Maria Czigler Bianca

Fürstenkrone Box 15 – Adelsroman


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Mädchenherzen zu brechen imstande war. Dieser Mann wirkte durchaus edel und zeigte eine unangreifbare Würde. Darüber hinaus sah er unglaublich gut aus.

      Da sie aus einem anderen Land kam, hatte sie ihn nie zuvor gesehen, und Bilder, die ihr manchmal von ihm in Zeitschriften unter die Augen gekommen waren, hatte sie nicht beachtet. Welches Interesse hätte sie ihm im fernen Roussillon auch entgegenbringen sollen?

      Plötzlich verstand sie Angelika besser.

      Es war nicht schwer, sich in König Rudolf zu verlieben, und zu ihrem Entsetzen spürte sie ihr Herz stärker klopfen, und das Blut pochte ihr in den Schläfen.

      Seine Nähe verwirrte und beunruhigte sie, und sie zürnte sich selbst deswegen.

      Sie spürte, wie er sie forschend betrachtete, und wagte nicht, zu ihm aufzuschauen. Krampfhaft hielt sie ihre elegante Handtasche umklammert und kam sich unsäglich klein und lächerlich vor.

      Aber dann riß sie sich zusammen. Entstammte nicht auch sie selber einem königlichen Geschlecht? Ein wenig steifte sie ihren Nacken.

      »Glauben Sie wirklich, Marquise«, hörte sie den König da sagen, »daß mit meiner Abreise das Problem für Sie gelöst wäre? Ich wage das zu bezweifeln.«

      »Aber Majestät…«

      »Prinzessin Angelika ist ein aufrechter Charakter mit einem starken Herzen. Das wissen Sie wahrscheinlich besser als ich, der ich die Prinzessin erst so kurze Zeit kenne. Aber wenn es so ist, wie Sie sagen, und Prinzessin Angelika liebt mich wirklich, dann wäre meine Abreise sehr unklug.«

      »Ich verstehe nicht.«

      »In den Augen von Prinzessin Angelika würde meine plötzliche Abreise nichts weiter als ein edler Verzicht auf sie sein – auf Ihre Bitten hin, Marquise. Die Prinzessin würde nicht aufhören, mich zu lieben, im Gegenteil, zur Liebe käme dann noch die Bewunderung. Sie aber, Marquise, würde die Prinzessin möglicherweise als Urheberin der Trennung zu hassen beginnen. Es wäre also nichts gewonnen mit meiner Abreise, für Sie selber nur sehr viel verloren.«

      Christina saß ganz still. Sie hatte die Hände im Schoß gefaltet, und Tränen traten ihr in die schönen Augen.

      Rudolf sah es und ergriff ihre beiden Hände. Er zog sie zu sich empor.

      »Nur Mut, Marquise!« sagte er mit unendlich traurigem Lächeln. »Vergessen Sie nicht, daß ich mich in gewisser Weise schuldig fühle. Ich hätte es niemals so weit kommen lassen dürfen. Aber in der Tat habe ich die Prinzessin irgendwie in mein Herz geschlossen, wenn auch auf eine mehr väterliche Weise. Ich werde Sie daher nicht mit diesem Problem allein lassen, aber ich werde auch ein Opfer von Ihnen fordern müssen.«

      »Was kann ich tun, Majestät?«

      Rudolf wandte sich ab, damit sie den Blick seiner Augen nicht sähe. Er schaute zum Fenster hinaus auf die gepflegte Rasenfläche unter sich. Ohne sich umzudrehen sagte er:

      »Vermutlich kann nur eines die Liebe der Prinzessin Angelika zu mir zerstören, nämlich, wenn sie glauben muß, in mir einen unedlen Charakter vor sich zu haben.«

      »Majestät!«

      Christina war entsetzt. Wollte der König sich erniedrigen? Es war eine unfaßbare Vorstellung, und sie durfte das nicht von ihm erwarten. Es war ja nicht seine Schuld, daß alles so gekommen war.

      Erschrocken merkte sie, wie sie in ihrem Herzen nach Entschuldigungen für ihn suchte.

