Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Dollarhaie greifen an


Скачать книгу

Benzinlache zu geraten. Seine schwere Fliegerkombination saugte sich voll und zerrte ihn nach unten, bis er endlich in die Schwimmweste geschlüpft war. Zischend blies sie sich auf, als er endlich das Ventil eingeschlagen hatte.

      Dann trieb er im warmen Wässer und starrte nach oben. Er wußte, wie es weitergehen würde. Der Gegner donnerte im Tiefflug heran. Genau dort, wo der Ölfleck und treibende Trümmer die Absturzstelle anzeigten, warf er einen gelben Farbbeutel ab. Der sich rasch ausbreitende Farbfleck würde die Stelle so lange markieren, bis eine exakte Peilung vorgenommen worden war. Der Rest war klar. Das Meer war hier höchstens fünfzig Meter tief. Kein Problem für gut ausgerüstete Taucher.

      Der Pilot hätte vor Wut heulen können, aber im Augenblick hatte er noch andere Sorgen. Da war die Frage, ob die Moskito ihn entdeckte. In diesem Fall würde der andere ein Scheibenschießen veranstalten,

      Und selbst wenn er unentdeckt blieb, war es fraglich, ob er schwimmend ans Ufer gelangen würde. Er schätzte die Entfernung auf höchstens , acht bis zehn Seemeilen – kein Problem, vorausgesetzt, daß nichts dazwischenkam, etwa eine ungünstige Strömung, Barracudas oder Haifische.

      Er tastete nach der Patrone mit dem chemischen Mittel gegen Haifische. Vielleicht half es, aber sicher war das nicht. Keiner der Giftmischer, die das Mittel erfunden hatten, hatte bislang Lust verspürt, es auszuprobieren.

      Dagegen war die Wirkung klar, die das aus seinen verletzten Händen sickernde Blut haben würde. Hilflos starrte er auf die dunklen Fäden, die sich im azurblauen Wasser verloren.

      Genau zu diesem Zeitpunkt bekam der mächtige Tigerhai die Blutwitterung in die stumpfe Nase und jagte lös. Sein Kurs kreuzte sich mit dem des Schiffes, das jetzt ebenfalls Fahrt aufgenommen hatte. Auch an Bord des Schiffes . waren Haie.

      Menschliche Haie.

      Ein riesiger Mann betrat die offene Garage in der Kings Road. Alles an ihm war unförmig, besonders der Schatten, den er auf den Zementboden warf.

      Dort waren erst nur ein Paar lange Beine in einem Overall zu sehen, während der Rest unter einem hochgebockten Mercedes-Coupé verschwand. Jetzt rollte der ölverschmierte Monteur unter seinem Wagen hervor und starrte auf das Fleischgebirge, das sich vor ihm auftürmte.

      „Hallo, Mr. Barry“, sagte der Riese. Er hatte einen rumpelnden Baß, der an das Entgleisen eines Zuges der Hochbahn erinnerte. Ein mächtige Pranke streckte sich Joe entgegen. „Erfreut, Sie anzutreffen. Ich bin Buddy Fleischer.“

      „So sehen Sie auch aus“, fuhr es Joe heraus.

      „Haha!“ lachte der Riese. „Ich weiß, ich wirke wie ein Kinderschreck. Aber Sie habe ich hoffentlich nicht erschreckt – oder?“

      „Nicht im geringsten“, versicherte Jo. „Was kann ich für Sie tun, Mr. Fleischer?“

      „Ich komme im Auftrag von Mr. Hugh Greene“, verkündete Fleischer gewichtig und wartete auf Jos Reaktion. Die bestand in einem Achselzucken. Der Name sagte Joe nichts. Er erhob sich und massierte sich den Nacken.

      „Und?“ fragte er.

      „Hugh Greene ist der Erdölkönig von Texas“, klärte Fleischer ihn auf. „Achtzig Millionen Dollar schwer.“

      „Jetzt verstehe ich“, sagte Joe trocken. „Und Sie helfen ihm, diese schwere Last zu tragen.“

      Buddy Fleischer überlegte, bis er das begriffen hatte, und nickte dazu: „So kann man es ausdrücken. Ich bin sein Leibwächter.“

      „Schön, Mr. Fleischer, was hat das mit mir zu tun?“

      „Mein Boß hat einen Job für Sie.“

      Joe schüttelte den Kopf.

      „Dankend abgelehnt. Ich übernehme zur Zeit keine Arbeit.“

      „Ich weiß.“ Grinsend zog Fleischer eine Zeitung aus der Tasche und tippte auf eine Meldung in der Gesellschaftsspalte. „Sie haben die Blair-Bande so lange gehetzt, bis den Brüdern Blair die Luft ausging und sie sich freiwillig in Sing-Sing zur Erholung anmeldeten. Und jetzt wollen Sie sich auch erholen. Hier steht, daß Sie im Long Island Sound angeln wollen, vierzehn Tage lang, stimmt’s?“

      „Stimmt“, sagte jo.

