, ob ich offiziell Position beziehen darf ... Ach, zum Himmeldonnerwetter! Natürlich müssen wir den Cairanern helfen. Es muss einen Weg geben, das Sternenrad beim Eintritt in die Bleisphäre zu sichern. – Habt ihr auch Tormanac da Hozarius kontaktiert?«
»Der Imaginäre Imperator meldet sich nicht. Seine Schiffe sind allesamt verschwunden.«
Tormanac da Hozarius hatte bereits bekundet, die Milchstraße ebenfalls verlassen zu wollen – wollten auch sie auf der anderen Seite des Dyoversums siedeln? Falls ja, warum rührte er sich nicht?
Es gibt immer noch Perry Rhodan. Wenn jemand diese Situation bereinigen kann, dann er. Ich bin mir sicher, dass er noch lebt.
Bullys Blick fiel wieder auf das Nashadaan. Die Unruhe des sonderbaren Raumgefährts war deutlich erkennbar. Es ruckelte, als wollte es sich aus dem Umfeld der RAS TSCHUBAI lösen.
War das Schiff Zemina Paaths eine weitere Gefahrenquelle?
Nein. Sie hatten das Nashadaan im Ephelegonsystem untersucht und viel Interessantes herausgefunden.