Doris E. M. Bulenda

Der Dämon und das Bauernmädchen | Erotischer Roman


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      Er schaute noch einmal auf den Berg Eier, den die Agnes auf seinen Tisch gelegt hatte, und betrachtete das schöne Stück Stoff vom Hans. Bei einer so guten Bezahlung, da würde er sich Mühe geben. Da war doch noch was gewesen, was hatte er da vor Jahrzehnten von seinem Lehrmeister erfahren? Ach ja – genau.

      »Und weil ihr brave Kinder seid und euch so liebt, deshalb werde ich noch was für euch tun. Ich werde ein Engerl für euch rufen. Nein, keinen großen, starken Engel. Es gibt auch kleine, zarte Engerl. So eins werde ich holen für euch. Das wird dann, wenn ihr beieinanderliegt, wenn ihr euch liebt, über euch wachen. Und den Samen vom Hans in die Agnes pflanzen. Dann wird das hübsche Mädchen bald ein Baby in den Armen halten. Das Engerl wird schon dafür sorgen. Jetzt setzt‘s euch hin, erst mach ich den Trank für euch, dann hol ich euch das Engerl.«

      Hans und Agnes nahmen aufatmend auf zwei Hockern Platz. Sie sahen sich freudestrahlend an – ein Fruchtbarkeitstrank und ein Engerl, das ihnen helfen würde, ein Baby zu bekommen … Da konnte ja gar nichts mehr schiefgehen.

      Interessiert beobachteten sie, wie der alte Zauberer Wasser mit verschiedenen Kräutern mischte, tropfenweise andere Tinkturen in einen Becher träufelte und das ganze immer wieder schwenkte. Zum Schluss murmelte er noch ein paar lateinische und griechische Worte, während er mit der Hand über dem Becher merkwürdige Zeichen in die Luft malte. Agnes musste sich ein Grinsen verkneifen, da sie ja Latein und auch ein bisschen Griechisch verstand. Was der alte Mann gerade gemurmelt hatte, waren keineswegs Zaubersprüche. Er hatte einfach nur ein paar Verben dekliniert. Ob es dem Fürsten auch aufgefallen war, dass es mit den Sprachkenntnissen seines Alchemisten nicht weit her war? Und konnte der Zauber dann überhaupt wirken? Vielleicht hatte der Fürst den alten Mann deshalb gefeuert, und er war nicht freiwillig gegangen. Wer gab sonst schon eine gute, sichere Alchemistenstelle auf für ein Leben in einem Kuhdorf?

      Aber dann unterdrückte sie ihre Zweifel. Zumindest der Teil mit dem »oft beieinanderliegen« hatte ihr gefallen. Das machte Spaß, das war schön, und sie beide taten es gern. Da konnte es nicht schaden, es noch öfter zu tun. Irgendwie würden sie sich schon von Zuhause davonstehlen können und ein paarmal mehr Liebe machen.

      Jetzt war der Zauber fertig, und der Alchemist brachte vorsichtig den Becher mit dem Fruchtbarkeitstrank in seinen zittrigen Händen zu den beiden jungen Leuten. Erst reichte er ihn dem Hans. »So, mein Junge. Jetzt nimmst du einen Schluck, dann deine Liebste. Dann bist wieder du dran, bis der Becher ganz leer ist. Es darf nichts übrig bleiben. Und ihr müsst versuchen, beide gleich viel zu trinken. Dann ist der Zauber am wirksamsten.«

      Hans und Agnes nickten, sie hatten verstanden. Hans trank den ersten Schluck, Agnes den nächsten. Sie reichten sich den Becher hin und her, und schon hatten sie ihn geleert.

      Seufzend nahm der Alchemist ihn Agnes ab, die den letzten Schluck getrunken hatte. »So ist es brav, meine Kinder. Ganz brav. Jetzt werde ich euch das Engerl rufen. Bleibt‘s ganz still sitzen auf den Hockern. Nicht bewegen, damit ich das Tor zum Himmel ein bisschen aufschieben kann. Damit euer Engerl heraushuschen und zu euch kommen kann.«

      Wieder nickte das Liebespaar artig und wartete gespannt ab, was jetzt passieren würde. Agnes hatte auf einmal ein komisches Gefühl bei der Sache. Da waren die Zaubersprüche des Alten, die nur deklinierte lateinische Verben gewesen waren. Und das Zittern in seinen Händen. Sie hatte Bedenken, ob der Alchemist auch wirklich wusste, was er tat. Aber dann schob sie ihre Zweifel beiseite. Sie beide hatten gut für den Zauber bezahlt, also würden sie die Sache jetzt auch durchziehen.

      Der alte Mann nahm eine große Schale, die innen und außen mit vielen bunten Mustern bemalt war. Er stellte sie auf den Boden vor die Hocker des Liebespaares. Dann legte er ein paar Äste hinein, holte mit einem Span Feuer aus der Feuerstelle und zündete damit das Holz in der Schale an. Er streute Pulver und bunte Samen darüber, sodass eine Menge grauen Rauchs aufstieg. Zum Schluss ließ er noch andere Körner in die Flammen rieseln. Der Rauch wurde dunkler und roch sehr fremd, aber doch aromatisch. Mit einer Handbewegung forderte der Alchimist die beiden Liebenden auf, sich vorzubeugen und den Rauch tief einzuatmen. Die beiden folgten seiner Aufforderung. Anscheinend war eine magische Substanz darin, denn sie fühlten sich beide ein bisschen betäubt und verwirrt, nachdem sie ein paar tiefe Atemzüge genommen hatten.

