Ufers traf.
Er sah, wie das kleine Boot des Königs sich dem Ufer näherte wo er, wassertriefend, stand.
Er hatte den Helm im Wasser verloren, den Schild fallenlassen, um rascher das Land zu gewinnen. Mit dem Schwert wollte er sich dem eben landenden König entgegenwerfen. Da streifte ein Gotenpfeil seinen Hals.
«Getroffen, Haduswinth», jauchzte ein junger Schütze, «besser als damals am Marmorgrab.» – «Brav, Gunthamund.»
Cethegus wankte. Syphax fing ihn auf.
Gleichzeitig legte sich eine Hand auf seine Schulter. Er erkannte Marcus Licinius. «Du hier! Wo sind deine Krieger?»
«Tot», sagte Marcus. «Die hundert Römer fielen auf der Schanze. Teja, der schreckliche Teja, hat sie gestürmt. Die Hälfte deiner Isaurier fiel auf dem Wege nach dem Kapitol. Der Rest hält noch die Pforte des Kapitols und die Halbschanze vor deinem Hause. Ich kann nicht mehr. Tejas Beil drang durch meinen Schild in die Rippen. Leb’ wohl, o großer Cethegus! Rette das Kapitol. Aber: siehe hin. Teja ist rasch.» Und Marcus sank zu Boden.
Flammen schlugen hoch in die Nacht vom kapitolinischen Berg.
«Hier am Fluß ist nichts mehr zu retten», sprach der Präfekt mühsam. Denn sein Blutverlust war groß und schwächte ihn rasch. «Ich rette das Kapitol! Dir, Piso, befehl’ ich den Barbaren-König.
Du hast schon einen Gotenkönig auf der Schwelle Roms getroffen. Triff einen zweiten! Und triff ihn tödlich! Du, räche deinen Bruder, Lucius. Folge mir nicht.»
Cethegus warf noch einen grimmigen Blick auf den König, um dessen Füße sich flehend die Abasgen drängten.
Tief seufzte er auf
«Du wankest, o Herr?» fragte Syphax schmerzlich.
«Rom wankt!» antwortete Cethegus. «Aufs Kapitol!»
Lucius Licinius drückte seinem sterbenden Bruder noch einmal die Hand. «Ich folge ihm doch», sagte er dann. «Er ist wund.»
Während Cethegus, Syphax, Lucius Licinius in der Nacht verschwanden, duckte sich Piso hinter die Säule einer Basilika, an welcher hart vorbei der Weg den Fluß aufwärts führte.
Inzwischen hatte der König die sich ihm ergebenden Abasgen seinen Gefolgen überwiesen. Er machte einige Schritte stromaufwärts und wies mit dem Schwert nach den Flammen, die vom Kapitol aufstiegen.
Dann wandte er sich, das Antlitz dem Fluß und den langsamer landenden Goten zugekehrt.
«Vorwärts», mahnte er. «Eile. Es gilt löschen da oben. Der Kampf ist aus. Nun, ihr Goten, schirmt, erhaltet Rom. Denn es ist euer.»
Diesen Augenblick ersah Piso. «Helfer Apollo», dachte er, «traf je mein Jambus, jetzt laß mein Schwert treffen.»
Und hinter der Säule hervor sprang er mit gezücktem Schwert auf den König zu, der ihm den Rücken zuwandte.
Aber wenige Zoll vor des Königs Leib ließ er, laut aufschreiend, die Klinge fallen. Ein derber Stockhieb hatte seine Hand gelähmt.
Gleich darauf sprang ein junger Hirt an ihm empor und riß ihn nieder. Der Sieger kniete ihm auf der Brust.
«Gib dich, römischer Wolf!» rief eine helle Knabenstimme.
«Ei, Piso, der Jambenpoet…! Er ist dein Gefangener, Knabe», sprach der König, der nun herzugetreten war. «Und soll sich lösen mit schwerem Gold. Wer aber bist du, junger Hirt, mein Zügelführer?»
«Dein Lebensretter ist er, o Herr», fiel der alte Haduswinth ein. «Wir sahen den Römer auf dich stürzen. Aber wir waren zu weit zurück, dir zu rufen oder zu helfen. Dem Knaben danken wir dein Leben.»
«Wie heißt du, junger Held?»
«Adalgoth.»
«Was suchst du hier?»
