Will Berthold

Adams Letzte


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zu einer anderen gesagt.«

      »Auch nicht zu deiner Frau?«

      »Zu keiner Frau«, behauptete der Unternehmer, und es war ihm anzusehen, daß er nicht log.

      Dann schwieg er, an Worten kauend.

      »Woran denkst du?« fragte Ilonka.

      »An uns«, erwiderte er.

      »Meinst du nicht, daß du heute abend vor deinen Freunden —«

      »— vor meinen Bekannten«, verbesserte er sie.

      »— mit deinen Zukunftsplänen ein wenig zu weit gegangen bist?Jedenfalls warst du ziemlich voreilig.«

      »Ich möchte, daß du meine Frau wirst, Ilka, und daß es alle Welt so rasch wie möglich erfährt.«

      »Aber warum denn?« versetzte sie. »Du hast mich doch.«

      »Sicher«, erwiderte er unsicher. »Ich begreife nur nicht, was du gegen eine amtliche Bestätigung haben könntest.«

      »Vielleicht möchte ich nicht zweimal den gleichen Fehler begehen«, erklärte die Frau seines Lebens. »Ich habe viel Lehrgeld dafür bezahlt. Ich denke nicht daran, dich aus deiner Firma und aus deiner Familie zu reißen —«

      »In meinem Unternehmen habe ich vorgesorgt«, erklärte Laimer. »Du hast den ›Fortune‹-Artikel gelesen. Ich kann den Konzern ja auch am langen Zügel leiten.«

      »Und deine Tochter?Dein Enkelkind?« »Das wird sich regeln lassen«, versetzte er.

      »Dich hat’s mindestens genauso erwischt wie mich«, stellte Ilka fest, »Du bist ja richtig verliebt. Komm, laß uns etwas daraus machen —«

      »Du sagst also nicht grundsätzlich nein?« drängte er.

      »Ich sag’ auch nicht grundsätzlich ja«, erwiderte Ilonka; sie ging in das Badezimmer und rief durch die offene Tür:»Ich will dich, mit Haut und Haaren — und nicht auf dem Papier.«

      Er sah ihr nach, verzaubert, überwältigt.

      Seit er Ilka liebte, lebte er. Immer wieder schlugen die Wellen des Glücks über ihm zusammen, und immer wieder tauchte er danach auf wie neugeboren.

      Martin Laimer wußte, daß das Glück seinen Preis hatte, und er war bereit, ihn zu entrichten.

      6

      Ungeduldig erwartete am Mittwochabend Milena Deutler in ihrer Düsseldorfer Villa den Anruf des Reisebüros, das die Buchungen für den Konzern besorgte. Vermutlich waren die Bangkok-Flüge.ausverkauft, aber die Leute hatten schon öfter bewiesen, daß sie notfalls zaubern konnten, auch wenn sie über Brüssel, Paris oder London abfliegen müßte.

      Um achtzehn Uhr — in Bangkok war es bereits Mitternacht — meldete sich der Inhaber des Reisebüros persönlich. »Schlechte Nachricht, gnä’ Frau«, bedauerte er. »Ich hab’ alles versucht und sogar Kollegen von der Konkurrenz eingeschaltet, aber für morgen ist kein Ticket für einen Linienflug nach Bangkok mehr zu bekommen. Sie könnten aber am Freitag gleich mit der ersten Maschine fliegen.«

      »Das ist mir zu spät«, erwiderte Milena enttäuscht. »Ich möchte bereits morgen in Bangkok sein.«

      »Es gäbe nur einen Auswege, antwortete der Reisemanager zögernd, »aber der wäre eine ziemliche Zumutung.«

      »Und?« fragte Milena. Für sie hatte die Zeit der Zumutungen begonnen, seit ihre Freundin Lulu und Bankier Keil sie mit Hiobsnachrichten traktierten.

      »Wenn Sie wirklich sofort abfliegen müssen, bekäme ich durch besondere Beziehungen noch ein Ticket für die LTU-Chartermaschiney Ein Nachtflug. Start heute abend um zwanzig Uhr dreißig, Ankunft gegen sechzehn Uhr Ortszeit in Bangkok, allerdings nach kurzen Zwischenlandungen in München und Bahrain.«

      »Ist das die Zumutung?« fragte Milena.