      „Aber Mr. Barry! Im Sound gibt es doch höchstens ein paar Sardinen – winzige Dinger, die Sie mit dem Vergrößerungsglas suchen müssen, damit sie über den Haken gehen. Während es vor der Küste von Texas Schwertfische gibt, die bis zu acht Meter lang sind, Haie von zwölf Zentnern, die Sie nur mit Hilfe eines Krans ins Boot hieven können. Das, Mr. Barry, nenne ich angeln. Und dazu die hübschen Go-Go-Girls in Hugh Greenes Privatharem!“

      Joe zog mißtrauisch die Brauen zusammen.

      „Besteht der Job darin, daß ich irgend etwas angeln soll?“

      „Natürlich nicht. Das ist nur der Köder, damit Sie überhaupt nach Texas kommen. Mr. Greene ist überzeugt davon, daß Sie für ihn arbeiten werden. Wenn Sie es aber ablehnen – was Ihnen natürlich freisteht –, lädt er Sie ein, vierzehn Tage sein Gast in Texas zu sein und mit seiner Jacht im Golf von Mexiko auf Großfischfang zu gehen – ohne jede Verpflichtung für Sie. Ist das ein Angebot?“

      Joe massierte sich das Kinn.

      „Klingt nicht schlecht.“

      Fleischer strahlte.

      „Sehen Sie! Achtzig Millionen auf dem Konto machen es möglich, großzügig zu sein. Mr. Greenes Privatjet steht startbereit auf dem Flugplatz. Wir können sofort aufbrechen.“

      Genau sechs Stunden später landete, die zweistrahlige Beechcraft auf der staubigen Piste von Greene City in Texas.

      Greene City, der Wohnsitz Hugh Greenes, war, wie der Name sagte, eine grüne Oase in der Wüste. Ein Herrenhaus im mexikanischen Stil, mit schattigen Patios, umgeben von Palmen und Agaven. Die Zufahrtsstraße war ebenfalls von Palmen gesäumt. Nur ein Texaner konnte ermessen, was der Unterhalt dieser Oase mitten in der Wüste verschlingen mußte.

      Ein vollklimatisierter Cadillac holte sie am Flughafen ab. Joe besah sich den Fahrer, der mit seinem breitrandigen Sombrero und den hochhackigen Cowboystiefeln wie ein Filmsheriff aussah. Vermutlich hatte er die gleiche Funktion wie Bud Fleischer. Mr. Greene hatte es also nötig, sich mehrere Gorillas zu halten.

      Der Cadillac rollte bis in den klimatisierten Patio. Ein Mexikaner sprang herbei und riß die Tür auf.

      „Hier entlang, Señor Barry“, sagte er.

      Joe betrat eine Halle von den Dimensionen eines Flugzeugträgerdecks. Seine Füße versanken bis zu den Knöcheln in einem Perserteppich. Die ganze Wand der Halle war verglast und gab den Blick auf ein strahlendblaues Schwimmbecken frei.

      Der Teppich schlug Wellen, als sich ein kleiner, drahtiger Mann hindurchpflügte. Hugh Greene war einen Kopf kleiner als Jo. Er wirkte straff wie eine Stahlfeder. Sein Gesicht war scharf gezeichnet wie der Kopf eines römischen Cäsaren. Irgendwie schaffte er es, seine Umwelt zu überragen.

      „Willkommen in Texas, Mr. Barry“, sagte er und streckte Joe die Hand hin. Seine Stimme klang angenehm. „Ich danke Ihnen, daß Sie meiner Einladung gefolgt sind.“ Er wies auf einen Ledersessel. „Nehmen Sie Platz! Was wollen Sie trinken?“

      „Bourbon“, sagte Jo.

      Greene klatschte in die Hände.

      „José, bring uns den Grant!“ Zu Joe gewandt, erklärte er: „Das ist ein neunzigjähriger Bourbon. Er stammt aus dem Besitz des Bürgerkriegsgenerals Ulysses Grant, daher nenne ich ihn so. Grant war ein Nordstaatler, aber sein Whisky ist vorzüglich.“

      „Woher kennen Sie nur meine Lieblingsmarke?“ fragte Joe grinsend.

      Greene lächelte zurück.

      „Das war nicht schwer. Das Teuerste ist immer am beliebtesten. Aus diesem Grunde bin ich ständig darum bemüht, mein Vermögen zu vermehren, obwohl man gelegentlich glauben könnte, achtzig Millionen seien genug.