David W. Shenk

Woran ich glaube


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oder einen Gedanken, ein Bibel- oder Koranzitat oder eine Frage zum Anlass zu nehmen, kann zu einem sehr lebendigen Dialog führen, bei dem man Neues entdecken und zu Einsichten und Erkenntnissen gelangen kann, die man zuvor nicht erahnt hat. Viele, die sich darauf eingelassen haben, haben die Erfahrung gemacht, dass sie zahlreiche Facetten des eigenen Glaubens neu und intensiver befragt, durchdacht und verstanden haben.

       Oberkirchenrat i. R. Dr. Martin Affolderbach war bis 2012 Referent im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland für interreligiösen Dialog und Länder des Nahen

       Ostens

      Vorwort von Wolf D. Ahmed Aries

      Das Gespräch unter Gläubigen verschiedener Religionen unterliegt vielen und recht unterschiedlichen Belastungen: Da ist zum einen die wechselvolle Geschichte, in der wortgewaltige und kriegerische Auseinandersetzungen sich abwechselten, und zum anderen die eigene Verunsicherung, dass ein Fremder mit der gleichen Sicherheit wie man selber Wahrheit im Letzten beansprucht und im Gebet lebt. Hinzu kommt, dass jede Gemeinschaft mit einem gewissen Zögern jene beobachtet, die sich in den Dialog begeben, weil sie befürchten, etwas zu verlieren, was immer es auch sei.

      Doch in einer zunehmend kleiner werdenden Welt, in der durch einen Druck auf die Maus eines Rechners der Andere in der eigenen Lebenswelt gegenwärtig wird oder jede Urlaubsreise den Anderen zum Gastgeber werden lässt, kann niemand mehr so tun, als gäbe es die andere Religion nicht. Vielmehr brauchen wir, wenn man die Kriege der Vergangenheit nicht mit den Waffen der Gegenwart wiederholen will, das Gespräch unter- und miteinander. Auf Grund dieser heute allgemein akzeptierten Einsicht haben in den vergangenen Jahren Tagungen und Kongresse, Universitätsseminare und Vorträge zugenommen, in denen über andere Religionen diskutiert und informiert wird. Allein die allermeisten dieser Gesprächsrunden sind letztlich dialogische Monologe, in denen jemand über den eigenen Glauben vor dem Anderen spricht. Hier und dort sind diese Reden nichts anderes als „Binnenwerbung“, die die eigene „Klientel“ meint.

      Und dennoch gibt es die von Denkern gleich Martin Buber und Emmanuel Lévinas entworfene Chance zum Gespräch. Sie bietet sich dann an, wenn, wie Urs von Balthasar einst schrieb, die Säle sich geleert haben und Stille eingetreten ist, in der ein Wort stehen kann. Glaubenszeugnisse brauchen diesen Raum, um nicht missbraucht oder argumentativ verbraucht zu werden. Gerade Sätze wie „In Jesus liegt das Heil“ oder „Es gibt keine Gottheit außer Gott“ bedürfen des annehmenden Respektes, um den, der sie ausspricht, nicht schutzlos werden zu lassen. Schließlich handelt es sich im Gespräch der Glaubenden nicht um eine religionswissenschaftliche Untersuchung, in der festgestellt wird, welche Kernaussagen eine bestimmte Religion macht.

      In der Rede des Du mit dem Anderen, dem Du, dem ein Ich sich im Wort öffnet, spricht das Du von seinem Letzten. Dahinter kann das Du nicht gehen. In einer solchen Situation vermag nur das andere Du durch seine Haltung der Achtung Schutz zu geben und dadurch die Würde des menschlichen Seins zu sichern. Da dies nur selten geschieht, ist es um so erstaunlicher, dass Badru Kateregga und David Shenk nicht nur ein solches Gespräch wagten, sondern es auch noch schriftlich fixierten, so dass man es in Buchform nachlesen kann.

      Jedes Buch muss sich auf dem Büchermarkt bewähren und ist so dem Verbrauch ausgesetzt. Man liest es und kann anderen erzählen, man habe es gelesen. Was einst persönliche Äußerung war, das wird nun verbrauchbar. Das Gespräch unter Glaubenden steht in dieser Spannung, wenn sich beide Partner bewusst sind, es zum Dialog der Religionen werden oder dazu verwenden zu lassen. Es ist und wird wohl stets ein Wagnis bleiben, wenn zwei Partner sich entschließen das eigene Persönliche dem vielfältigen Gebrauch und medialer Nutzung auszusetzen, um der Verständigung zwischen den Vielen zu dienen.

      Wenn es aber geschieht, so kann man dem Buche nur zuhörende Lesende wünschen, die sich für das Abenteuer des Dialoges öffnen. Und bei diesem Buche lohnt es sich.

