Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Die Uhr ist abgelaufen


Скачать книгу

/p>

      Joe Barry

      Privatdetektiv Joe Barry

      Die Uhr ist abgelaufen

      SAGA Egmont

      Privatdetektiv Joe Barry - Die Uhr ist abgelaufen

      Copyright © 1961, 2017 Joe Barry Lindhardt og Ringhof Forlag A/S

      All rights reserved

      ISBN: 9788711668818

      1. Ebook-Auflage, 2017

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt og Ringhof gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk – a part of Egmont www.egmont.com

      1. Kapitel

      Die Straße zwischen Benedict und der Bowl Ranch war kaum mehr als ein hügeliger, staubiger Sandweg. Tag für Tag knallte die Sonne darauf. Wenn einer der schweren Straßenkreuzer der Ranch darüber gerollt war, lag noch stundenlang eine dichte Staubwolke über der Gegend.

      Das änderte sich erst, als Sam Jordan, Besitzer der Bowl Ranch, sich entschloß, die Straße asphaltieren zu lassen. Ihm gehörten so ungefähr zwei Millionen Acre Land am Golf von Mexiko. Die Jordans saßen seit über hundert Jahren in Texas und beschäftigten sich damit, die perfekte Kreuzung zwischen dem englischen Hereford-Rind und dem Longhorn zu züchten.

      Dieser Job warf eine Masse Geld ab. Die Jordans waren zwar stolz darauf, noch genauso einfach zu leben wie ihre Vorväter. Dabei mußte man nur die Tatsache außer acht lassen, daß ihnen der Herrgott in seiner Güte ein fünfundzwanzig Meter langes Schwimmbecken aus Stahlbeton vor die Tür gesetzt hatte. Auch andere kleine Annehmlichkeiten des Daseins, zu denen eine zweimotorige Douglas gehörte, änderten nichts an dieser Überzeugung.

      Die Straßenbaukolonne bestand ausschließlich aus Negern. Nur der Vorarbeiter, Francis Quint, war ein Weißer. Er saß in einem der Campwagen und sorgte dafür, daß sein Whiskyvorrat nicht warm wurde.

      Die Sonne warf glühende Hitze über die schutzlose Landschaft. Der Job war langweilig. Quint legte die Beine hoch und beobachtete die Schwarzen, die träge ihre Arbeit verrichteten.

      Den angenehmsten Job hatte zweifellos der Mann, der die riesige Planierraupe fuhr, die aus dem hügeligen Terrain eine tafelebene Trasse hobelte. Sam Jordan wollte, daß seine Straße einer Art privater Rennpiste glich, denn er war ein Freund schnellen Fahrens.

      Quint döste vor sich hin. Trotz der Dumpfheit in seinem Schädel, der Folge von Sonnenhitze und Whisky, wurde er sich bewußt, daß unversehens irgend etwas um ihn her anders war als eben noch. Was war es doch? Quint hob lauschend den Kopf, und plötzlich wußte er es: Das Rattern und Dröhnen der großen Planierraupe war plötzlich verstummt. Gleich darauf gellte ein Schrei an sein Ohr.

      „Mr. Quint!“ Einer der schwarzen Arbeiter kam mit allen Zeichen des Entsetzens auf ihn zu. „Sie müssen sofort kommen!“

      „Was, zum Teufel, soll die Aufregung?“ Quint kletterte wütend über die Störung aus dem Wagen. Die Hitze draußen traf ihn wie ein Schlag.

      „Ich habe eine Hand gesehen“, sagte der Schwarze aufgeregt.

      „Wo?“

      „Dort, in der Erdmasse, die die Raupe bewegte.“

      „Unsinn!“ brummte Quint. „Du siehst Gespenster.“

      Er stapfte hinüber zu dem Maschinengiganten. Die übrigen Neger hatten mit der Arbeit aufgehört und umstanden aufgeregt schwatzend die große Planierraupe.

      Quint warf einen Blick auf die Masse von Erdreich, die sich vor der stählernen Scheibe der Planierraupe türmte, und er erstarrte.

      Deutlich waren die gekrümmten Finger einer Hand zu erkennen, die aus der graubraunen Erde hervorragte.

