mit der Geruchsquelle zu verringern versuchen. Manchmal werde ich von Hundebesitzern gefragt: „Wenn ihr Geruchssinn doch so gut ist, warum können sie es dann nicht von hier aus riechen?“ Sprich aus einer sicheren und anständigen Entfernung? Aber wir verwechseln ihre Nasen mit unseren. Sie versuchen gar nicht, das Objekt aufzuspüren, sondern sie versuchen, seine Konturen zu unterscheiden und all seine Merkmale wahrzunehmen, ein Maß seines Geruchs zu nehmen.
Am schnellsten wird die Luft aus etwa einem Zentimeter Entfernung angezogen. Aus diesem Abstand kann der Hund mit jeder Nasenöffnung unterschiedliche Geruchsproben gewinnen, die ihm letztlich eines bilaterales Geruchsbild, quasi ein „Stereoriechen“ verschaffen. Genau wie die von unseren beiden Augen wahrgenommenen Bilder im Gehirn zu einem dreidimensionalen Bild der Welt zusammengesetzt werden, so helfen dem Hund auch die unterschiedlichen Stärken im Geruchsbild jeder Nasenöffnung, die Geruchsprobe im Raum zu orten – ob sie sich rechts oder links, vor oder hinter ihm befindet.
Angesichts dieser Tatsache ist die Frage, warum ein Hund seine Nase unbedingt direkt ans Hinterteil eines anderen Hundes halten muss, so, als würde man Sie fragen, warum Sie van Goghs Sternennacht unbedingt von so Nahem betrachten müssen, dass Sie jeden Pinselstrich erkennen, wo Sie es doch auch von der Tür des Nachbarraums aus sehen könnten.*
Canide Luftströme
Der deutlichste Unterschied zwischen dem Schnuppern der Hunde und unserem tritt aber zutage, wenn Hunde ausatmen. Unsere Ausatmer gehen auf direktem Weg wieder durch den Eingang hinaus, quasi durch die Tür, durch die sie gekommen sind. Dabei schieben sie alle neue Luft aus dem Weg und verhindern, dass sie reinkommt. Das kann eine großartige Erleichterung sein, wenn Sie einen schlimmen Gestank aus Ihrer Nase vertreiben möchten, schickt aber auch liebliche Düfte davon, noch ehe sie richtig angekommen sind. Wenn ein Hund ausatmet, produziert er das, was Settles charmant als „ausgeatmete verwirbelte canide Nasenöffnungsluftströme“ bezeichnet. Mit Hochgeschwindigkeitsaufnahmen von Hundenasenöffnungen und Luftbewegungen fand Settles heraus, dass Hunde winzige Windströmungen schaffen, indem sie nicht auf geradem Weg ausatmen, sondern durch die Seitenschlitze ihrer Nasen. Diese Strategie minimiert die Verlagerung ankommenden Geruchs durch den Luftstoß, der beim Ausatmen entsteht. Die Flügel der Nasenöffnungen weiten sich, das Nasenflugzeug ist fertig zum Start und die Ausatmungsluft verschwindet durch eine raffinierte versteckte Nebentür. Sie lässt damit nicht nur neuem Geruch freie Bahn, sondern der Luftstoß beim Ausatmen hebt sogar noch mehr Geruchspartikel von der jeweiligen Oberfläche ab und schafft einen Sog, der die nächste Nase voll Geruch in die Hundeschnauze befördert. Die ausgeatmeten Nasenluftströme sind kleine rotierende Wolkentrichter, die Dorothy aus dem „Zauberer von Oz“ mitsamt ihrem Haus und ihrem kleinen Hund direkt nach oben in die Nase ziehen.
Sie erinnern sich an die kurze, nachdenkliche Pause, die Ihr Hund über dem Spielzeug macht, das er gerade sucht? Sie dauert nur einen Moment. Er schickt seine „ausgeatmeten Luftströme“ direkt auf die Geruchsquelle, woraufhin weitere Geruchspartikelwolken vom Spielzeug und vom Boden nach oben kommen. Mit diesen Luftströmen vergrößern Hunde im Grunde die Nasenreichweite, indem sie synchron pusten und einsaugen.
Ein Wissenschaftler, mit dem ich einmal sprach, verglich diese Art des Schnüffelverhaltens mit der Atemtechnik namens Zirkularatmung, die Spieler mancher Holz-oder Blechblasinstrumente lernen müssen. Es ist dieses Schnüffeln ohne Punkt und Komma, das es den Hunden ermöglicht, sich ein ständig fortlaufendes Bild von der Welt zu machen – genau so, wie wir ja auch nicht bei jedem Lidschlag eine Unterbrechung in unserem Sichtbild erfahren.