       Wolf D. Ahmed Aries ist seit 40 Jahren Dozent und Lehrbeauftragter für Islamfragen

      Einleitung

      Hunderte von Millionen von Muslimen und Christen leben als Nachbarn zusammen. Die Gläubigen beider Religionen glauben, dass Gott sie berufen hat Zeugen zu sein, und trotzdem hören sie nur selten auf das Zeugnis der jeweils anderen. Die Zusammenstöße im Lauf der Geschichte haben trennende Mauern errichtet. Auch wenn beide Gemeinschaften denselben Gott anbeten, hören sie nur selten aufeinander.

      Dieses Buch stellt den Versuch eines Muslimen und eines Christen dar, ihren Glauben zu bezeugen und aufeinander zu hören. Wir, die Verfasser, sind enge Freunde. Wir unterrichteten beide am Fachbereich für Philosophie und Religionswissenschaft am Kenyatta University College in Nairobi, Kenia. Badru D. Kateregga, ein Muslim, lehrte islamische Geschichte und Theologie. David W. Shenk, ein Christ, lehrte Kirchengeschichte und christliche Theologie. Wir haben im Team vergleichende Religionswissenschaft gelehrt, oft in Form eines Dialogs, so dass wir in Anwesenheit der Studenten gegenüber dem Anhänger eines anderes Glaubens Zeugnis von unserem Glauben ablegten.

      Wir haben gespürt, dass dieser zeugnishafte Dialog zwischen Muslimen und Christen sehr ernst ist. Es geht um tiefgründige Themen, die an die grundlegenden Fragen menschlicher Existenz rühren. Das bedeutet, es bereitet Schmerz, auf das Zeugnis des anderen zu hören und selbst Zeugnis abzulegen. Vielleicht fürchten beide Seiten diesen Schmerz. Und vielleicht liegt darin der Grund, dass Muslime und Christen selten miteinander über ihren Glauben sprechen.

      Trotzdem glauben wir beide, die Verfasser dieses Buches, dass der zeugnishafte Dialog lebenswichtig ist. Wir müssen lernen, aus unser jeweiligen Glaubensgemeinschaft heraus miteinander zu reden. Das ist es, was wir in diesem Buch versuchen. Wir haben kein Blatt vor den Mund genommen. Wir reden freimütig. Wir haben beide versucht, so aufrichtig wie möglich das Zeugnis abzulegen, zu dem Gott uns unserer Überzeugung nach berufen hat.

      Dieses Buch gliedert sich in zwei Abschnitte. Der erste wurde von Badru verfasst, der für den muslimischen Glauben Zeugnis ablegt. Der zweite Teil wurde von David verfasst, der für den christlichen Glauben Zeugnis ablegt.

      Jeder Abschnitt enthält zwölf Kapitel. Am Schluss jedes Kapitels findet man eine Entgegnung desjenigen, an den das Zeugnis gerichtet ist. Das heißt, am Schluss jedes Kapitels, das von dem muslimischen Zeugen verfasst wurde, findet sich eine christliche Entgegnung; in ähnlicher Weise steht am Ende jedes Kapitels, das von dem christlichen Zeugen verfasst wurde, eine muslimische Entgegnung. In einigen Fällen folgt noch eine weitere Klarstellung auf die Entgegnung.

      Wir haben als Einzelpersonen und als Freunde geschrieben. Wir sind persönlich verantwortlich für das, was wir geschrieben haben, denn letzten Endes ist es eine zutiefst persönliche Sache, von seinem Glauben Zeugnis abzulegen. Trotzdem sprechen wir von einer bestimmten Position innerhalb unser jeweiligen Glaubensgemeinschaften. Badru stützt sich in seiner Darstellung hauptsächlich auf den Koran, und David gründet seine Ausführungen vor allem auf die Bibel. Badru spricht aus seiner sunnitischen Erfahrungswelt heraus, David aus seiner protestantisch-evangelikalen. Und doch haben beide versucht, der gesamten Glaubensgemeinschaft, aus der ihr jeweiliges Zeugnis stammt, gegenüber sensibel zu sein.

      Die theologischen und praktischen Dimensionen des Glaubens, denen in diesem Buch nachgegangen wird, werden nicht erschöpfend behandelt, sondern sind nur Beispiele für das Wesen der Begegnung zwischen Christen und Muslimen. Das Buch stellt eine vergleichende Theologie dar, von der wir hoffen, dass sie frei von Anschuldigungen und Vorurteilen ist. Wir haben versucht, uns an die selbst auferlegte Regel zu halten: Interpretiere nicht meinen Glauben für mich!

      Wir glauben, dass dieses Buch jedem Muslim und jedem Christen konstruktive Einsichten in das Wesen der beiden großen Glaubensgemeinschaften Islam und Christentum liefern wird. Wir hoffen, dass es sich als Grundlage für Diskussion und Dialog zwischen Christen und Muslimen gebrauchen lässt.

      Wir glauben außerdem, dass dieses Buch sich als wertvoll für höhere Schulen und an islamischen und christlichen theologischen Fakultäten erweisen könnte sowie als einführendes Werk für Universitätsstudenten.

      Muslimen ist in der Regel unbehaglich zumute, wenn Christen über den Islam schreiben. In ähnlicher Weise identifizieren Christen sich nur selten mit muslimischen Interpretationen