Эдгар Аллан По

50 Meisterwerke Musst Du Lesen, Bevor Du Stirbst: Vol. 2


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– Meine Gedanken sind mit dir, wenn du an den Brettern schaffen wirst.«

      Weiter, weiter führte sie die Sonne unter Kastanienbäumen dahin, die ihre stachlichten Früchte auf den Boden fallen ließen. Tief unter ihnen gegen den See hin jauchzten die Winzer in den Reben.

      Sie sahen aber das Leuchten der Natur nicht, sie hatten zu viel von Brust zu Brust zu tauschen.

      Binia glühte für Josis Plan.

      »Josi, jetzt weiß ich, warum ich dich so lieb habe. Du hast halt ein großes, mutiges Herz – und als ich es noch nicht wußte, habe ich es doch schon geahnt, denn es strahlt aus deinen Augen. Und jetzt ist mir, ein Thor habe sich vor uns aufgethan, durch das unsere Liebe hinaus in den Frühling wandern kann. Es kommt alles, alles gut! Sieh, nur ein festes Vertrauen braucht es, dann werden zuletzt alle Träume und Wunder wahr – auch das unserer Liebe und unseres Glücks. Gewiß ist mein Vater der erste, der dich mit Freuden empfängt, wenn du die Blutfron von St. Peter nimmst. Er hat Sinn für alles Große.«

      »Bini, wenn du so redest, so fange ich selber wieder zu glauben und zu hoffen an – du liebes, liebes Kind.« Er schlang den Arm um ihre Hüfte und so wanderten sie in heiligem Glück.

      »Das ist ein herrlicher Tag,« jubelte Binia.

      Auch Josi schwamm in stiller Seligkeit. Der Gedanke an den Fluch des Presi verschwand vor der blühenden Wirklichkeit. So schön hatte er sich das Leben nie gedacht. Wie das nur kam, daß er so allein mit Binia durch die lachende Welt wandern durfte? Womit hatte er es nur verdient? Rein wie der milde blaue Herbsthimmel erschien ihm sein Leben, es war ihm, als müßte es nun immer so bleiben und als stände nun die Zeit über ihm und Binia stille.

      Wie lange ist so ein glücklicher Tag!

      Unvermerkt lenkten sie ihre Schritte abwärts, und mit freundlichem Zuruf grüßte Binia das bunte Völklein der Winzer, dieses reichte ihnen dafür Trauben und Pfirsiche über Mauern und Hage und lachte dem wandernden Pärchen zu. Und wenn sie aus den Blicken der Erntenden waren, schob eines dem anderen scherzend die Beeren in den Mund.

      »Ich habe gar nicht gemeint, Josi, daß du so lieb und artig sein könntest,« lachte Binia.

      Als sie zu einer weinumrankten Osteria kamen, wo man die Aussicht auf den Spiegel des Sees frei genießt, setzten sie sich auf eine Bank im Garten. Die Wirtin, eine freundliche alte Frau, fragte, ob sie etwas zu essen und zu trinken wünschen.

      Als aber der Wein und das Essen vor ihnen stand, da nippten sie nur an den Gläsern. Die Wirtin schaute ihnen etwas betrübt zu und versicherte sie, daß die Speisen gut seien. Da langte Binia keck zu und legte ein paar Schnitten des rötlichen Fleisches in den Teller Josis. Sie selber möge nichts. Und sie plauderte mit der Wirtin.

      Josi, der von der Unterhaltung nichts verstand, sah, wie Binia plötzlich erglühte.

      Als die Wirtin gegangen war, fragte er Binia, warum sie so rot geworden sei.

      Sie senkte, aufs neue errötend, das Köpfchen, schlug die Augen auf und lächelte kaum merkbar: »Wenn ich's nur sagen dürfte – sie – hat gefragt – ob wir Brautleute seien.«

      Da übergossen sich auch Josis Wangen mit dunklem Rot und seine Narbe trat deutlich hervor. Zögernd fragte er: »Was hast du ihr geantwortet?«

      »Es hat mich halt so schön angemutet, da habe ich ›Ja‹ gesagt.« Sie flüsterte es mit seiner Stimme, sie lehnte sich zurück, daß er sie nicht sehen konnte, sie schmiegte sich so an ihn, daß ihr weiches Haar, das sich um die Schläfen wand, sein Ohr berührte und umschlang mit ihrem Arm seinen Arm.

      »Hätte ich es nicht thun sollen, Josi?«

      Da suchten sich ihre Hände, und als sie sich gefunden hatten, flüsterte sie: »Jetzt sind wir aber auch wirklich Brautleute.«

      Josis Augen strahlten.

