zurück. Ein feines Schwingen lag in ihrer weichen Stimme, als sie sagte:
»Ich vertraue dir, Axel, ich weiß, dass du gut und edel bist.«
»So hast du keine Furcht vor mir?« Es klang so überrascht, dass sie leise auflachte.
»Nein, warum sollte ich mich fürchten?«
Er rieb sich hastig über die Augen. Es war eine fahrige, verwirrte Geste, die sie rührte.
»Aber alle fürchten mich doch. Wie kommt es nur, dass du vom ersten Augenblick an keine Angst vor dem finsteren Gesellen hattest?«
»Vielleicht, weil ich verstanden habe, einen Blick hinter den eisigen Wall zu werfen, hinter dem der Burgherr seine wahren Gefühle versteckte«, kam es ernst zurück.
Er hatte sich abgewandt, als ertrüge er den Blick der großen schönen Augen nicht länger. Seine sonst so kernige Stimme klang seltsam heiser, als er fragte:
»Und was willst du dort entdeckt haben, kleiner Naseweis?«
»Nichts anderes als nur dein Herz, Axel, deine grenzenlose Einsamkeit, deine schmerzliche Verbitterung durch die Vergangenheit.«
Er stand unbeweglich, nur seine Hände krampften sich um den Bleistift, den er zwischen den Fingern hielt, als ob er ihn zerbrechen wollte.
»Mein Herz«, entrang es sich ihm ungeheuer bitter. »Wer sagt dir denn, dass ich überhaupt ein Herz habe?«
Sie war aufgestanden und langsam auf ihn zugegangen.
»Wer seine Kinder so liebt wie du, Axel, der muss ein gutes Herz haben.«
Er schnellte herum, seine Augen glühten. Noch nie hatte sie ihn so unbeherrscht gesehen.
»Wäre es nicht unnatürlich, wenn ich meine eigenen Kinder nicht lieben würde, Phyllis? Selbst ein Raubtier liebt seine Jungen.«
»Warum machst du dich schlechter, als du bist, Axel?«, fragte sie
ganz ruhig zurück. Ihre sanften blauen Augen übten eine beruhigende Wirkung auf den erregten Mann aus.
Seine Züge glätteten sich, sein Mund verzog sich in beißendem Spott:
»Mach dir nichts vor, Phyllis. Es ist besser, du siehst mich so, wie ich von allen geschildert werde. Ich bin nicht weichherzig, kein verliebter Jüngling mehr und werde nie mehr meine Knie vor der Liebe beugen.«
»Aber du hast es einmal getan, Axel, nicht wahr?«
»Ja, ich habe es einmal getan, aber man soll keinen Illusionen nachtrauern. Es ist vorbei – ein für allemal vorbei.«
Der Diener trat ein und brachte den Wein und die Gläser.
»Lass nur, ich schenke selbst ein«, wehrte der Baron ab, nahm das Tablett entgegen und stellte es auf den Tisch.
Während der Diener sich wieder entfernte, füllte er die Gläser und reichte Phyllis den Kelch, der von kostbarem Kristall war.
»Auf unsere Zukunft, Phyllis«, sagte er. Aller Spott war aus seinen Zügen geschwunden.
Leise klangen ihre Gläser aneinander, und es gab einen schwingenden Ton.
»Auf unsere Zukunft«, sagte Phyllis leise und fügte in Gedanken hinzu: Dass keiner von uns diesen Schritt jemals bereuen muss.
*
Fast eine Stunde verging, bis Phyllis sich entfernen und zu den Kindern zurückkehren konnte.
Während sie leichtfüßig über den Burghof schritt, stand der Mann mit finsterer Miene am Fenster und sah hinter ihr her. Noch glaubte er ihre weiche Stimme zu hören, als sie zu ihm sagte:
»Auf unsere Zukunft, Axel.«
Axel – wie weich es aus ihrem Mund klang. Wie Musik. Wie sanft ihre blauen Augen waren, wie blühend und zärtlich ihr Mund.
Wie besinnend legte der Mann eine Hand über die Augen, als blendete ihn das helle Sonnenlicht. Schwerfällig wandte er sich ab, und seine Züge wirkten wie aus Marmor gehauen.
