da donnerte von dem Haupttore her ein ganz andres, ein gewaltigeres Schlagen als bisher.
«Eine Streitaxt!» sagte Cethegus. «Das ist Teja.»
Cethegus eilte an eine schmale Mauerlücke, die von dem Eckgemach auf die Hauptstraße einen Blick gewährte.
Es war Teja.
Sein schwarzes, langes Haar flatterte um das unbehelmte Haupt. In der Linken trug er einen aus dem Feuer des Kapitols gerafften Brand, in der Rechten das gefürchtete Schlachtbeil. Über und über war es mit Blut bespritzt.
«Cethegus!» rief er laut bei jedem Schlag seines Beils wider die ächzende Haustür. «Cornelius Cethegus Cäsarius! Wo bist du? Ich suche dich im Kapitol, Präfekt von Rom! Wo bist du? Muß Teja dich an deinem Hausherd suchen?»
Da hörte der lauschende Cethegus eilende Schritte hinter sich. Syphax hatte das Haus erreicht und war durch die Hintertür ihm gefolgt. Er erblickte seinen Herrn. «Flieh, o Herr! Ich decke deine Schwelle mit meinem Leib.»
Und er eilte an ihm vorüber, durch eine Reihe von Gemächern, an die Haupttüre.
Cethegus wandte sich nach rechts. Kaum konnte er sich noch aufrecht halten.
Er erreichte noch den Zeussaal. Hier sank er zusammen. Doch augenblicklich sprang er wieder auf.
Denn krachend und schmetternd scholl es vom Haupteingang her. Das feste Tor war endlich eingeschlagen. Dröhnend fiel es nach innen: und Teja betrat das Haus seines Feindes.
Auf der Schwelle sprang ihm, aus geduckt kauernder Stellung aufschnellend wie ein Panther, der Maure an den Hals, mit der Linken seine Gurgel umkrallend, in der Rechten blitzte das Messer. Aber der Gote ließ die Axt fallen: ein Ruck seiner Rechten, und wie eine fortgeschleuderte Kugel flog der Angreifer zur Seite, die Tür hinaus, und rollte die Stufen hinab auf die Straße.
«Wo bist du, Cethegus?» scholl nun Tejas Stimme näher und näher dringend im Atrium, im Vestibulum.
Einige Türen, die der Schreibsklave Fidus verriegelt hatte, sprengte rasch sein Beil.
Nur wenige Schritte trennten die beiden Männer.
Mühsam hatte sich Cethegus bis in die Mitte des Zeussaals geschleppt. Er hoffte immer noch das Schreibgemach erreichen und aus der Cäsarstatue die anvertrauten Schriften und Schätze nehmen zu können.
Da krachte nochmals eine gesprengte Tür, und Cethegus hörte Tejas Stimme aus dem Schreibgemach: «Wo bist du, Cethegus, Hausherr?»
Atemlos lauschte Cethegus.
Er hörte, wie in der Bibliothek der Teja nachdringende Haufe die Ahnenbilder und die Büsten zerschlug.
«Wo ist dein Herr, Alter?» rief Tejas Stimme.
Der Sklave hatte sich in das Schreibgemach geflüchtet.
«Ich weiß es nicht, bei meiner Seele.»
«Auch hier nicht? Cethegus, Feigling! Wo steckst du?»
Da hatte auch die Menge offenbar das Schreibgemach erreicht.
Cethegus vermochte nicht mehr zu stehen. Er lehnte sich an den marmornen Jupiter.
«Was wird mit dem Hause?»
«Verbrannt wird es!» antwortete Teja.
«Der König hat das Brennen verboten», mahnte Thorismut.
«Ja! Dies Haus aber hab’ ich mir vom König erbeten. Es wird verbrannt und der Erde gleichgemacht. Nieder mit dem Tempel des Teufels! Nieder mit seinem Allerheiligsten: – dem Götzen hier!»
Und ein furchtbarer Schlag erscholl.
Krachend, schmetternd stürzte die Cäsarstatue in vielen Trümmern auf den Mosaikboden. Goldstücke, Kästchen, Kapseln rollten umher.
