Alexander Röder

Auf der Spur der Sklavenjäger


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erinnerten uns an die wilde Hatz durch die Marktstände und Menschenmassen hindurch und lächelten.

      Dann wurde Halef ernst. „Aber vergiss nicht, Sihdi, dass wir in Basra nicht allein Djamila fanden, sondern auch etwas anderes.“

      Ich seufzte. „Ja, die magischen Dinge des Orients. Aber ohne weiter dabei zu philosophieren oder meine Ansichten, damals wie heute, zu diskutieren, möchte ich anmerken, Halef, dass wir das Zauberzelt und die magische Leuchtkugel mitnichten gefunden haben: Du hast sie beide gekauft! Zugegeben die Leuchtkugel bewusst und das Zauberzelt in der Perlentasche unwissend.“

      „Und darum besitze ich die Kugel noch, aber das Zelt ist hergeschenkt, an den treuen Abdi, der jetzt in Istanbul wohl seine Freude daran hat. Du wolltest es ja nicht mehr haben, Sihdi, aus Gründen des Gewissens und des Stolzes und – nein, runzele nicht die Stirn – ich bin dir nicht gram, sondern habe dir damals zugestimmt und tue es noch heute. Aber es geht nicht um diese Dinge, es geht um Djamila, obwohl beides zusammenhängt.“

      „Wie meinst du das?“, stutzte ich.

      Halef seufzte. „Es ist so, dass sie damals noch eine Diebin war, und so hat sie wohl, als wir Al-Kadir in seiner Roten Festung aufgespürt, besiegt und vertrieben hatten, das ein oder andere von dort mitgenommen.“

      „Nun, da muss man sie nicht des Diebstahls beschuldigen. Du erinnerst dich wohl, dass Haschim …“ Ich schaute zu diesem hinüber, der etwas abseits nicht schlief, sondern wohl eine Meditation durchführte, wie ich an seiner stillen, aufrechten Sitzhaltung abzulesen glaubte. „… dass Haschim auch einige Dinge von dort mitnahm. Etliche, die ihm selbst gehörten und die Al-Kadir ihm gestohlen hatte, und andere, die uns später wohl nützlich waren, im Kampf gegen diesen und den Schut und … Nun, ich weiß ja nichts Genaues.“

      „Gewiss. Auch Sir David hatte jenen hübschen Stein als Andenken eingesteckt, der sich später als Wegkarte und Zauberschlüssel für sehr geheime Pfade herausstellte. Auch ein nützliches, magisches Ding, Sihdi.“

      „Ja, und ich gebe zu, dass ich den Sechseckring, den Musaddas, von Abu Zanad nahm, dem Untergebenen Al-Kadirs. So ist es nun mal. Trophäen des Kampfes, Beute des Krieges – so manche, auch gerechte Schlacht wurde schon geschlagen, nicht mit gekauften Waffen, sondern solchen, die genommen wurden. Es ist nichts Verwerfliches daran.“

      „Du musst nicht moralisch werden, Sihdi. Ich nehme es niemandem übel, sich Dinge zu nehmen, die der vorige Besitzer nicht mehr braucht, solange es keine schändliche Fledderei ist, da müsste die Not schon groß sein. Aber es geht nun um Djamila. Sie hat eben einige Dinge aus Al-Kadirs Besitz mit sich genommen.“

      „Nun, der Stachel des Mantikors war ja eher eine Jagdtrophäe und nichts aus dessen schaurigem Studierzimmer.“

      „Ich rede von Dingen, von denen ich nicht reden kann, weil ich sie nicht kenne. Aber Sihdi, man munkelt davon – im Stamm! Man mag Djamila, auch wenn man sie manchmal ein wenig fürchtet, wenn ihr Piratenerbe zu Tage kommt. Aber sie scheint sich in stillen Stunden mit Dingen zu beschäftigen, die sie von Al-Kadir genommen hat.“

      „Es mag sein, Halef. Aber ich möchte mahnen: Was du da berichtest, scheint mir allzu nahe an den Verdächtigungen zu sein, die oftmals einer weiblichen Person unterstellt werden, wenn sie etwas anders ist oder für sich Dinge tut, die sie anderen nicht enthüllen mag.“

      „O Sihdi, ich will doch nicht sagen, sie sei eine Hexe! Da habe ich ja nun eine richtige kennengelernt, und die manchmal kratzbürstige Djamila ist ein liebes Ding gegen jene Qendressa, die uns so verraten und gequält hat!“

      „Und selbst diese ist nun keine Hexe mehr, da Marah Durimeh ihr die Zauberkraft entzogen hat. Also, Halef, bei der einen weiß ich es, und bei der anderen ahne ich es: Hier ist keine Hexerei zugegen.“

      „Ach, Sihdi, du hast Recht. Ich sollte nicht wie ein altes Weib schwatzen und beschuldigen und noch viel weniger auf das Gerede von anderen hören. Auch die edlen und gerechten Haddedihn sind eben zunächst etwas schwierig, wenn es um Neuzugänge des Stammes geht. Ich kenne dies ja nun selbst. Und wenn Djamila ein paar seltsame Dinge besitzt – diese müssen ja nicht böse sein und machen sie selbst auch nicht böse.“