      Da trat die Wirtin wieder zu ihnen. Von einem noch blühenden Stock schnitt sie die Rosen und gab sie Binia mit einem Glückwunsch. Binia steckte die Knospen an die Brust und nun drängte sie zum Fortgehen. Sie wollte mit Josi allein sein.

      Das erste Stück Weges gingen sie schweigend. Da sagte Binia wie im Traum: »Ringe haben wir noch nicht!«

      »Ich habe dir aber ein Andenken, Bineli – einen Tautropfen von der Krone. ›Tautropfen‹ habe ich dich immer genannt, wenn ich an dich dachte, Bineli.«

      »Das ist lieb,« sagte sie leuchtenden Blicks. »Ich möchte gern ein Tautropfen sein, so rein, so frisch, so sonnenvoll, damit ich dir immer gefalle, Josi. Ich habe ein Kettelchen mit einer Kapsel von meiner Mutter selig, darein lege ich den Tropfen. Dann ruht er gewiß an einer treuen Brust. – Ich gebe dir diesen Mädchenreif – er ist zu klein für deinen Finger. – Aber trag ihn auf dir. – Küsse ihn jede Nacht und denke an mich.«

      Sie schmiegte sich zärtlich an ihn, er küßte sie auf die Schläfe.

      Da küßte sie ihn auf den Mund – er sie wieder.

      Auf dem See lag ein weicher Abend und hüllte die Welt in Licht und goldigen Duft. Binia sah in süßer Träumerei vor sich hin. »In drei Jahren kommst du wieder, Josi. Und ich will dir treu warten und dann alle Tage hinaus gegen den Stutz schauen, ob du gegangen kommst.«

      In der Dämmerung erreichten sie die Nähe der Stadt wieder. Binia war still. Die lange Wanderung hatte sie müde gemacht und ihre tolle Entweichung aus dem Kloster lag nun doch schwer auf ihren Gedanken.

      »Was wird man dir anthun, arme Bini?«

      Sie zwang sich zu einem Lächeln: »Auf einem kantigen Scheit werde ich neben der Nonne knieen müssen, welche die Nachtwache hat, und beten.«

      »O, du armes Kind,« erwiderte Josi voll tiefen Mitleides.

      »Nein, ich bin reich, ich denke dann immer an dich und an den langen schönen Tag.«

      Wie mild und innig das von ihren Lippen floß. Josi wußte nicht, sollte er jauchzen vor Glück oder weinen, daß sie seinetwegen in so grausame Strafe kam.

      Am mondbeglänzten See betrachteten sie die kleinen Heiligtümer noch einmal.

      »Jetzt sind wir verlobt,« hauchte Binia, »jetzt bin ich deine Braut.«

      Sie umarmten sich. Binia weinte vor Ergriffenheit, aber sie waren nun in die Nähe des Klosteraufganges gekommen und plötzlich drückte sie Josi heftig die Hand und küßte ihn leidenschaftlich: »Lebewohl, lieber, lieber Josi, wir sehen uns gewiß wieder und es kommt alles gut.«

      Dann riß sie sich los, kam nach ein paar Schritten noch einmal zurück: »Josi!« Ein schmerzlicher Schrei aus blassem Gesicht, und dann verschwand die flüchtige Gestalt im dunklen Laubengang. Josi stand und starrte in die Dunkelheit, dann hörte er den schrillen Anschlag der Klosterglocke. Als Binia nach einiger Zeit nicht wiederkam, da riß auch er sich von der Stelle los.

      Wachte er oder träumte er? Er küßte das Ringlein Binias, er dachte so innig, so heiß an sie, die jetzt um ihn litt. Aber auch der Fluch des Presi peinigte ihn wieder.

      Als er am anderen Tag den Kopf ins Zimmer George Lemmys steckte, rief dieser lustig: »Boy, der Fuß ist schon fast besser – Felix Indergand ist da – morgen reisen wir!«

      Da trat Indergand, der starke, kräftige Mann mit dem offenen Gesicht, unter die Thüre: »Blatter, eben ist der Kreuzwirt von Hospel mit seiner Nichte aus der Stadt gefahren.«

      Mit nassen Augen ging Josi in einen Winkel und faltete die Hände: »An die Weißen Bretter für Binia!« dachte er. »Was man im Namen der heiigen Wasser thut, das muß unabwendbar geschehen. Ich will's glauben wie die zu St. Peter und dem Himmel mit einer That für den schönen Tag danken.«

      Kapitel Zwölf

      Im Bären ist es, seit die Fremden fort sind, sonntäglich still. Der Presi sitzt in der großen Stube am Tisch unter dem Meerweibchen, raucht seine Zigarre und erwartet den Garden.

      Draußen