*
Acht Tage später wurde Phyllis dem Baron von Lassberg angetraut. Es wurde eine stille Feier im engsten Kreise. Der Professor fungierte als Zeuge. Sein Bruder saß neben der jungen Braut und brachte sie mit seinen lustigen Einfällen immer wieder zum Lachen.
Franzel, wie er sich nannte, bot ihr noch am selben Abend seine Freundschaft und das Du an. Phyllis schlug in seine Hand ein, ohne sich zu zieren, und sah nicht, wie die Augen des Gatten sich finster zusammenzogen.
Die Gäste blieben bis zum nächsten Tag. Dann wurde verabredet, dass sie sich in vier Wochen in Hamburg treffen wollten, von wo sie dann ihre Fahrt beginnen wollten.
»Ist es nicht sehr gefährlich?«, wandte Phyllis sich an Franzel.
Der wich ihrem besorgten Blick aus und tat betont lustig.
»Wovor bangt dir mehr, Phyllis, dass dein Mann von einem Krokodil gefressen wird, oder dass eine der Urwaldschönen ihn mit Haut und Haar verschlingt und ihn in ihren Banden schmachten lässt?«, forderte er sie heraus.
»Darum ist mir nicht bange, Franzel, Axel von Lassberg bleibt sich immer selbst treu, auch wenn es ihm noch so schwerfallen würde«, kam es überlegen zurück, und es klang so überzeugt, dass es dem übermütigen Franzel die Sprache verschlug.
»Hast du das gehört, Axel? Herrgott, um so eine Frau bist du doch einfach zu beneiden«, brach er dann lachend die seltsame Stimmung.
Der Baron warf einen Blick zu seiner jungen Frau.
Wenn du wüsstest, mein Lieber, durchfuhr es ihn hohnvoll. Herrgott, warum war er eigentlich zu beneiden? Dass er eine sehr schöne, aparte Frau hatte, die einfach hinreißend aussah?
Wie eine Märchenkönigin erschien sie ihm in dem flimmernden Licht der Lüster, die den Festsaal erhellten.
Spitzen überrieselten die zierliche Gestalt der Frau. In ihren blauen Augen schien sich das Licht der unzähligen Kerzen verfangen zu haben und erfüllte sie mit einem seltsamen Flirren und Funkeln.
Ein gepresster Atemzug hob seine Brust. Mit leicht zitternden Händen griff er nach seinem Glas und trank es leer.
O ja, schön war sie, die stolze, ernste Phyllis von Lassberg, die junge Herrin auf Meeresbucht. So schön, dass es Zeit wurde, dass er abreiste.
Als die Gäste sich endlich in ihre Zimmer zurückzogen, stand das junge Brautpaar sich sekundenlang schweigend gegenüber.
Obwohl der Mann eine große Menge Alkohol zu sich genommen hatte, merkte man ihm nichts an. Nur das Glimmen in seinen Augen beunruhigte Phyllis.
Ganz langsam kroch eine eisige Furcht in ihr hoch und presste ihr die Kehle zusammen, sodass sie glaubte, ersticken zu müssen.
Plötzlich wurde es ihr bewusst, dass sie diesem Mann auf Gnade und Ungnade ausgeliefert war, dass sie ihm Rechte über sich eingeräumt hatte, die er geltend machen konnte.
»Ich bin müde«, murmelte sie unruhig und wich unwillkürlich vor ihm zurück, als ob sie ihn fürchtete.
Er hatte es bemerkt, und ein höhnisches Lächeln verzog seinen Mund.
»Angst vor deiner eigenen Courage, Phyllis?«, fragte er voll dunklem Spott, der das Blut in ihren Schläfen hämmern ließ.
Um alles in der Welt hätte sie ihm nicht ihre Angst gezeigt. Mit einer herausfordernden Bewegung warf sie den Kopf in den Nacken und sah ihn von unten herauf an.
Phyllis ahnte nicht, wie verführerisch sie in dieser Pose wirkte und wie schwer sie es dem Mann machte, nicht nach ihr zu greifen.
»Warum wohl sollte ich Furcht haben, Axel?«
Er machte einen Schritt auf sie zu und zog sie so jäh an sich, dass sie nicht mehr ausweichen konnte. Schneidend lachte er auf, als sie sich in seinen Armen aufbäumte und von ihm fortstrebte.
»Also