seine beste weissseidene nicht umgebunden?! — Oder doch?! — O dieser Brummschädel! Und Eliza sah ihn immer so listig von der Seite an und legte voll sanften Vorwurfs die Händchen auf seine Schulter — „Willem, was hast du dir bei diesem allen nur gedacht?!“
Damals wusste er es selber nicht, — nachher, ja nachher! Wenn man so ein — ein — ein druwe luwe liewe lawes kreuzfideles Weibchen hat!!
Aber der Schmollis mit Rösing? — Sollte etwa auch seine Frau mit dem Kerl Brüderschaft getrunken haben?
Alle Haare sträubten sich ihm einzeln vor Eifersucht.
Unmöglich! — Die Damen hatten ja gar nicht mit gekneipt!!
So etwas würde Eliza doch auch nie und nimmer tun.
Und er?
Ja, du liebe Zeit, — wenn Rösing es behauptet, muss es wohl so sein.
Er stürmt zu seiner Gattin, um zu bitten, dass ein paar gute Schüsseln mehr für den Feinschmecker aufgetragen werden und ... ja die Tischordnung! — Er mag das nicht, wenn jeder wildfremde Duzbruder daherkommt und sich neben seine Frau setzt!
Er tut so intim, der Rösing!
Könnte ihm so passen, bei Tisch mit dem lustigsten Geplauder unterhalten zu werden und derweil zu essen — — es hat niemand sich an der Heiter keit seiner Frau zu delektieren wie er, der ihr ehelich angetraute Herzensmann!
Da wird ein Riegel vorgeschoben!
Er, Willem van de Eskenboom, sitzt an der Speisetafel seinem Gast gegenüber, und die fröhliche Hausfrau präsidiert an der Seite des Gemahls.
„Vis-à-vis ist besser, wie nah dabei“ — heisst es, und „vorgesehen und nachgedacht — hat manchem schon gross’ Leid gebracht“!
Fräulein Freienfeld lässt sich von dem teuern Schmollisbruder — er keucht immer noch vor innerer Erregung — wie komme ich nur dazu, mit dem Menschen Brüderschaft zu trinken! muss das eine Besäufnis gewesen sein!! — na also — Fräulein Gerda lässt sich vom Duzfreund Rösing den Arm bieten und dann können sie sehen, wie sie fertig werden!
Und so geschah es.
Der reiche Mann traf präzise ein, besah die Koppel für die „Pferdestudenten“, welchen er nun zu Amt und Würden verhelfen wollte, und kaufte zwei recht hübsche und nicht zu teuere Kohlfüchse. Kohlfüchse darum, weil er sich in Gedanken sagte, „es ist ja der reine Kohl mit dem Pferdehandel, — eigentlich komme ich ja, um mich selber meistbietend an die Frau zu bringen! Na, wollen mal sehen, ob ich alter Knabe noch leidlich im Kurs stehe!“ Dann begrüsste man die Damen.
Frau Eliza war immer sehr angeregt und guter Dinge, wenn Gäste kamen. Sie empfing Herrn Rösing mit einem wahren Brillantfeuer von Laune und Witz, und dieser schüttelte sich innerlich wie ein Pudel unter der Traufe und dachte: „Fürchterlich! wenn das auch beim Essen so weitergeht, gehe ich sicher an versetztem Spickaal zugrunde!!“
Eskenboom aber stand so stolz und erhaben an der Seite der entzückendsten aller Frauen, als könne er nur voll tiefsten Mitleids auf den armen Mitmenschen niederblicken, welcher endlich vor seines Schöpfers begehrenswertestem Meisterwerk steht und einen Zettel daran hängen sieht, mit den ominösen Worten: „In festen Händen!“
Während Willem und Gerda sehr den guten, wenn auch nicht ganz neuen Witz belachten, mit welchem Eliza den Pferdekauf ad acta legte: „Wissen Sie auch, Herr Rösing, warum Ihre Kohlfüchse ‚Pferde‘ heissen?“ — „Na, weil man damit ‚fährt‘!!“ antwortete er prompt: „Ach so! ich dachte, weil zu einem Rösing naturgemäss eine Rosinante gehört!“ — was einen Sturm der Heiterkeit entfesselte.
Aber dennoch waren beide Herren nicht zufrieden, der eine, weil es ihn verdross, dass seine Frau anstatt des ersten nicht den zweiten Witz gemacht hatte, und der Grosskaufmann, weil er fürchtete, durch ein derartiges Provoziertwerden um jeden beschaulichen Tafelgenuss zu kommen. Er wusste, dass auf Esken gut gekocht wird, da braucht man Ruhe zum Prustelieren!
