in so eena Welt leben wia.«
»Wer Kapitalismus sagt, muss auch Faschismus in Form von Verschwörungstheorien sagen.«
»Mia platzt echt gleech dea Kopf.«
»Das, was dann am Boden kleben bleibt, sind die Verschwörungstheorien. Die sind nicht nur das Rettungsboot der geistig Ertrinkenden …«
»Flüschtlingä?«
»Fast. Sie sind auch eine Riesenindustrie. Sie machen im wahrsten Sinne aus Nichts Geld. Was können einem Marketingleute und Verschwörungstheoretiker denn bieten? Hat man danach bessere Computerkenntnisse? Insidereinsichten in den Markt? Kann man besser kraulen?«
»Naja, ne jute Ainstellunk?«
»Sie können einem nichts außer heiße Luft bieten. Aber davon viel. 2010 waren alleine siebenundzwanzig Autoren in den Untiefen der Verschwörungstheorien und Heilsversprechen zugange. Zwar versicherten die Größten von denen selbst, dass man natürlich nicht mit seinen Gedanken die Physik außer Kraft setzen kann, aber das interessiert die Anhänger längst nicht mehr. Ebenso wie die Bibel wahrscheinlich irgendwann nur aus ›seid nett zueinander und tötet euch nicht unbedingt, wenn einer eure Ziege falsch anguckt‹ bestand, verselbstständigen sich die Lehren. Der Wahnsinn bricht sich Bahn und dann stehen Extremisten vor dir, die behaupten, wenn du Krebs hast, wäre es deine eigene Schuld. Du hättest ja mal positiver denken können, nicht wahr?«
»Nee, dit mit dem Krebs kommt von die Juden und dearen Chemo!«
»Was hast du denn da am Arm?«
»Ein Bändschn.«
»Hat dir das Wolfgang Petry geschenkt?«
»Nee, dit soll mia positiv machen.«
»Natürlich möchte auch die althergebrachte Religion ein Stück vom Aas haben.«
»Dit is von die Priesta aus Amerika.«
»Der in seiner Gemeinde Negativität und Sarkasmus verboten hat?«35
»Jenau.«
»Ich erinnere mich. Mit seinen Armbändern, die symbolisieren sollten, dass man sich nicht beklagen würde. Das ging um die ganze Welt. Sicher sind die verhungernden Kinder in Darfur glücklich, jetzt so schöne Armbänder zu haben. Und halten endlich die Schnauze. Was wäre, hätten die Franzosen vor der Revolution diese Bändchen getragen? Oder die Kinder in den Kohleminen? Es ist nur ein kleiner Schritt, bis man sich nicht mehr über die Kündigung beklagt.«
»Mir hamse auch jekündigt! Nach zwanzich Jahren!«
»Und, hast du auf den Tisch gehauen?«
»Nee, aber ick hätte, wenn ick noch mal hin jekommen wäre! Aber et jab Stau.«
»Warst du wenigstens in der Gewerkschaft?«
»Nee, keene Zeit.«
»Stau, nicht wahr?«
»Imma! Mitm Rad wäre man schnella!«
»Kann man aber nicht fahren, weil …?«
»Det is ja lebensjefährlich!«
»Mit den ganzen Autofahrern … Und wegen der Kündigung: Dass man sich nicht beklagen sollte, stand auch in einem der Lebenshilferatgeber (und Bestseller!), die kostenlos von Arbeitgebern verteilt wurden.«36
»Dit is ne Veschwörung!«
»Ja, wer eine Verschwörung sehen will, der kann sie in den Verschwörungen selbst sehen. Allerdings ist die um einiges zu offen, als sie eine Verschwörung nennen zu können. Sie ist eine Begleiterscheinung der neoliberalen Politik der Dehumanisierung und des Sozialabbaus.«
»Die Kommunistn, die vadammtn!«
»Fast … anstatt sich dagegen aufzulehnen, versuchen ihre Opfer extremer zu sein, als die Ideologie selbst. Wenn man schon nicht aus einem paranoiden Staat heraus kommt, dann geht man wenigstens zur Stasi.«
»Dit hättick nie jemacht!«