Settles machte dieses luftstromgeförderte Schnuppern sichtbar, indem er die spezielle Technik der Schlierenfotografie nutzte. Dabei werden Spiegel und Zeitlupenkameras eingesetzt, um Bilder von Luftströmen festzuhalten. Die Fotos machen erwärmte Luft als verzerrte Wolken sichtbar, die aus Mund und Nase strömen. In Zeitlupen-Schlierenfilmaufnahmen werden die Hundeschnauzen fast körperlich für uns greifbar: Sie strecken sich vor und ziehen sich zurück, um die Luft in Bewegung zu bringen; der Fang scheint sich geradezu zu schlängeln wie eine Qualle, die sich durch die Untiefen des Meeres quetscht. Aber auch mit bloßem Auge können Sie schon etwas davon erkennen: Beobachten Sie einfach einmal Ihren Hund, wie er an einer besonders staubigen Bodenstelle schnuppert. Nach einem besonders energischen Schnüffler an irgendetwas Unsichtbarem können Sie ganz leicht das vom schnaufenden Ausatmen verursachte kleine Wölkchen aus Staub, Schmutz und Geruch erkennen, das in die Luft und vor die Hundenase getrieben wird.
Kann das Schnüffeln wirklich für den guten Geruchssinn des Hundes verantwortlich sein? Nun ja, es ist eine von mehreren Schlüsselkomponenten. Wir wissen das daher, weil Hunde ganz offensichtlich ihre Riechleistung verlieren, wenn sie hecheln. Überhitzte Hunde können nicht mehr viel riechen. Hunde haben keine Schweißdrüsen, die es ihnen ermöglichen würden, Hitze über ihre Hautporen loszuwerden. Sie haben nur ihre beweglichen, pulsierenden Zungen. Sie müssen also hecheln – und das Hecheln drückt, wie die Schlierenfotografie zeigt, eine solche Menge an Luft heraus, dass keine riechende Luft mehr bis zur Nase gelangen kann. Der hechelnde Hund muss erst seinen Fang schließen, um wieder gut riechen zu können.
Das Schnüffeln meines Finnegan ist gut hörbar – er hat seine eigene, ganz persönliche Kombination aus Schnaufen, Grunzen und Prusten. Draußen ist er ein Nase-auf-dem-Boden-Hund, der unsichtbare Geschichten im Gras liest. Geben Sie ihm einen bei den örtlichen Hunden beliebten Baumstamm und er wird ihn mit seinem schnellen Schnupf-Schnüffeln und seinen turbulenten Ausatmungsströmen überziehen. Mich, die ich am anderen Ende der Leine hänge, bringt er abrupt zum Stoppen, weil er seine Nase in einen Geruch stecken muss und seinen ganzen Körper auf dem Boden festzementiert, damit seine Nase frei arbeiten kann. Upton, unser zweiter Hund, hat das Schnüffeln von Finn gelernt – gelernt, dass es in diesem Haus in Ordnung ist, plötzlich stehenzubleiben und zuerst die Gerüche zu untersuchen, bevor man weitergeht.
Schnauze
Wenn jemand nicht wüsste, welches die dominanteste Sinneswahrnehmung von uns Menschen ist, würde es ihn nur ein paar Minuten Beobachtung kosten, das herauszufinden. Wir führen uns alles, das wir wahrnehmen oder untersuchen wollen, vor Augen. Etwas befindet sich seitlich von uns? Wir drehen den Kopf (und damit die Ohren weg), sodass unsere Augen es direkt anschauen können. Wir hören etwas über unserem Kopf oder unter unseren Füßen? Wir versuchen nicht etwa, nach oben zu hören oder nach unten zu schnuppern: Wir schauen hin. Unsere Gesichter bieten zwar Augen und Nase ungefähr gleich viel Raum, aber die Augen sind von einer ganzen Reihe Schutzvorrichtungen umgeben – Augenbrauen, obere und untere Wimpern. Und viele von uns nutzen ihre Nasen zu nichts anderem denn als Sitzstange für große Brillengläser, die uns besser sehen helfen. Siehst Du?, erkundigen wir uns, ob jemand etwas verstanden hat – nicht etwa „Riechst Du?“ oder „Schmeckst Du?“. Für uns ist Sehen gleichbedeutend mit Verstehen. Wenn wir andere treffen, begrüßen wir uns gegenseitig mit den Augen: Jemand nicht anzuschauen gilt als unhöflich, wenn nicht sogar anormal. Beim Gehen lenken wir schon Sekunden, bevor unsere Füße die Richtung ändern, unseren Kopf und unsere Augen auf einen Wendepunkt.
Genau so geht es dem Hund mit seiner Nase. Allein schon nur ihre Position am Hundekörper trägt erheblich dazu bei, dass so fein abgestimmtes Schnüffeln möglich ist. Die Schnauze steht ganz einfach vor. Es ist kein Zufall, dass sie sich am Ende eines Kopfes befindet, der über einen sehr beweglichen Hals bis auf den Boden reichen kann – dorthin, wo die meisten Gerüche liegen. Hunde verbringen nicht viel Zeit mit der Frage, wie es wohl in den Baumwipfeln riecht: Sie schnüffeln an Dingen, die entweder aus der Erde kommen oder auf ihr gelandet sind. Auch wichtige anatomische Teile hündischer Artgenossen befinden sich auf, nun ja, ungefähr Nasenhöhe.
Hundeschnauzen sind aus gutem Grund so lang: Die Evolution investiert nur dann in größere anatomische Immobilien, wenn dies guten Nutzen bringt. Die höhlenähnlichen, feuchten Gänge, die unter Haut und Fell liegen, sind vollgepropft mit Luftfiltern, Befeuchtern und Erwärmungsvorrichtungen. Wenn Sie einen erheblichen Teil Ihres Lebens damit verbringen, Hundehinterteile