      Quint war bleich geworden. Er hatte das dringende Bedürfnis nach einem Whisky.

      „Joe“, sagte er mit belegter Stimme zu einem der Neger. „Nimm den Wagen und fahr nach Benedict. Sag dem Sheriff, er soll sofort kommen. Und ihr übrigen rührt nichts an, bis der Sheriff da ist, kapiert?“

      Francis Quint ging oft ins Kino und wußte, worauf es in solchen Fällen ankam.

      Sheriff Jules Euskins kannte die Gegend um Benedict wie seine eigene Tasche. Er war hier bereits fünfunddreißig Jahre Sheriff und hatte noch die Zeit miterlebt, als jedermann einen Fünfundvierziger um den Bauch geschnallt trug und es in Benedict jeden Monat mindestens eine Schießerei gab. Ihn konnte so leicht nichts erschüttern.

      „Eine Hand“, brummte er und steckte sich den Stern an. „Sonst nichts?“

      „Doch, Sir“, sagte der Neger aufgeregt, „Es war ein ganzer Körper!“

      „Wir wollen uns die Geschichte mal ansehen“, sagte Euskins und trat auf die Straße. Vorsichtig rangierte er seinen Chevrolet aus einer Parklücke. Daß man neuerdings in Benedict Parkschwierigkeiten hatte, war der beste Beweis dafür, daß die Moderne des zwanzigsten Jahrhunderts auch bis hierhin vorgedrungen war.

      Nach knapp zwanzig Minuten Fahrt erreichten sie das Camp. Quint führte ihn zu der Planierraupe.

      „Ich bin wahrhaftig nicht so leicht zu erschüttern, Sheriff“, sagte er. „Aber das hier ist mir verdammt auf den Magen geschlagen.“

      „Was hast du gemacht, Francis?“ fragte Euskins.

      „Nichts!“ sagte Quint.

      „Auch etwas“, brummte der Sheriff und sah sich um. „Los, Leute, buddelt den Leichnam vorsichtig aus.“

      Die Arbeiter machten sich mit Schaufeln ans Werk. Nach ein paar Minuten lag der Körper frei. Mit seinen verrenkten und vielfach gebrochenen Gliedern bot er keinen schönen Anblick.

      Euskins strich sich über den grauen Schnurrbart.

      „Ich hatte schon die ganze Zeit über einen derartigen Verdacht“, sagte er. „Es ist Henderson.“

      „Der Kassenbote?“ fragte Quint überrascht.

      Euskins nickte.

      „Er sollte vor einer Woche vierzigtausend Dollar von Benedict zur Bowl Ranch bringen. Seitdem ist er spurlos verschwunden. Ich nahm an, er hätte sich mit dem Geld aus dem Staub gemacht. Die Fahndung nach ihm läuft noch.“

      „Wie, zum Teufel, kommt er hierher?“

      Der Sheriff wies auf eine Stelle an der Brust des Toten.

      „Da ist die Einschußstelle“, erklärte er sachlich. „Henderson wurde erschossen, ausgeraubt und hier oberflächlich verscharrt.“

      Quint kratze sich am Kopf.

      „Wird ’ne Masse Ärger geben, Sheriff“, meinte er.

      „Darauf kannst du Gift nehmen“, erwiderte Euskins.

      Der Ärger begann schon sehr bald. Euskins hatte gerade seinen Bericht für die Mordkommission in Waco fertiggemacht, als er Besuch erhielt.

      Frank Hopkins war Besitzer eines kleinen Ladens in Benedict. Er schwenkte einen nagelneuen Fünfzigdollarschein.

      „Ich möchte, verdammt noch mal wissen, wieso dieser Negerbengel daran gekommen ist“, sagte er und knallte den Geldschiein auf den Tisch. „Da dachte ich mir, ich zeige ihn mal Ihnen, Sheriff. Wer weiß, vielleicht ist er geklaut oder falsch.“

      Euskins nahm den Schein und holte ein abgegriffenes Notizbuch aus der Tasche. Rasch verglich er die Nummer des Geldscheines mit einer langen Reihe von Nummern, die er dort notiert hatte. Dann hob er den Kopf.

      „Woher stammt das Ding, Frank?“

      „Wie ich schon sagte – von einem