Ihnen denn getan?«
Wendy seufzte, verzichtete aber wohlweislich auf eine Antwort. Sie wollte ja nicht ausfallend werden. Notgedrungen schloss der Pharmareferent seine Aktentasche wieder, nicht ohne vorher einen Kugelschreiber mit Werbeaufdruck herauszuholen.
»Hier, ein Geschenk zur Beförderung.« Mit großer Geste überreichte er Dr. Norden den Kugelschreiber. »Ich wünsche Ihnen viel Glück!«
Obwohl Danny den Pharmareferenten gut kannte, tat ihm seine ruppige Art nun doch leid.
»Vielen Dank. Ich werde ihn in Ehren halten.«
Sebastian Klotz strahlte.
»Dann komme ich noch kurz herein und präsentiere Ihnen unsere neuen Produkte. Wenn Sie sich schnell entscheiden, dauert es auch nicht lange.«
Glücklicherweise öffnete sich in diesem Augenblick die Tür, und das Ehepaar Baader kam herein.
»Tut mir leid, Herr Klotz.« In gespieltem Bedauern zuckte Danny mit den Schultern. »Sie sehen ja, ich habe zu tun.« Er nickte ihm zu, um sich im nächsten Augenblick um seine beiden Besucher zu kümmern.
Und auch Wendy und Janine steckten die Köpfe zusammen und gaben vor, angestrengt zu arbeiten. So blieb Sebastian nichts anderes übrig, als das Feld zu räumen.
Wendy atmete auf, als die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war.
»Du meine Güte. Ich dachte, dieses Kapitel hätte ich hinter mir.«
»Vielleicht kommt er ja nicht wieder«, tat Janine ihre Hoffnung kund. Ein anderes Thema brannte ihr viel mehr unter den Nägeln. »Aber was machen wir denn jetzt mit unserer Überraschung?« Sie beugte sich über den Terminkalender.
»Bleibt nur noch die Mittagspause«, erwiderte Wendy. »Das ist eh die beste Lösung. Wir schließen die Tür ab und lassen den Chef einfach nicht raus.«
Das war ein frommer Wunsch. Würde er in Erfüllung gehen?
*
»Sie können sich wieder anziehen.« Der Leiter der Notaufnahme hatte die Untersuchung abgeschlossen.
»Leichter gesagt als getan.« Stöhnend richtete sich Sarina Staller auf der Untersuchungsliege auf. Unter Schmerzen schlüpfte sie in ihren Pullover, als sich die Tür öffnete und Dr. Daniel Norden hereinkam. Danny hatte ihn kurz telefonisch informiert. Nachdem er die Patientin kannte, wollte er selbst nach dem Rechten sehen.
»Hallo, Frau Staller.« Er reichte ihr die Hand. »Was machen Sie denn für Sachen?«
»Ihr Sohn hat mich hergeschickt. Er meinte, die Ärzte hier in der Klinik könnten meinen Traum Wirklichkeit werden lassen. Dafür lege ich mich sogar unters Messer.«
»Das wird nicht nötig sein«, erwiderte Dr. Weigand und winkte den Klinikchef zu sich, um ihm die Aufnahmen von Sarinas Wirbelsäule zu zeigen. »Eine Operation sollte der letzte Ausweg sein. Vorher habe ich noch eine andere Idee.«
»Ich bin gespannt.« Daniel sah den Kollegen fragend an. Genau wie Danny kannte und schätzte er Matthias schon seit Jahren. Trotz des Altersunterschieds war in dieser Zeit zwischen den Männern eine echte Freundschaft entstanden.
»Es gibt ein neues Verfahren, das auf einem Wirkstoff basiert, der aus dem Blut des Patienten gewonnen wird«, erläuterte er die neue Methode. »Er wird in den entsprechenden Wirbelsäulenabschnitt injiziert.«
Sarina Staller dagegen wirkte skeptisch.
»Wie soll das denn funktionieren?«
»Das ist keine Hexerei, sondern fundierte Wissenschaft«, versicherte Dr. Norden, der auch schon über die neue Methode gelesen hatte. »Das speziell aufbereitete Blutplasma enthält körpereigene, vitale Zellen, Eiweiß-Stoffe und bioaktive Zellbotenstoffe in hoher Konzentration«, ergänzte er die Erklärungen des Kollegen. Er lehnte am Schreibtisch und blätterte durch ihre Unterlagen.