      »Warum entsetzen Sie sich so, Marquise? Wären nicht auch Sie bereit, für Prinzessin Angelika jedes Opfer zu bringen?«

      »Das ist etwas anderes, Majestät.«

      »Meinen Sie? Weshalb soll ich mich von Ihnen beschämen lassen. Nein, Marquise, die Prinzessin muß glauben, ich hätte nur ein Spiel mit ihr getrieben. Das allein kann noch helfen. Außerdem muß sie glauben, nur ein Mittel zum Zweck für mich gewesen zu sein.«

      »Ich verstehe Eure Majestät nicht.«

      »Ich werde abreisen, Marquise, aber nicht ohne zuvor auf Wertach ein Fest gegeben zu haben. Unter meinen Gästen werden auch Sie und Prinzessin Angelika sein.«

      Christina begriff sofort. Unvermutet würde Rudolf Angelika als König des Landes entgegentreten.

      Sie mußte sich beschämt und erniedrigt, betrogen und belogen vorkommen. Ihr Stolz würde neben ihrer Liebe bis auf den Grund verletzt werden, aber ihr Stolz würde ihr auch über den Schmerz und die Beschämung hinweghelfen.

      »Ich sehe, Sie beginnen mich zu verstehen, Marquise.«

      »Ich weiß nicht, wie ich Eurer Majestät danken soll.

      »Indem Sie, Marquise de Roussillon, auf diesem Fest mein persönlicher Ehrengast sind.«

      »Majestät beschämen mich und beschwören gleichzeitig einen Skandal herauf.«

      »Fürchten Sie um Ihren Ruf, Marquise?«

      »Nicht um den meinen.«

      »Um meinen machen Sie sich keine Sorgen, Marquise. Ich weiß sehr gut, was ich tue.«

      »So kann ich nichts weiter tun, als Eurer Majestät von Herzen zu danken.«

      »Nun, ich bin nicht so uneigennützig, wie Sie zu glauben scheinen, Marquise«, lächelte Rudolf. »Etwas verlange ich schon von Ihnen für den Dienst, den ich Ihnen und der Prinzessin erweise.«

      »Alles, was Sie wünschen, Majestät.«

      »Dann seien Sie jetzt mein Gast. Lassen Sie nicht zu, daß der König einsam seinen Kaffee trinken muß. Schenken Sie mir ein paar Minuten Ihre bezaubernde Gesellschaft.«

      Christina de Roussillon senkte errötend das Haupt. Sie fühlte sich auf sonderbare Weise glücklich.

      In den Tagen, die darauf folgten, lag eine sonderbare Spannung über Schloß Rothenstein.

      Angelika lief mit verbissener Miene herum, und ihre Augen waren ständig leicht gerötet.

      Sie hatte Rudolf bisher nicht wiedergesehen. So oft sie auch zum Blockhaus geritten war, sie hatte es stets leer gefunden, und sie schloß daraus, daß Christina mit dem Grafen von Wertach, für den sie den König noch immer hielt, gesprochen haben mußte.

      Ihre Liebe und ihre Sehnsucht nach dem geliebten Mann wuchsen damit nur noch, gleichzeitig aber entwickelte sich in ihr auch eine heftige Abneigung gegen Christina, gegen die Helene de Ravoux vergeblich anzukämpfen versuchte. Es war mit Angelika nicht mehr vernünftig zu reden. Sie litt selber darunter, vermochte aber nichts dagegen zu tun.

      Von Michael von Seebach hatte man auf Rothenstein nichts wieder gehört.

      Dann, eines Tages, brachte der Butler auf silbernem Tablett zwei Einladungskarten aus Wertach, Stahlstich auf Bütten.

      Angelika war wie elektrisiert und überrascht, daß ein König es war, der zu einem Abschiedsfest einlud. Erst nach einer Weile kam es ihr zum Bewußtsein.

      »Aber das ist ja vom König selbst«, sagte sie verwundert zu Helene de Ravoux.

      »Natürlich, Liebling«, gab diese mit feinem Lächeln zurück. »Der König weilt schon seit einer ganzen Zeit zur Jagd auf Wertach, wußtest du das nicht?«

      Angelika schüttelte das Köpfchen. »Merkwürdig«, sann sie vor sich hin, »daß ich ihm niemals im Forst begegnet bin.«

      »Der Forst ist groß, Angelika. Und ein König verirrt sich nicht über seine Grenzen. «

      Angelika schoß das Blut in die Wangen, und sie wandte sich ab.

      Fast hätte sie sich verraten und es wäre ihr entschlüpft, daß sie selber mehr als einmal Rothensteinsches Gebiet verlassen hatte und im Wertachschen Forst umhergestreift war – in Begleitung des Grafen von Wertach allerdings.

      Als sie an ihn dachte, begann ihr Herzchen wild zu klopfen.

      Sie würde ihn wiedersehen! Auf dem Fest des Königs würde