»Aber AfD wählen geht? Natürlich erzeugt die zwanghafte Selbstmotivation zerstörte Reste von Charakterkrüppeln. Besonders, weil man für den Erfolg nicht wirklich glücklich oder freundlich sein muss, sondern weil man es nur darstellen muss. In einer Studie wurde bewiesen, dass Stewardessen durch das ständige Fröhlich- und Höflichsein den Kontakt zu den eigenen Emotionen verloren und depressiv wurden.«37
»Det gloob ick. Der Searwiß wird auch imma schlechta!«
»Das passiert jetzt mit einer ganzen Gesellschaft. Kein Wunder, dass Protofaschisten wieder Auftrieb haben. Die Menschen sind so abgestumpft, dass selbst Konzentrationslager ihren Schrecken verlieren.«
»Na det is noch übatriebn!«
»Tatsächlich? Alexander Gauland sagte neulich, ›wir [haben] das Recht, stolz zu sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen‹.«38
»Na, man kann aba ooch nich einfach eine Lebnslaistunk aina janzn Jeneration schlecht machen. Die meestn haben von nix jewusst!«
Ich bekomme Lust auf drei Liter Kerosin. Ich gehe grußlos weg. Manchen kann man nicht mehr helfen. Ich bin nicht Jesus. Den Typ konnte keiner länger ausstehen, ohne ihn zu verraten.
Vor mir tut sich die Dämmerung über einem endlosen Nichtort auf. Eine Tankstelle, stuckbereinigte gedrungene Häuserzeilen, SPIEL-SPASS UND FUN IN RONNYS KLAUSE. Ich muss daran denken, dass das Vorkommen des Namens Ronny mit hohen AfD-Wahlergebnissen korreliert. Allerdings tun das auch Waldbrandvorkommen und Otter. Korrelation, Kausation, kann mich mal. Ich brauche ein Bier.
Polemik
Wenn man sich zerstören will, dann ist Verschwörungstheoretiker hassen die Überholspur. Es bringt so viel, wie auf Säure einzuschlagen. Die haben einfach zu viele Ressourcen. Wie Lemminge, es kommen immer neue nach. Alle zu erschlagen ist eine Heidenarbeit. Warum nicht dasitzen und genießen, wie sie in den Abgrund springen? Mit meiner Hilfe natürlich. Wo ein Wille (zur Vernichtung) ist, ist auch ein Weg (nach unten).
Von den drei Arten, wie man in einem guten Drama auf ein Problem reagieren kann, zerstören einen die ersten zwei. Resignation zerstört dich nicht direkt, sondern du dieses Ding um dich, die Welt. Früher oder später musst du in die innere Resignation, wenn dir mal wieder ein Reptiloidenfeminist mit seinem Gesabbel eine Schaumkrone aus Speichel auf dein schales Bier zaubert. Schön ab in die innere Emigration, autistisch alleine an der Wand schaukeln ist ja auch ein Zeitvertreib. Kann man machen. Dann kann man aber auch sterben. Und das Widerliche ist: So werden es immer mehr. Bis schließlich alle mit Aluhüten herumlaufen oder du ins KZ geschickt wirst. Menschen hassen die, die anders sind und wenn du dich nicht wehrst, bist du bald die Minderheit.
Vielleicht muss man Wahnsinn mit Wahnsinn bekämpfen. Mit Spott. Dem Verschwörungstheoretiker mit der gleichen Struktur beikommen und ihm zeigen, wie kaputt er ist. Das Wichtigste ist aber: Du hast verloren, wenn du dich aufregst. Du hast verloren, wenn du keinen Spaß hattest. Du hast verloren, wenn er seine grässliche Welt zu deiner werden lässt. Der Urfehler aller Gelehrten: Irgendwann werden sie verstockt und humorlos. Das liegt sicher auch am wegfaulenden Gehirn, aber das ist kein Problem für mich, den Alterslosen. Ich kann allen zeigen, dass ihr Gehirn in jungen Jahren schon am Faulen ist und mich dabei vor Lachen bepissen. Weisheit mit einem Schuss Bosheit. Der Cocktail der Gewinner.
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