      „Eben, Halef, die Bösen sind die anderen. Die, die wir verfolgen. Aber ich will ehrlich dir gegenüber sein, gerade weil ich dich jüngst so ungerecht im Dunkeln gelassen habe. Und dass du das Gespräch auf Magie gebracht hast, macht es mir leichter. Ich vermute, dass auch die Sklavenhändler, die Hanneh und Djamila entführt haben, von einem Zauberer begleitet werden. Wir kennen dies von al-Fuladhy und Abu Kurbatsch. Und dies wird uns den Kampf gegen sie nicht gerade leicht machen.“

      „Wie gut also, dass Haschim bei uns ist.“

      „Eben, Halef, und deshalb muss ich mit ihm über Magie reden. Ich hoffe, er hat uns bislang nichts verschwiegen, wie ich es törichterweise getan habe. Sonst fürchte ich, dass wir uns ernste Sorgen machen müssen, was Hanneh und Djamila betrifft.“

      Ich hatte Haschim in seiner meditativen Versenkung nicht stören wollen, es war bereits spät geworden und der Schlaf war nötig, weil wir am folgenden Morgen wie gewohnt früh und eilig aufbrechen wollten. Deshalb wollte ich erst bei der folgenden Rast mit ihm das Gespräch über eine Sache führen, die ich bereits geahnt hatte, als wir in jener Schänke einkehrten, in welcher ich den ersten Hinweis auf die Herkunft der Entführer erhalten hatte.

      Doch ich erschrak, als ich bei meinem Erwachen im Morgengrauen erkannte, dass Haschim nicht auf seinem Lager weilte. Dies allein war nun kein Grund zur Beunruhigung, er mochte sich bereits erhoben haben. Stattdessen aber sah ich, dass sein Lager unberührt war.

      Haschim war verschwunden!

       Fünftes Kapitel

       Der graue Weiher

      Ich blickte mich um. Wir hatten auf einer kleinen Anhöhe gelagert, deren Felsen einen guten Schutz vor Wind und Entdeckung boten. Ringsum hob sich das Gelände in sanften Wellen, mit dürrem Bewuchs und steinigem, sandigem Grund. Ich konnte recht weit schauen, sah jedoch Haschim nicht. Sein Pferd stand bei den anderen, und sein Gepäck, vor allem seine Waffen, waren an ihrem Ort.

      Nun, vielleicht wäre ich bei einem anderen Mitglied meiner Gruppe besorgter gewesen. Haschim war aber nun einmal ein Magier und hatte seine Eigenheiten.

      Ich schaute und lauschte, aber ich konnte nichts Außergewöhnliches bemerken. Schon wollte ich mich umwenden, um die anderen zu wecken und den Tag wie die vergangenen zu beginnen, mit knapper Verköstigung und raschem Aufbruch, als mein Blick über eine Stelle am Fuß der Anhöhe streifte. Ein eigentümliches Gefühl überkam mich. Ich verengte die Augen, um im dämmrigen Licht Genaueres zu erkennen, doch der Fleck blanken Steppengrunds zwischen den verstreuten Steinen schien nicht anders als das weitere Gelände ringsum. Dann fühlte ich, wie meine Hand sich wie von selbst zu meiner Westentasche bewegte. Gewiss war ich es selbst, der sie führte, aus eigenem Willen, doch es geschah nahezu unbewusst, so wie man eine oft geübte, lang gewohnte Bewegung vollführt. In der Westentasche glitt der Musaddas zwischen meine Finger, ich hob ihn zu meinem Auge und spähte durch den Sechseckring auf die Stelle, die mich so seltsam beunruhigt hatte.

      Nun sah ich es! Der Musaddas enthüllte mir die wahre Natur der Dinge. Und hier war es tatsächlich die Natur selbst, die sich mir in anderer Gestalt zeigte als mit dem bloßen Blick.

      Unter mir, dort wo der sanfte Hang endete, zeigte sich mit einem Mal eine schimmernde Fläche, die den heller werdenden Himmel spiegelte, ihn jedoch zu einem dumpfen, bleiernen Grau verfärbte. Mir schien es wie ein seichtes Gewässer, und tatsächlich erblickte ich ein mattes Glitzern, wie es von einer schwachen Bewegung der flüssigen Oberfläche zu erwarten war. Je genauer ich hinschaute und zudem auch meinen Blick durch den Musaddas bewegte, erkannte ich, dass sich ein nicht kleines Areal um den Hügel herum in jenes Schwemmland verwandelt hatte, etwa einen guten Steinwurf in jede Richtung meines Blickfelds. Hätte ich nicht auf jener Anhöhe gestanden und wäre es ein heller, sonnendurchglühter Tag in der Wüste gewesen, wäre mir dies wie eine Luftspiegelung