      Der Magier stellte sich genau gegenüber auf, die Schale war in der Mitte. Dann hob er die Hände über den Kopf und begann, Zauberformeln aufzusagen. Diesmal verstand Agnes nichts von dem, was er sagte. Es klang nicht wie Latein oder Griechisch oder eine andere ihr bekannte Sprache. Der Zauberer murmelte diesmal auch nicht, sondern sprach die Worte laut und deutlich aus.

      Und die Wirkung folgte sofort. Der Rauch aus der Schüssel wurde dunkler und dichter, er hob sich hoch bis zum Hüttendach und schien nun fast den ganzen Raum auszufüllen. Der Magier war kaum noch durch die schwarzen Schwaden zu sehen, aber er fuhr mit seiner Beschwörungsformel fort. Dann rief er ein paar Worte, so laut er nur konnte und sank reglos zu Boden.

      Noch bevor Hans und Agnes aufspringen und ihm zu Hilfe eilen konnten, begann sich der Rauch wie von Geisterhand sich zu teilen. In seinem Zentrum wurde er heller, bis er nur noch ein leichter Schleier war, der verschwommen einen Durchgang erahnen ließ.

      Hans und Agnes blickten starr vor Staunen und auch mit leichtem Entsetzen auf das, was sich da vor ihren Augen abspielte. Aus der Öffnung, dem weißen Nebel, kam eine Gestalt auf sie zu. Der Kopf einer riesigen grünlich und bläulich schimmernden Gestalt erschien. Auf den ersten Blick war zu sehen, dass das kein Mensch war. Und ganz sicher auch kein Engel – außer, Engel hätten vier Hörner auf dem Kopf, Reißzähne im Mund und eine wirre Haarmähne, die nach allen Seiten abstand.

      Der Kopf schob sich durch die Öffnung, es folgte ein riesiger muskulöser Körper, der annähernd menschlich zu sein schien. Aber statt Haut war der Leib mit schimmernden Schuppen bedeckt. Die Arme waren lang, die Hände hatten deutlich mehr als fünf Finger und mündeten in langen, scharfen Krallen. Der restliche Körper kam durch die Rauchschwaden, und dann erhob sich die ganze gewaltige Gestalt vor den beiden Liebenden.

      Die konnten sich vor Schreck immer noch nicht bewegen, nicht mal einen Entsetzensschrei konnten sie ausstoßen. Das war sicher kein Engel! Das war offensichtlich ein Dämon, der da erschienen war. Die Zweifel an den Fähigkeiten des Alchemisten, die Agnes gehegt hatte, waren berechtigt gewesen. Der hatte nicht etwa die Himmelspforte ein bisschen aufgeschoben, sondern er hatte das Tor zur Dämonenwelt geöffnet.

      Agnes nahm die riesigen Flügel auf dem Rücken des Ungetüms zur Kenntnis und die gigantischen Klauen, die es anstelle der Fußnägel besaß. Sie wusste nicht recht, ob sie abgeschreckt war von dem, was da vor ihr stand, oder doch ein bisschen fasziniert.

      Der Dämon schaute sich jetzt offensichtlich amüsiert um und betrachtete erst das Liebespaar vor sich, dann drehte er den Kopf um mehr als hundertachtzig Grad und beäugte den bewusstlos am Boden liegenden Magier. Schließlich bewegte er den Kopf zurück in ihre Richtung, musterte kurz die beiden jungen Menschen, die vor ihm saßen und ihn sprachlos anstarrten, Hans starr vor Entsetzen. Nur in Agnes Blick lag neben der Furcht auch Neugier.

      Das Wesen aus einer anderen Welt warf den Kopf in den Nacken und lachte laut und höhnisch auf. Dann beugte er sich plötzlich nach unten, packte Agnes um die Taille, riss sie an sich, presste ihren Körper an den seinen und noch bevor Hans eine Bewegung machen konnte, drehte er sich um und verschwand mit dem Mädchen durch den Nebel, aus dem er gekommen war.

      Es dauerte keine Sekunde, bis die beiden aus der Hütte verschwunden waren. Der Nebel verzog sich, der schwarze Rauch verschwand, nur die Schüssel mit dem inzwischen erloschenen Feuer stand noch auf dem Boden.

      Hans hatte bis jetzt sprachlos auf die Szene gestarrt. Doch jetzt konnte er sich wieder bewegen. Er schrie in höchstem Entsetzen und Schmerz auf. »A-A-A-agnes, w-wo ist m-m-meine A-A-agnes? G-g-geliebte, w-w-wo bist d-du?« Dann kippte er ohnmächtig vom Stuhl.

       Kapitel 4

      Agnes war nicht ohnmächtig geworden bei der Entführung, sie spürte die Schuppenhaut des Dämons durch ihr Kleid, sie fühlte, wie sie von starken Armen festgehalten und auf eine Reise durch die Dimensionen mitgenommen wurde. Sie wusste nicht,