Trotzdem war Sarina noch nicht überzeugt.
»Eine Spritze in den Rücken? Ist das nicht gefährlicher als eine Operation?« Die Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben.
Matthias Weigand lächelte beruhigend.
»Keine Sorge. Die Einspritzung erfolgt bildgesteuert an den definierten Stellen und stimuliert vor Ort eine regenerative Reaktion. Mal abgesehen davon, dass das Risiko dieser Behandlung deutlich geringer ist als das einer herkömmlichen Operation.«
Sarinas Augen wurden schmal vor Argwohn.
»Wenn dieses Verfahren so toll ist, verstehe ich nicht, warum Danny Norden mir nichts davon gesagt hat.«
»Weil diese Methode noch relativ neu ist und noch nicht von allen Krankenkassen akzeptiert wird«, musste er einräumen. »Ich bin aber überzeugt davon, dass sich diese Therapieformen in Zukunft mehr und mehr etablieren werden«, fuhr er schnell fort, um ihre Bedenken zu zerstreuen.
Daniel Norden hob den Kopf. Einen Moment lang sah er so aus, als wollte er etwas dazu sagen. Sarina bemerkte es.
»Was ist? Stimmt das nicht?«
»Doch, doch!«, versicherte er schnell, legte die Unterlagen beiseite und ging zur Tür. »Sie sind hier in den besten Händen«, versicherte er der jungen Patientin. »Darf ich den Kollegen kurz entführen? Ich muss etwas mit ihm besprechen.«
Verwirrt sah Sarina von einem zum anderen. Was blieb ihr anderes übrig, als zu nicken? Sichtlich verwundert stand Matthias auf und folgte seinem Freund nach draußen.
»Gibt es ein Problem?«, fragte er, kaum dass sich die Tür hinter ihm geschlossen hat.
Daniel drehte sich zu ihm um. Seine Miene war ernst.
»Danny hat nicht ohne Grund zu einer Operation geraten. Deshalb finde ich, du solltest seinem Rat folgen.«
»Ich verstehe nicht ganz.« Unwillig schüttelte Matthias Weigand den Kopf. »Ist es nicht im Sinne der Patientin, zunächst eine andere Methode zu versuchen? Zumal die PRP sehr vielversprechend ist.«
»Ich habe mir Sarinas Bilder genau angesehen. Ihr Bandscheibenvorfall ist derart gravierend, dass früher oder später mit irreversiblen Lähmungen zu rechnen ist. Eine Biointervention erscheint mir in diesem Fall zu unsicher zu sein. Zumal die Krankenkasse die Kosten nicht übernehmen wird.«
Dr. Weigand lachte spöttisch.
»Seit wann redest du über Geld?«
»Seit ich Klinikchef bin und darüber nachdenken muss, dass Patienten bei einem möglichen Misserfolg einer Behandlung Forderungen an uns stellen könnten«, appellierte Daniel an die Vernunft seines Kollegen. »Allerdings sind die Finanzen nur ein Aspekt, den ich nicht aus den Augen verlieren darf. Über allem steht natürlich das Wohl der Patienten. Das ist der eigentliche Grund, warum ich im Fall von Frau Staller eine Operation empfehle.«
Schweigend hatte Matthias den Ausführungen zugehört. Steile Falten auf seiner Stirn zeugten davon, was er davon hielt.
»Die Entscheidung liegt aber bei mir, oder?«, versicherte er sich.
Daniel zögerte kurz.
»Nein. Sie liegt bei der Patientin«, erinnerte er Matthias an die Tatsachen. Der bedachte ihn mit einem langen Blick, ehe er sich abwandte und grußlos in das Behandlungszimmer zurückkehrte. Daniel sah ihm nach. Bevor er sich aber noch weitere Gedanken darüber machen konnte, klingelte das Telefon im Schwesternzimmer.
»Ja, der ist hier … .«, hörte er Schwester Klara sagen. »Ich richte es ihm aus.« Im nächsten Augenblick tauchte sie in der Tür auf. »Die Chefin lässt ausrichten, dass Sie zur Zeremonie erwartet werden.«
»So spät ist es schon?« Erschrocken sah Daniel auf die Uhr. Einen Augenblick später eilte er los. Um ein Haar hätte er Jennys Abschied und seine Inthronisierung verpasst.
*
Sehr zum Leidwesen der beiden Assistentinnen gab sich an diesem Vormittag ein Patient nach dem anderen die Klinke in