«Cethegus, den Neiding, den Präfekten von Rom! Wo ist er, Herr König? Das sage du mir. Hierher, auf das Schiff, ward ich gewiesen. Hier, hört’ ich, werd’ er deinem Ansturm wehren.»
«Er war hier. Er ist entflohen. Wohl in sein Haus.»
«Willst du mit diesem Stecken den Höllenkönig bezwingen?» fragte Haduswinth.
«Nein», rief Adalgoth, «nun hab’ ich ja ein Schwert.»
Und er hob vom Boden seines Gefangenen Waffe, schwang sie empor und war in der Nacht verschwunden.
Totila übergab Piso den Goten, die nun in dichten Scharen auf beiden Seiten des Flusses gelandet waren.
«Eilt», wiederholte er. «Rettet das Kapitol, das die Römer verbrennen.»
Zwölftes Kapitel
Inzwischen hatte der Präfekt das Flußufer verlassen und den Weg nach dem Kapitol eingeschlagen.
Durch die Porta trigemina gelangte er nach dem Forum boarium. An dem Janustempel traf er auf ein Volksgedränge, das ihn eine Weile aufhielt. Trotz seiner Verwundung war er so geeilt, daß ihm Licinius und Syphax kaum zu folgen vermochten. Wiederholt hatten sie ihn aus den Augen verloren. Erst jetzt holten sie ihn ein. Er wollte nun durch die Porta carmentalis eilen und so die Rückseite des Kapitols gewinnen.
Aber er fand es schon dicht von Goten besetzt. Darunter war Wachis. Der erkannte ihn von fern.
«Rache für Rauthgundis!» rief er. Ein schwerer Stein traf des Präfekten helmloses Haupt. Der wandte sich und floh.
Nun erinnerte er sich einer Mauersenkung nordöstlich von jenem Tor. Dort wollte er versuchen, über den Wall zu steigen.
Als er sich aber dem Mauerrand näherte, schlugen abermals die Flammen auf dem Kapitol empor.
Drei Männer sprangen ihm gegenüber über die Mauersenkung. Es waren Isaurier. Sie erkannten ihn. «Flieh, o Herr! Das ganze Kapitol ist verloren! Der schwarze Gotenteufel!»
«Hat er – hat Teja den Brand gestiftet?»
«Nein: wir selbst zündeten eine Holzschanze an, darin sich die Barbaren festgesetzt. Die Goten löschen.»
«Die Barbaren retten mein Kapitol.» Bittern Schmerzes voll stützte sich Cethegus auf den Speer, den ein Söldner dem Wankenden reichte. «Nun muß ich noch in mein Haus.»
Und er wandte sich nach rechts, auf dem nächsten Weg den Haupteingang seines Hauses zu erreichen.
«O Herr, das ist gefährlich!» warnte einer der Söldner. «Bald werden die Goten auch dort sein. Ich hörte, wie der schwarze Gotenfürst immer nach dir rief und fragte. Er suchte dich überall auf dem Kapitol. Bald wird er dich in deinem Hause suchen.»
«Ich muß noch einmal in mein Haus!»
Aber kaum hatte er ein paar Schritte vorwärts gemacht, als eine Schar Goten, mit Römern gemischt, mit Fackeln und Bränden, von der Stadt her, ihm gerade entgegenkam.
Die vordersten, es waren Römer, erkannten ihn. «Der Präfekt!» – «Der Verderber Roms!» – «Er hat das Kapitol anzünden lassen!» – «Nieder mit ihm!»
Pfeile, Steine, Speere flogen ihm entgegen. Ein Söldner fiel, zwei entflohn. Cethegus traf ein Pfeil: er drang ihm nur leicht in die linke Schulter. Er riß ihn heraus. «Ein Römerpfeil! Mit meinem Stempel», lachte er auf.
Mit Mühe entkam er ins Dunkel der nächsten schmalen Gasse. Vor seinem Hause lärmte nun der Haufe, vergeblich bemüht, die mächtige Haupttüre zu sprengen. Ihre Schwerter und Speere reichten dazu nicht aus. Cethegus vernahm es wohl und die Rufe des Zorns über das vergebliche Mühen.
«Die Tür ist fest!» sagte er sich. «Bevor sie eindringen, bin ich lange wieder aus dem Hause.» Durch die enge Seitengasse gelangte