So suchten denn seine Augen Fräulein Freienfeld, welche auch jetzt ihre ganze Begeisterung über seine Schlagfertigkeit in die Augen legte, ohne auch nur im mindesten in die Unterhaltung einzugreifen.
Langweilig? — Das wäre!! ein sehr vernünftiges, nettes Mädchen.
Und nun kam das Dessert zum Beginn der Mahlzeit.
Willem sagte ihm mit ganz undefinierbarem Ausdruck im Gesicht, er bitte, Fräulein Freienfeld zu Tisch zu führen.
Rösing knickte gefühlvoll zusammen. „Musik in meinen Ohren!“ lächelte er mit dem Brustton der Überzeugung.
Und Eliza, welche bereits am Arm ihres Gatten vorausschritt, wandte mit einem ganz allerliebsten Schelm das Köpfchen und lächelte.
„Zukunftsmusik?!“
Nun war Willem wieder obenauf, er hätte beinah einen Luftsprung vor Triumph getan, denn nach dem Blick, mit welchem Friedrich Karl die junge Dame eben angesehen, war die Bemerkung seiner geistreichen Frau geradezu glänzend!
Rösing aber presste in ergrimmter Abwehr eines jedweden weiteren Geisteskampfes den Arm seiner Tischdame gleichzeitig gegen Magen und Herz und knurrte unhörbar: „Dann ist’s der Hungergalopp!!“ Aber es würgte ihn, dass er höflichkeitshalber diesen parierenden Gegenhieb verschlucken musste!
Und Eliza dachte im Herzen: wenn es nicht gar zu unhöflich gewesen wäre, hätte ich zu dieser Musik gleich die Worte geliefert: „Beefsteakpolka!!“
Und nun sass man einander gegenüber und ass recht viel und gut, und während der moderne Lukullus Friedrich Karl mit Kennermiene erst auf der Zunge prüfte und dann schluckte, — musste der Unglücksrabe Eskenboom ohne Sinn und Verstand hinter die Krawatte kauen, denn der unbarmherzige, kleine Racker von einer Frau tischte als angenehme Tunke zu Fisch und Braten derartige Pensionserinnerungen: „an Schellfisch mit Pflaumenmus und Champignons mit Zucker und Zimt“ auf, dass ihr Eheherr immer nur den Mund zum Lachen, aber nicht zum Essen aufsperrte!
So eine amüsante Frau muss ja ein Schicksal sein! — Unglücklicher Kerl, der nicht mal in Ruhe einen Happenpappen genehmigen kann!
Und Herr Willem strich mit hochrotem Kopf den blonden Schnurrbart mittels Serviette empor und empfand ein tiefes, aufrichtiges Mitleid mit dem neuen Duzbruder, weil er sich mit einer Tischgenossin abfinden musste, die nur alle Jubeljahre mal die Monotonie des Speisezettels durch ein paar Worte unterbrach, welche immer nur den bescheiden gehorsamen Punkt hinter die Ansichten des geehrten Herrn Vorredners setzte.
Wie begeistert sah Eskenboom sein beredtes Weibchen, — wie wohlzufrieden und dankbar Friedrich Karl seine schweigsame Nachbarin an.
Nach dem Essen regnete es.
Man blieb, anstatt die projektierte Gartenpromenade zu unternehmen, in den Zimmern zurück.
Gerda spielte etliche Nocturnos und noch mehrere Sonaten, klassische Sätze und Adagios, bei denen es sich gut verdaut, und welche er infolgedessen recht gern über sich ergehen liess, bis Frau Eliza die ganze gute Wirkung wieder über den Haufen warf und Lieder trällerte, die jedweder Siesta Hohn sprachen!
„Gebt mir ein Weib — ein Weib, ein Weib! — das ich herzen kann, — das ich küssen kann!!“
— — Ja, ja! — ist ja ganz schön und gut! Friedrich Karl steht ja schon allen Ernstes im Begriff, zuzulangen!
Nur nicht so furchtbar lyrisch und pressiert! Das geht auf die Nerven.
Er weiss ja noch nicht mal, ob Fräulein Gerda will.
Sie lacht so höflich und findet es ganz nett und korrekt, dass jetzt im Lied ein „Kirschendieb“ ernstlich verwarnt wird, in Nachbars Garten zu steigen, — wo er höchstens verhauen wird; eine Möglichkeit, welche Willem in den Harnisch zu bringen scheint, denn sein sonst so mildes blaues Auge bekommt etwas kriegerisch Herausforderndes. — Hottjepottje, welcher sich gerade in bedenklicher Weise vor ihn setzt und sich zu schappen beginnt, bekommt sogar einen energischen Tritt: „Das