      »Nicht allein —«, versetzte der Anrufer, »Sicherheitsmäßig hat die Fluglinie einen ausgezeichneten Ruf, und auch ihr Bordservice kann sich mit Linienflügen durchaus messen —«

      »Was ist denn dann so furchtbar?«

      »Es gibt keine Erste Klasse — Sie hätten auf dem Flug hautnah ziemlich viel — viel Volksgemeinschaft«, erklärte er und setzte schnell hinzu:»Aber ich könnte dafür sorgen, daß Sie nach VIP-Maßstäben betreut würden.«

      »Mir bleibt gar keine andere Wahl«, erwiderte Milena, gab Auftrag, den Flug zu buchen, und legte auf.

      Sie drehte sich nach ihrem Mann um, einem Beau von zweiundvierzig mit einem leeren Gesicht, das bereits ein wenig schwammig geworden war.

      »Mit einem Liebesbomber willst du nach Bangkok fliegen?« sagte Hans-Georg Deutler mit einem schiefen Lächeln. »Das würde ich — mir an deiner Stelle noch einmal gründlich überlegen.«

      »Wieso Liebesbomber?« fragte Milena.

      »So spotten die Besatzungen«, erklärte ihr Mann. »Weil die meisten Jets mit Bums-Touristeh besetzt sind.«

      »Könntest du dich vielleicht gewählter ausdrücken?« entgegnete Milena gereizt.

      Einen Moment lang flambierte der Zorn über die Zurechtweisung das blasse Gesicht ihres Mannes, aber dann würgte er ihn wie immer hinunter. »Warum eigentlich diese Eile?« fragte er. »Unsere Tochter kommt doch erst nächste Woche aus dem Internat in die Weihnachtsferien —«

      »Ich sagte dir doch schon, daß ich mit Vater sprechen muß, und zwar sofort.«

      »Ich möchte wenigstens wissen, ob es privat oder geschäftlich ist.« Hans-Georg Deutler hatte seine Frau bereits bei ihrer Ankunft aus Faro mit Fragen insistiert, die von ihr nur ausweichend beaniwortet worden waren.

      »Da gibt es kaum einen Unterschied«, erklärte sie.

      »Ist es wegen mir?« fragte er und wich ihrem Blick aus.

      »Da überschätzt du dich aber einigermaßen, mein Lieber«, versetzte Milena süffisant Sie betrachtete ihn aufmerksam. »Wieso fragst du?Hast du Schwierigkeiten in der Firma?«

      »Natürlich nicht«, behauptete ihr Mann. »Aber gestern ist dieser schreckliche Nadler aus New York eingetroffen. Unangemeldet Überraschend und eigentlich auch völlig unnötig. Er stößt unsere Leute herum, als hätte er die Nachfolge deines Vaters bereits angetreten.«

      »Dich auch?« fragte Milena, mehr belustigt als besorgt.

      »Genau wie alle anderen«, erwiderte Hans-Georg Deutler. »Als wäre ich nicht der Schwiegersohn des Hauses.«

      »Vielleicht ist Mike tüchtiger als du«, gab seine Frau gnadenlos zurück.

      »Er ist nicht tüchtiger«, konterte der Direktor für repräsentative Aufgaben. »Mike Nadler versteht es nur besser, deinem Vater um den Bart zu gehen. Und wenn dieser Angeber aus New York hier weiter hantiert wie die Axt im Walde, dann werden diese Gerüchte nur immer lauter.«

      »Welche Gerüchte?« fragte ihn Milena scharf.

      »Daß dein Vater gesundheitlich nicht mehr auf dem Damm ist«, antwortete er und zündete sich eine Zigarette an.

      »Da kann ich dich beruhigen«, entgegnete sie. »Ganzdas Gegenteil ist der Fall.«

      »Für heute abend hat Nadler eine Besprechung angesetzt-. Ich kann dich deshalb leider nicht nach Lohausen fahren.«

      »Grüß Mike von mir«, versetzte Milena. »Sag ihm aber auf keinen Fall, daß ich nach Bangkok unterwegs bin. Ich kann mich doch darauf verlassen?«

      Sie hielt ihrem Mann die rechte Wange hin. »Du kannst dich gleich jetzt verabschieden, Hans-Georg«, sagte sie geschäftsmäßig. »Unser Fahrer bringt mich dann zum Flugplatz.«

      »Ich weiß nicht recht«, meinte er zögernd, »Ich hab’ kein so gutes Gefühl bei deiner Reise —«

      »Ich auch nicht«,