«Ah, der Barbar!» schrie Cethegus außer sich.
Und alles vergessend wollte er mit dem Schwert in das Schreibgemach stürmen. Da fiel er bewußtlos auf das Antlitz nieder zu Füßen der Jupiterstatue.
«Horch, was war das?» fragte eine Knabenstimme.
«Die Stimme des Präfekten!» rief Teja und riß die Türe auf, die das Schreibgemach von dem Zeussaal trennte.
Mit dem Brande vorleuchtend und hoch die Streitaxt schwingend sprang er in den Saal.
Aber der Saal war leer.
Eine Blutlache lag zu den Füßen des Jupiter, und eine breite Blutspur führte von da an das Fenster, das in den Hofraum blickte.
Auch der Hof war leer.
Nacheilende Goten aber fanden die kleine Hofpforte geschlossen, und zwar von außen. Der Schlüssel steckte auf der Straßenseite im Schloß.
Als man mit Mühe – nach langer Arbeit – auch diese Tür gesprengt – gleichzeitig fast hatten andre Goten, aus dem Hauptausgang auf die Straße und um die Ecke des Hauses eilend, die schmale Seitengasse erreicht – und die Gasse mit deren Gebäuden absuchte, fand man nur an der Ecke das Schwert des Präfekten, das Fidus, der Schreibsklave, erkannte.
Finster blickend nahm es Teja und kehrte in das Schreibgemach zurück. «Lest alles sorgsam auf, was des Präfekten Götzenstatue barg. Hört ihr, alles. Schreibereien zumal, und bringt sie dem König – wo ist der König?»
«Aus dem Kapitol zog er mit Römern und Goten in die Kapelle Sankt Peters, dort mit allem Volk das Dankgebet zu sprechen.» –
«Gut, sucht ihn in der Kirche und bringt ihm alles. Dazu des Entflohenen Schwert. Sagt: Teja schickt ihm das.»
«Soll geschehn. Du aber – gehst du nicht mit zum König und in die Kirche?»
«Nein.»
«Wo verbringst du die Siegesnacht und feierst den Dankgottesdienst?»
«Auf den Trümmern dieses Hauses!» sprach Teja.
Und er stieß den Brand in die Purpurteppiche des Lagers.
Sechstes Buch:
Totila Zweite Abteilung
Erstes Kapitel
Und fortan hielt König Totila Hof zu Rom herrlich und in Freuden. Des Krieges schwerste Aufgabe schien getan. Nach dem Falle von Rom öffneten die meisten kleinen Festungen an der Küste oder im Gebirge des Apennin die Tore, nur wenige mußten belagert und erobert werden. Dazu sandte der König seine Feldherrn aus: Teja, Guntharis, Grippa, Markja, Aligern, während er selbst zu Rom die schwere, die staatsmännische Aufgabe übernahm, das durch langjährigen Krieg und Aufstand zerrüttete Reich zu beruhigen, neu zu ordnen, beinahe neu zu gründen.
In alle Landschaften und Städte schickte er seine Herzoge und Grafen, in allen Gebieten des Staatslebens des Königs Gedanken auszuführen: zumal auch die Italier zu schützen wider die Rachsucht der siegreichen Goten. Denn er hatte eine allumfassende Verzeihung vom Kapitol herab verkündet, mit Ausnahme eines einzigen Hauptes: des Expräfekten Cornelius Cethegus Cäsarius.
Überall ließ er die zerstörten Kirchen, der Katholiken wie der Arianer, wieder herstellen, überall die Grundbesitzverhältnisse prüfen, die Steuern neu verteilen und herabsetzen.
Die segensreichen Früchte dieser Mühen blieben nicht aus. Schon seitdem Totila die Krone aufgesetzt und seinen ersten Aufruf erlassen, hatten die Italier in allen Landschaften die lang versäumte Feldarbeit wieder aufgenommen. Überall waren die gotischen Krieger angewiesen, sich jeder Störung hierin zu enthalten, Störungen durch die Byzantiner